Herstellerinitiative will Druck ausueben Die "Clean-PC-Group" kaempft gegen unsaubere Grafiktests

08.07.1994

MUENCHEN (kk) - Weltpremiere in Muenchen: The Clean-PC-Group (TCPC) stellt sich vor. Hinter dem Namen verbirgt sich ein Gremium aus Herstellern von Grafikkarten und -chips, das fuer mehr Ueberwachung und weniger Unregelmaessigkeiten bei Benchmark-Tests sorgen will.

Der Markt fuer Grafikkarten ist geradezu explodiert, seit alle Welt von Windows und Multimedia spricht. 1993 wurden weltweit rund 37 Millionen PCs und ebenso viele Grafikkarten ausgeliefert. Der Markt fuer VGA-Grafik-Boards wird nach Schaetzung von Jon Peddie, Computergrafik-Consultant und Herausgeber des "JPA PC-Graphics- Report", dieses Jahr ein Volumen von rund 3,8 Milliarden Dollar erreichen.

Es geht also um viel Geld, die Grafikkartenhersteller buhlen um die Kaeufergunst. Der Endverbraucher sieht sich einem unueberschaubaren Angebot gegenueber und sucht nach Kaufhilfen. Die bieten ihm die Fachmagazine, die mit Testberichten die Spreu vom Weizen trennen wollen. Bekannt ist, dass Hersteller auch aus anderen Sektoren des DV-Markts ihre Produkte auf solche Vergleichstests hin optimieren. Doch einige der Grafikkartenhersteller gingen nach Aussagen der TCPC-Gruppe ueber die Schoenung von Ergebnissen hinaus.

Produzenten haetten ihre Produkte manipuliert, um in den gaengigen Benchmark-Tests wie Wintach, Winbench oder Speedy bessere Werte als die Konkurrenz zu erzielen. Die Moeglichkeiten dazu sind vielfaeltig und haben schon die Gerichte beschaeftigt.

Jon Peddie nennt leichtere Faelle der Kundentaeuschung, bei denen vergleichende Messungen von zwei Produkten auf unterschiedlich leistungsstarken Rechnern durchgefuehrt werden. Das eigene Erzeugnis erreicht einen Vorsprung gegenueber der Konkurrenz, der de facto gar nicht existiert. Beliebt, so Peddie, sei auch die Vorfuehrung auf hochgezuechteten Standard-PCs. In einer anderen Variante produziert man spezielle Testmuster mit hoeherer Taktfrequenz, als sie das Normalprodukt aufweist.

Eine schon lang bekannte Manipulationsmoeglichkeit, so der Brancheninsider weiter, bietet der Sourcecode der Treiber. Hier koennen spezielle Befehle eingefuegt werden, die die Testsoftware als solche identifizieren. Dann liefert der Test kein korrektes Ergebnis, da beispielsweise am PC-Timer oder dem internen Zaehler gedreht wird. Eine Testroutine, die 1000mal ausgefuehrt werden soll, wird nur 500mal erledigt.

Unter den Mitgliedern sind schwarze Schafe

Die TCPC, die diese Machenschaften abstellen will, wurde von den Grafikspezialisten Elsa GmbH in Aachen, Miro Computer Products AG in Braunschweig und von Peddie gegruendet. Das Dreigespann legte eine verbindliche Hardwareplattform und marktgaengige Benchmark- Verfahren fuer die Tests fest und vergibt an seine Mitglieder das Pruefsiegel "Clean PC approved". Unabhaengige Testlabors - in Deutschland waere fuer die Gruppe der TUEV ein denkbareren Partner - sollen die Ueberpruefung vornehmen.

Dafuer muessen die Hersteller allerdings tief in die Tasche greifen. Ausser den Mitgliedsgebuehren fuer die TCPC in Hoehe von 15000 Mark fallen nach Schaetzungen der Gruender Testkosten in Hoehe von 1000 Dollar fuer Mitglieder und 1500 Dollar fuer Nichtmitglieder an - pro Produkt wohlgemerkt. Noch nicht einig ist sich die Gruppe, ob der Test von neuen Treiberversionen ebenfalls kostenpflichtig sein soll. Fuer grosse Grafikkartenhersteller kann das TCPC-Logo zum teuren Vergnuegen werden.

Dementsprechend skeptisch aeusserte sich Ulli Seng, Chef der Spea AG: "Das waere fuer uns, mit unseren einigen hundert Kartentypen, nicht bezahlbar." Das Starnberger Unternehmen hat zwar eine Absichtserklaerung zur Mitgliedschaft in der TCPC abgegeben, "weil das praktisch ein Muss ist, wenn es sonst heisst, wir haetten wohl etwas zu verbergen", so der Spea-Chef. Allerdings fragt sich Seng, wieso die Testgebuehr so hoch ist, obwohl auf Standard-Benchmarks zurueckgegriffen werde, die jedermann erhalten kann.

Ein weiteres Problem sehen die Starnberger im Timing, da der Entwicklungszyklus von Grafikkarten heute nur rund sechs bis acht Wochen dauert. In dieser Zeit muss aber schon fuer das neue Produkt geworben werden, die Vorlaufzeit fuer Anzeigen in Monatsmagazinen ist fast ebenso lang. Kein Hersteller kann also das TCPC-Logo in der ersten Anzeige verwenden, da es ja erst nach dem Test vergeben wird. Die beim Beitritt abgegebene Erklaerung, bei den Pruefungen nicht zu manipulieren, muss bis dahin als Werbeaussage ausreichen.

Unklar ist auch, wie die Pruefung fuer Grafikkarten mit besonders ausgetueftelter neuer Technik ausfaellt, die in den Low-level- Benchmarks extrem gut und in den Wits-Tests nur durchschnittlich abschneiden und damit "auffaellig" geworden sind. Die TCPC- Richtlinien sehen vor, dass in diesem Fall unterstellt und in einem Newsletter auch publiziert wird, dass manipuliert wurde.

Die Gruendungsmitglieder sind mit ihrer Initiative, die bei richtiger Umsetzung des Gedankens mehr Sicherheit fuer die Anwender bringen kann, auf positive Resonanz in der Industrie gestossen. Von den Grafikkarten- und Chipherstellern haben sich bislang ATI, Hercules, Matrox, Paradise, OAK Technology, Rasterops, Spea, AT&T, S3, STB, Vidtech und Trident als Mitglieder vormerken lassen. Hinzu kommt, neben einigen Verlagen, Hewlett-Packard als Grossanwender. Einige der Mitglieder waren selbst schwarze Schafe, denen die Konkurrenz Abmahnungen ins Haus schickte, aber darueber spricht man nicht mehr.