Hersteller bestätigt Pläne zur Reorganisation

Hersteller bestätigt Pläne zur Reorganisation Im Monopolprozeß denkt Microsoft schon an die Berufung

19.03.1999
MÜNCHEN (IDG/CW) - Microsoft befürchtet offenbar den Antitrust-Prozeß zu verlieren. In aller Stille haben die Redmonder daher begonnen, ein mögliches Berufungsverfahren vorzubereiten. Darüber hinaus bestätigte der Hersteller Zeitungsberichte über eine bevorstehende interne Restrukturierung.

Mit Richard Urowsky von der New Yorker Anwaltskanzlei Sullivan & Cromwell engagierte der Konzern einen kampferprobten Juristen, der im Falle einer Verurteilung Berufung einlegen soll. Urowsky hatte bereits im Juni 1998 ein Berufungsverfahren für Microsoft gewonnen. Damals ging es um die Integration des "Internet Explorer" in Windows 95 (siehe CW 27/98, Seite 1).

Eine Schlüsselrolle in einem möglichen Berufungsverfahren könnte das US-amerikanische Urheberrecht spielen, erklärte Charles Rule, Rechtsberater von Microsoft, gegenüber dem "Wall Street Journal". Der Softwarekonzern könnte argumentieren, das Gesetz gewähre dem Hersteller das Recht, Distributoren seiner Software davon abzuhalten, diese zu verändern. In diesem Fall hätte das Gericht zu entscheiden, wo das Recht auf geistiges Eigentum ende und bestehende Antitrust-Gesetze zu greifen beginnen.

"Die PC-Hersteller sind letztlich unsere Distributoren, und wir haben das Recht, sie daran zu hindern das Produkt zu beschneiden, bevor es die Kunden erreicht", argumentiert Rule, selbst ein ehemaliger Beamter im US-Justizministerium. Im laufenden Antitrust-Prozeß geht es unter anderem um die Frage, ob PC- Anbieter den Windows-Startbildschirm mit neu ausgelieferten Rechnern verändern dürfen. Microsoft hat dies bislang stets verneint und darauf verwiesen, Programme und dazugehörige Bildschirmsymbole (Icons) wie etwa der Internet Explorer seien integraler Bestandteil des Betriebssystems und dürften demzufolge nicht von Hardwareverkäufern entfernt werden.

Eben dieses Recht haben die Softwerker allerdings kürzlich dem PC- Direktvertreiber Dell eingeräumt. Die Texaner, die als treue Verbündete der Gates-Company gelten, dürfen das Icon des Microsoft-Browsers vom Windows-98-Bildschirm löschen. Die Erlaubnis ist allerdings auf Maschinen beschränkt, die Dell an Firmenkunden liefert. Im Monopolprozeß könnte diese Entscheidung negative Folgen für den Softwarekonzern haben, glauben Beobachter. Die Ankläger hatten in dem Verfahren unter anderem argumentiert, diesbezügliche Restriktionen, die die Gates-Company PC-Herstellern auferlege, verletzten geltendes Wettbewerbsrecht.

Microsoft hat unterdessen Zeitungsberichte bestätigt, denen zufolge der Hersteller eine interne Restrukturierung beabsichtigt. Heidi Rothauser, Sprecherin der von Microsoft beauftragten PR- Agentur Waggener Edstrom, erklärte: "Microsoft plant Anpassungen seiner internen Strukturen, wir reden aber nicht über Termine oder irgendwelche anderen Details." Unter anderem das "Wall Street Journal" hatte berichtet, der Softwaregigant werde seine Organisationsstrukturen künftig stärker an Kundengruppen statt an Produkten und Technologien ausrichten. Geplant sei eine Aufteilung in vier große Bereiche. Neu sind solche Überlegungen freilich nicht. Die US-Zeitung "Seattle Times" hatte bereits Anfang Februar über angebliche Pläne für "die umfassendste Umstrukturierung in der Firmengeschichte" Microsofts berichtet (siehe CW 6/98, Seite 12).

Keine Baby-Bills

Die naheliegende Idee einer Aufteilung von Microsoft verliert immer mehr Anhänger. Einige Wettbewerbshüter befürchten eine Wiederholung der Geschichte der Konzernzerschlagung von AT&T zu den sogenannten Baby-Bells, die inzwischen höchst erfolgreich den US-Markt unter sich aufgeteilt haben. Open-Source-Guru Richard Stallman machte kürzlich einen Vorschlag, wie man die Monopolbestrebungen Microsofts in den Griff bekommt, ohne die Entstehung von gut kooperierenden Baby-Bills zu riskieren:

- Microsoft soll künftig alle Dateiformate sowie Software- und Kommunikations-Schnittstellen vollständig offenlegen. Dabei soll die Regel gelten, daß der Konzern nur Produkte ausliefern darf, deren Schnittstellen vorher veröffentlicht wurden.

- Aufgrund der großen gesellschaftlichen Bedeutung der Microsoft- Software soll dem Unternehmen das Recht entzogen werden, selbst zu bestimmen, wer eine Lizenz bekommt und wer nicht.

- Microsoft soll Hardware erst dann als für die eigene Software geeignet zertifizieren dürfen, wenn die entsprechenden Hardwarespezifikationen vollständig offengelegt worden sind. Dadurch wird jedem Programmierer die Möglichkeit gegeben, ebenfalls Produkte für derartige Komponenten zu schreiben.