Herstellungskosten sinken, Liefergenauigkeit nimmt zu Top-PC-Hersteller bevorzugen die Build-to-Order-Produktion

27.04.1995

FRAMINGHAM (IDG) - Die wichtigsten PC-Hersteller sind dabei, ihre traditionellen Fertigungsverfahren auf die sogenannte Build-to- Order-Produktion umzustellen. Von dieser Methode - am besten mit "auftragsabhaengige Fertigung" uebersetzt - versprechen sie sich geringere Kosten und die Beseitigung der immer wieder auftauchenden Lieferengpaesse. Der Anwender soll durch besser auf seine Beduerfnisse abgestimmte und preiswertere Desktop-Produkte profitieren.

Die immer wiederkehrenden Alptraeume falscher Bedarfsplanung und der sich mit zunehmender Geschwindigkeit in Richtung auf Gebrauchsgueter veraendernde Markt haben grosse PC-Hersteller wie Compaq, IBM und Hewlett-Packard zu der Entscheidung veranlasst, ihre Produkte erst komplett zu fertigen, wenn feste Auftraege vorliegen.

Fuer Big Blue zahle sich diese Strategie bereits aus, berichtet Joseph Formichelli, Vice-President Manufacturing der PC-Division. So habe der Lagerbestand an Fertigprodukten und Teilen in den vergangenen Monaten um 65 Prozent abgenommen. HP hat eigenen Angaben zufolge bereits Kosten eingespart. Die mit der auftragsabhaengigen Produktion erreichte Flexibilitaet "hat es uns bei akzeptablen Ertraegen ermoeglicht, die Preise unter die von IBM oder Compaq zu senken", erklaert Boris Elisman, HP-Manager fuer Desktop-PCs.

Diese Produktionsmethode erlaubt es den Herstellern laut Bill Helming, Director des Beratungshauses Pittiglio Rabin Todd & McGrath in Weston, Massachusetts, viele verschiedene Konfigurationsvarianten zu liefern, ohne dass die Produktions- und Lagerkosten ins Astronomische steigen. Zur Zeit haetten die meisten Lieferanten ihre Fertigung auf bestimmte Modelle der PC-Companies abgestimmt, durch die hoehere Flexibilitaet des Build-to-Order- Verfahrens koennten die Produkte in Zukunft jedoch besser den Kundenbeduerfnisse angepasst werden.

Gesamte Versorgungskette soll modifiziert werden

Zur Zeit unternehmen die Hersteller verschiedene Schritte, um die bisherige Produktionsmethode abzuschaffen:

- Die IBM ist dabei, ihre Strategie so zu veraendern, dass 95 Pro- zent ihrer Desktops erst nach Auftragseingang gefertigt werden.

- HP hat ein Verfahren in Kraft gesetzt, das es unter dem Titel "verschobene Fertigung" erlaubt, 50 Prozent der PCs erst dann zusammenzubauen, wenn eine konkrete Kundenorder vorliegt. Ab Sommer 1995 sollen alle Desktops so gefertigt werden.

- PC-Marktfuehrer Compaq bewegt sich ebenfalls weg von einer Plan- zu einer auftragsabaengigen Fertigung, die in sogenannten Produktionszellen ablaeuft.

Der Trend zum Build-to-Order ziehe Veraenderungen in der Produktentwicklung, Bedarfsvorhersage, Beschaffung und im Fertigungsprozess nach sich, erklaert Compaq-Direktorin Brij Kathuria: "Die gesamte Versorgungskette muss ueberholt und neu aufgebaut werden. Build-to-Order betrifft nicht nur die Fertigung - es reicht vom Design bis zum fertigen Produkt."

Durch weniger Einzelteile in ihren PCs, standardisierte Komponenten, die in verschiedenen Systemen eingesetzt werden, und engere Beziehungen zu Schluessellieferanten seien die Hersteller heute in der Lage, Material- und Bauskosten erheblich zu senken, erklaert Berater Helming. Diese Massnahmen vereinfachten ausserdem das Lager- und Beschaffungswesen.

Einer kuerzlich von Pittiglio Rabin durchgefuehrten Studie zufolge steigerte das beschriebene Verfahren die Termintreue der Top-PC- Companies. Lieferten sie 1993 nur zu 70 Prozent rechtzeitig, hielten sie 1994 das vereinbarte Datum zu ueber 92 Prozent ein.