Herausforderung Lizenz-Management

02.06.2008
Von 
Axel Oppermann beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Social Enterprise, Cloud Computing und Microsoft hineinfällt. Axel schreibt auf Computerwoche als Experte zu den Themen Enterprise Cloud, Digital Enterprise und dem IT-Lieferanten Microsoft. Als IT-Analyst berät er Anwender bei der Planung und Umsetzung ihrer IT-Strategien. Axel ist Geschäftsführer des Beratungs- und Analystenhaus Avispador aus Kassel. Normal 0 21 false false false DE X-NONE X-NONE
Nur wer seine Softwarelizenzen in Ordnung hält, kann Kosten sparen und seine Nerven schonen, wenn ein Audit durch den Hersteller ansteht.
In Sachen Vertrags-Management haben viele Firmen Nachholbedarf. Um den Softwarebestand zu optimieren, darf man jedoch die kaufmännische Seite nicht außer Acht lassen.
In Sachen Vertrags-Management haben viele Firmen Nachholbedarf. Um den Softwarebestand zu optimieren, darf man jedoch die kaufmännische Seite nicht außer Acht lassen.

Bis zu 42 Prozent des IT-Budgets investieren Unternehmen durchschnittlich in den Kauf von Software. Hinzu kommen noch Aufwendungen für Wartung, Service, Deployment und interne Personalkosten. Doch kaum ein Unternehmen kann auf Anhieb sagen, wie viel Software es im Einsatz hat.

Was muss ein Lizenz-Manager können?

Ein organisiertes und strukturiertes Lizenz-Management senkt bereits nach kurzer Zeit die Kosten. Dazu werden allerdings Mitarbeiter benötigt, die neben einem breiten Software-Know-how über fundierte Kenntnisse der betrieblichen Organisation verfügen. Ferner sollten diese Mitarbeiter gut kommunizieren und integrieren können. Lizenz-Manager müssen den Spagat zwischen der unternehmensweiten Strategie und dem Schachteldenken einzelner Fachabteilungen genauso bewältigen wie zwischen den wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekten des Lizenz-Managements. Ihre wirtschaftliche Ausrichtung liegt darin, mit Hilfe von wissensbasierten Systemen und Übersichten den Einsatz und die Nutzungsrechte der Software zu optimieren. Die rechtliche Ausrichtung besteht in einem konsistenten Vertrags-Management mit dem Ziel, rechtliche Risiken zu verringern.

Zur täglichen Routine des Lizenz-Managers gehören das Führen, Prüfen und Optimieren des internen Lizenzbestands, die Abstimmung und Beratung mit Mitarbeitern aus den strategischen und produktiven Fachabteilungen sowie Preis- und Vertragsverhandlungen mit Lieferanten in enger Kooperation mit dem Einkauf.

Hier lesen Sie ...

welche Chancen und Risiken professionelles Lizenz-Management bietet;

wie aufgeschlossen Unternehmen in Deutschland dem Thema gegenüberstehen;

welche Angebote für eine effiziente Softwareverwaltung am Markt verfügbar sind;

welche Trends sich im Lizenz-Management abzeichnen.

Das Bereitstellen von IT-Kapazitäten - hierzu zählt auch die Software - gehört zu den erfolgskritischen Faktoren eines Unternehmens. Störungen beeinträchtigen auch die Beziehungen zu Kunden und Geschäftspartnern. Fällt die IT aus, kommt es nicht selten zu rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen. Kurz gesagt: Ohne Software funktioniert im Unternehmen und im gesamten Wirtschaftssystem nichts mehr. Deshalb treiben Unternehmen einen enormen Aufwand, um ihre Softwaresysteme stabil und funktionstüchtig zu halten.

Misswirtschaft beim Lizenz-Management

Ganz anders sieht es jedoch mit dem Management der einzelnen Softwareprodukte und der Lizenzen aus. Hier herrscht häufig Misswirtschaft. Ein schwerwiegender strategischer Fehler, denn wer die Lizenzthematik falsch einschätzt, muss finanzielle Einbußen befürchten.

Ein Grund für die nachrangige Priorität des Themas liegt darin, dass viele Verantwortliche nicht wissen, wie viele Softwarelizenzen ihr Unternehmen momentan und künftig braucht. Andere verzichten auf Lizenz-Management, da sie insgeheim von einer Unterlizenzierung ausgehen. Doch häufig ist das Gegenteil der Fall: In 25 bis 35 Prozent der Firmen liegt eine Überlizenzierung vor. Die damit verbundenen unnötigen Mehrkosten ließen sich durch ein strategisches Lizenz-Management vermeiden. Dies umfasst alle Aktivitäten, um den Softwarebestand eines Unternehmens über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg zu verwalten, zu kontrollieren und zu schützen.

