Comdisco-Geschäftsführer: Technologische Diversifizierung ist angesagt

Herstellerunabhängiges Leasing strebt weg vom Mainframe-only

03.05.1991

MÜNCHEN (sec) - Ohne ein umfassendes Angebot an Beratungs- und technischen Dienstleistungen, sowie eine Diversifizierung ihres Produktangebotes - weg vom Mainframe-only-Busineß - werden herstellerunabhängige Leasinganbieter auf lange Sicht im Wettbewerb nicht bestehen können. Diese Ansicht vertritt Thomas Flohr, Geschäftsführer der Comdisco Deutschland GmbH und Vice-Präsident Europa des Unabhängigen-Marktführers.

"Asset Management", also die Planung und möglichst risikoarme Finanzierung von DV-Installationen in den Kundenunternehmen, so Flohr in einem Gespräch mit der COMPUTERWOCHE, sei das Gebot der Stunde; die Anwender erwarteten es in zunehmendem Mäße. Das Leasinggeschäft selbst, obwohl es rund 70 Prozent des Umsatzes von Comdisco ausmacht, will der Manager im Unterschied zu früheren Zeiten nur mehr als Vehikel für umfassende DV-Dienstleistungen werten.

Finanzierung wird nur noch Absatzvehikel sein

Auf die Groß-DV bezogen, muß sich Asset Management jedoch gegenwärtig noch sehr weitgehend mit Installationen aus der IBM-Welt befassen, wie auch aus Flohrs Worten hervorgeht.

Das Begehren der Kunden sei es heute gleichwohl nicht mehr, schlichtweg Equipment - CPU und/oder Peripherie - zu leasen, sondern mit einer Technologie in einen Leasingvertrag einzusteigen, die ihnen kalkulierbare Pfade zur späteren Aufrüstung oder zum Umstieg auf neue Produkte eröffne.

"Wir versuchen dann, entsprechend der technologischen Nachfrage, den Aufrüstungspfad herauszuarbeiten mit Optionen (zum Wechsel oder Ausstieg, Red.) im Vertrag", beschreibt Thomas Flohr die Vorgehensweise.

Darin liege auch ein wesentlicher Unterschied zwischen einem kapitalintensiven, weltweit operierenden Unternehmen wie Comdisco und einer "typisch deutschen, kapitalrestriktiven Leasinggesellschaft". Diese nämlich könne in der Regel einen Dreijahres-Leasingvertrag mit zwei Optionen gar nicht an ihre Bank verkaufen, hätte also unter den beschriebenen Voraussetzungen kaum Möglichkeiten der Refinanzierung. Der Trend in der Leasingindustrie gehe im Prinzip zurück zum Mietvertrag, und zwar in den nächsten fünf Jahren. Auf diese Weise, davon ist Flohr überzeugt, stünde den Kunden während der Vertragslaufzeit die notwendige Flexibilität zur Verfügung, mit der Technologie mitzuwachsen.

Daß dieses Wachstum sich zunehmend nicht mehr automatisch innerhalb des Mainframe-Bereichs abspielt, ist nach Auffassung des Geschäftsführers ein wesentliches Zeitzeichen für die DV- und die Leasingbranche. Comdisco mache inzwischen nur noch die Hälfte des weltweiten Gesamtumsatzes mit IBM-Mainframes, der Rest entfalle - neben den erwähnten Dienstleistungen - auch auf alternative Technologien wie dezentrale, vernetzte DV-Umgebungen und Übertragungstechnik. In der globalen Perspektive damit womöglich richtungsweisend, liegt Comdisco in Europa allein noch ziemlich nahe am Branchendurchschnitt, was die Verteilung des Umsatzes zwischen IBM- und Non-IBM-Equipment angeht: Das Verhältnis beträgt nach Flohrs Angaben in etwa 70:30, auch hier jedoch mit dem Trend zur Gleichverteilung.

Welches Risiko Unternehmen laufen, die auch in Zukunft den Hauptanteil ihres Umsatzes in direkter Konkurrenz zum Mainframe-herstellereigenen Leasing erwirtschaften wollen, zeigt die Entwicklung der IBM Credit Corp. (ICC). Die zu 100 Prozent im Besitz des Hardwareherstellers befindliche Finanzierungsgesellschaft, erst 1985 am Markt gestartet, zeichnete nach Berechnungen des Marktforschungsunternehmens Gartner Group bereits 1989 für 617, Prozent des Umsatzes mit neuen IBM-Maschinen verantwortlich. Dieser Anteil ebenso wie der im Handel mit gebrauchten Maschinen ist Gartner zufolge seitdem sicherlich noch deutlich gestiegen.

1990 generierte ICC mit etwa 70 000 Leasingkunden Umsatz von 1,4 Milliarden Dollar; hinzu kommt das IBM-Leasinggeschäft auf Bereichsebene in den Ländern - wie Deutschland -, die über keine ICC-Niederlassung verfügen.

Comdisco als nächstgrößeres und wesentlich länger tätiges Unternehmen nennt ein Geschäftsvolumen von 1,9 Milliarden Dollar, wovon jedoch die leasingfremden Umsätze etwa ein Drittel ausmachen.

Im Mainframe-Busineß allein, da sind sich Branchenbeobachter einig, erreicht kein Konkurrent das Leasingvolumen der IBM.