Neue Bundeswehr IT lässt weiter auf sich warten

Herkules muss abspecken

28.09.2009
Die größte europäische Public Private Partnership im IT-Sektor bereitet bisher weder den Betreibern noch dem Anwender Freude. Es müsste drastisch abspecken, um noch einigermaßen in Budget und in Time abgeschlossen werden zu können.

Der antike Held Herkules war zu beneiden. Ohne Bürokratie, ohne Konsortialmitglieder und ohne den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages beachten zu müssen, erschlug er die neunköpfige Hydra, mistete den Rinderstall des Augias aus und erledigte noch einiges andere . Nicht einfach, aber da ihm niemand reinquatschte und er auch über kein vorab festgelegtes Budget verfügte, meisterte er die extrem schwierigen Herausforderungen.

Sternbild Herkules (Foto: Makelessnoise )
Sternbild Herkules (Foto: Makelessnoise )
Foto: http://www.flickr.com/photos/makelessnoise/)

Die größte europäische Public Private Partnership (PPP) gleichen Namens hat es da ungleich schwerer. 1999 wurde Herkules mit dem Auftrag ins Leben gerufen, die gesamte nichtmilitärische IT- und Kommunikationsinfrastruktur der Bundeswehr für ein Budget von zuletzt 7,1 Milliarden Euro zu modernisieren. Die Aufgabe wurde einem Konsortium übergeben, dem die heutige Siemens Information Services (SIS) die IBM und der Bund angehörten. Mit der BWI IT wurde eine gemeinsame Gesellschaft gegründet, an der die Konsortialpartner mit 50,05 Prozent 0,05 und 49,00 Prozent beteiligt sind. Um die Lage weiter zu verkomplizieren rief man mit SASPF ein weiteres Projekt ins Leben, um die zentralen nicht militärischen Applikationen der Bundeswehr auf Basis von SAP-Produkten zu modernisieren. Auch hier sind neben der SAP verschiedene Partner beteiligt.

Von Anfang an geriet Herkules in Schwierigkeiten, die vom Wechsel der ursprünglichen Konsortialteilnehmer bis hin zu Zeit- und Budgetüberschreitungen reichten. Positive Schlagzeilen machte das Projekt bisher praktisch nie. Auch jetzt, im zehnten Jahr seines Bestehens, ist es durch einen vertraulichen Bericht des Verteidigungsministeriums,in dem ihm eine "kritische Phase" attestiert wird, negativ aufgefallen. Wieder werden Zeitüberschreitungen kritisiert und erhebliche Mehraufwände befürchtet.

Sicher existieren gute Gründe für die Probleme. So sind die zu klärenden Sachfragen schwierig, die Denkweisen von Kunde (Bundeswehr) und Dienstleister dürften sehr unterschiedlich sein, und die Beobachtung durch Politik und Öffentlichkeit sorgt für erheblichen Druck, unter dem schnell Fehler gemacht werden. Doch diese Schwierigkeiten ließen sich überwinden, wenn das Projekt nicht überambitioniert wäre. Die Vereinheitlichung der gesamten IT- und Kommunikationsinfrastruktur und parallel dazu noch die Vereinheitlichung sämtlicher zentraler nichtmilitärischer Applikationen ist als Projekt unbeherrschbar. Darauf deutet schon das komplizierte, 17 000 Seiten umfassende Vertragswerk hin. Offenbar begannen die Schwierigkeiten des Projekts schon damit, dass die Konsortialpartner es kaum in Worte fassen konnten. Das antike Vorbild war so schlau, seine zwölf herkulischen Aufgaben nacheinander anzugehen. Das ist dem PPP gleichen Namens ebenfalls dringend zu empfehlen, sonst wird das einzig grandiose an ihm das Scheitern sein.

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Foto: Makelessnoise