Peinliches Schweigen über die Softwareprodukte

Wird ein Controller gefragt, über wie viele Schreibtische sein Unternehmen verfügt, so kann er in der Regel relativ schnell antworten. Mobiliar und sonstige Hardware werden häufig genauestens inventarisiert. Fragt man jedoch, welche Softwareprodukte in welchem Umfang genutzt werden, so herrscht oft peinliches Schweigen. Nachweise über den Verbleib lizenzierter Software, die auch für Einkaufsrabatte benötigt werden, können oft nicht erbracht werden. Dies kann darüber hinaus zu Nachzahlungen oder Strafen führen.

Laut einer aktuellen Analyse der Experton Group beschäftigen sich von den untersuchten Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern lediglich 41 Prozent mit dem Thema Softwarevertrags-Management. Etwas bessere Werte erzielen die Bereiche Software-Asset-Management (44 Prozent) und Softwarelizenz-Management (67 Prozent). Häufig sind weder die Vorteile von Lizenz-Management-Lösungen noch die unterschiedlichen Bedarfe innerhalb des Lebenszyklus einer Software im Unternehmen bekannt.

Dabei kann strategisches Lizenz-Management die Kosten senken. Erreichen lässt sich dies in der Regel mit einem Stufenmodell. Neben dem Erfassen von installierter Software und vorhandenen Lizenzen bildet die Compliance-Prüfung ein wichtiges Element in diesem Modell. Dabei wird überprüft, ob der technische mit dem kaufmännischen Bestand identisch ist. Ergänzt wird dies durch Bedarfsplanung und Beschaffungskonzepte. Ein Vertrags-Management, in dem die Besitzverhältnisse beziehungsweise vertragsrechtliche Determinanten erfasst werden, vervollständigt das Organisationsinstrument.

Doch bevor verborgene Reserven freigesetzt werden können, ist ein Softwarelizenzierungskonzept mit festen Prozessen erforderlich. Dafür müssen die Verantwortungsträger aus der IT- sowie den technischen Bereichen mit den kaufmännischen Verantwortlichen sowie der Geschäftsleitung zusammenarbeiten. Nur so lassen sich die tatsächlichen Bedarfe erkennen. Bei diesen integrativen Prozessen können sich die Anwenderunternehmen von Dienstleistern unterstützen lassen, was bei der Vielzahl der Software- und Lizenzvarianten auch nötig ist.

Dass der Kunde König ist, scheint bei den Softwareherstellern keine leere Phrase mehr zu sein. Mittlerweile existiert für jedes nur denkbare Bedürfnis das entsprechende Lizenzmodell. Die Anbieter wollen ihren Kunden damit eine kostenoptimale beziehungsweise bedarfsgerechte Nutzung von Software ermöglichen. So gibt es neben Systembuilder-Lizenzen (SB-Lizenzen) durch Hardwarehersteller vorinstallierte OEM-Lizenzen, Lizenzen zum Mieten, zum Kaufen oder auf Raten. Diese Modelle können zudem an das Lizenzvolumen der Anwenderunternehmen angepasst werden - seien es Großunternehmen, Mittelständler oder Firmen mit nur fünf oder zehn PC-Arbeitsplätzen.

Die Vielfalt der Modelle erschwert aber den Anwendern eine effiziente Planung beziehungsweise optimale Beschaffung von Lizenzen. Außerdem werden zusätzlich zu den Lizenzen häufig noch Verträge für Wartung oder Services abgeschlossen. Das verkompliziert die Verwaltung. Zudem binden solche Verträge mehr Ressourcen in den Unternehmen: Beispielsweise müssen die Vereinbarungen mit den diversen Softwareherstellern gesammelt, organisiert und verwaltet werden. Laufzeiten und Kündigungsfristen sind hierbei genauso zu berücksichtigen wie Serviceinhalte und Service- Level-Agreements (SLAs).

Anwender verlieren Durchblick im Lizenzdschungel

Durch all das wird der Lizenzdschungel immer dichter und undurchschaubarer. Denn Anwenderunternehmen haben nicht nur die vielfältigen Lizenz- und Wartungsmodelle zu berücksichtigen. Sie müssen vielmehr auch die zahlreichen Versionen einzelner Softwareprodukte vergleichen. Es ist keine Seltenheit, dass für ein Basisprodukt - etwa eine Office-Lösung - fünf bis sieben verschiedene Varianten angeboten werden. Die Strategie der Hersteller hinter solchen Modellen beruht auf zwei wesentlichen Elementen: Durch Bundling-Ansätze wird ein objektiver Preisvergleich erschwert, und mit den zusätzlichen Preisausgestaltungen lassen sich zusätzliche Renditen erzielen. Das zweite Element beruht darauf, neue Komponenten und Module in den Markt zu tragen.

Beschaffungswege sorgfältig auswählen

Anwenderunternehmen setzen häufig viele Softwareprodukte unterschiedlicher Hersteller ein. Im gehobenen Mittelstand lässt sich oft eine dreistellige Zahl an Programmen beobachten. Damit wachsen Komplexität und Fehlerquellen, zum Beispiel droht eine ungenügende Versorgung mit rechtlich einwandfreien Lizenzen. Die meisten Fehler lassen sich auf fehlendes Lizenzwissen zurückführen.

Anwenderunternehmen können durch ein optimiertes Lizenz-Management die Kosten reduzieren. Dabei ist die Art der Softwarebeschaffung, das heißt die nutzungsrechtlichen Grundlagen, von entscheidender Bedeutung und eröffnet ein großes Sparpotenzial.

Weit verbreitet und von den meisten Anwendern bevorzugt ist gegenwärtig die klassische On-Premise-Kauflizenz. Es ist aber zu beobachten, dass der Bedarf an neuen und innovativen Lizenzmodellen und Beschaffungswegen stetig steigt. Stimuliert werden diese latenten Bedürfnisse zusätzlich durch neue Angebote und Lösungen der Hersteller, beispielsweise SAP mit dem Mietprodukt "Business ByDesign" und Microsoft mit den "Software + Service"-Modellen und "SPLA"-Konzepten (Service Provider Licence Agreement).

Softwareleasing und -miete werden interessanter

Während sich die Beschaffung beziehungsweise die Finanzierung von Hardware über Leasing- und Mietmodelle in den vergangenen Jahren etabliert hat, blieb Software dabei meist außen vor. Dies liegt an der Bewertung von Software als immateriellem Wirtschaftsgut sowie der fehlenden Einstufung als Asset. Dabei bietet Softwareleasing durchaus Vorteile gegenüber anderen Beschaffungsformen, insbesondere gegenüber dem Investitionskredit. Ein Grund dafür ist, dass Leasing und sonstige Mietgeschäfte nicht direkt den Richtlinien und Vorschriften von Basel II unterliegen. Leasing sorgt nicht nur für Bilanzneutralität, sondern Geldabflüsse (Leasingraten) erfolgen erst mit der Nutzung der Software ("Pay as you earn").

Vor allem Unternehmen mit 500 bis 999 Mitarbeitern interessieren sich für Leasing und Miete. So beschäftigen sich bereits über 30 Prozent der von der Experton Group befragten Unternehmen mit diesen Modellen. Bedingt wird dieser Trend durch eine restriktive Finanzierungspolitik der Banken, verbunden mit einer niedrigen Eigenkapitalquote mittelständischer Unternehmen.

Weil der Bedarf der Unternehmen und die Möglichkeiten der Softwarebeschaffung sich ändern, wird das Lizenz-Management für Unternehmen zukünftig noch komplizierter. Anwender dürften sich verstärkt einer Kombination zwischen den unterschiedlichen Modellen bedienen. Dabei werden "Box"-Produkte mit "Cloud"-Angeboten (gehostete Angebote) genauso selbstverständlich kombiniert wie transaktionsbasierte Bezahlmodelle mit Miet- oder Leasingvarianten.

Die Verantwortlichen in den Unternehmen müssen sich der Bedeutung des Softwarelizenz-Managements bewusst werden. Neben rechtlichen Restriktionen gilt es, wirtschaftlichen Schaden vom Unternehmen abzuwenden. Hierzu muss Prozess- und Lizenz-Know-how aufgebaut werden. Die Firmen benötigen dafür ein unternehmensspezifisches und leistungsfähiges Software-Informationssystem. Neben einem Überblick über den aktuellen Softwaremarkt ist die Kenntnis der Verteilung und Nutzung von Software essenziell. (ba)