Standgestalter orientieren sich am Geist der Zeit:

Helle Farben machen DV transparenter

01.11.1985

Ein Rundgang auf der "Systems" bestätigte, was sich schon seit geraumer Zeit auf Computermessen abzeichnet: Die Messestände werden zunehmend heller und freundlicher. Dunkle Töne, wie Dunkelblau oder vor allem Dunkelbraun, schelnen out: Immer häufiger präsentieren sich dle Unternehmen in Weiß.

15 Jahre zeigte sich Hewlett-Pakkard im gleichen Gewand: brauner Teppich, braune Wände, braune Decken. Abwechslung brachten lediglich ein paar gelbe Farbtupfer. "Wir konnten es nicht mehr sehen", seufzt Marlies Tietzel, Leiterin der Messeabteilung bei HP. Der Sinneswandel der Böblinger ist in diesem Jahr auf der "Systems" zu bewundern. Die HP-Mannschaft stellt sich erstmals mit einem weißen Messestand vor.

Mikroboom katapultiert helle Töne nach vorn

Der Trend zu helleren und vor allem weißen Messeständen begann vor zwei bis drei Jahren. Vorher dominierten in erster Linie dunkle Farben in allen Variationen. Harmonisch, ruhig und gediegen sollte die Umgebung der Exponate sein in einer Zeit, in der für viele Messebesucher der Computer noch nicht "begreifbar" war. Aus diesem Grund rangierten Brauntöne damals an erster Stelle. Sie sollten die wohlbekannte Bürolandschaft kopieren und dem unbedarften Besucher solnit die Angst vor der Black box nehmen.

Doch spätestens nach Einsetzen des Mikrobooms begannen die Aussteller, ihre Stände in helleren und freundlicheren Farben zu gestalten. Weiß war auf einmal "in", was Werner Feldkirchner von Digital Equipment unter anderem auch auf den farblichen Wandel in den Büros zurückführt. Vor zwei bis drei Jahren kam dieses Perlweiß auf, und seitdem dominieren in den Architektur-Zeitungen alle Nuancen von Weißtönen." DEC wechselte vor drei Jahren von den Standfarben Blau und Grün zu Weiß.

Weiß ist emotional unbelastet

Die "Newcomer"-Farbe ist jedoch mehr als nur eine Modeerscheinung. Einhellige Meinung der Aussteller: "Weißtöne machen den Stand größer, fördern die Übersichtlichkeit, wirken neutral und verringern somit die Schwellenangst des Besuchers. Überdies rückten die Produkte verstärkt in den Vordergrund". Diese Ansicht teilt auch der Münchner Corporate- und Produkt-Designer Willi Friedrich: "Weiß ist emotional unbelastet, so daß sich der Standbesucher wesentlich besser auf die ausgestellten Geräte konzentrieren kann. Dagegen setzen zum Beispiel sämtliche Vollfarben im Unterbewußtsein bestimmte Mechanismen in Gang." So löse Rot beispielsweise Aggressionen aus.

Daß es jedoch auch (fast) ohne Weiß geht, beweist der Stand von Honeywell Bull. Vor einigen Jahren wurde das braune Firmenlogo in Blau-Grün abgeändert. Nicht zulekt deshalb, weil zum verwendeten Baumsymbol ein helles Grün am besten paßt. Entsprechend gestaltete man auch die Messestände um. Die Brauntöne verschwanden, und Einzug hielten ein hellgrüner Teppichboden und schwarze Wände. "Wir orientieren uns", so Pressesprecher Heinzgünther Klaus, win unserer farblichen Standgestaltung nach Möglichkeit an unserem Logo. Das erhöht auch den Wiedererkennungswert." Allerdings scheint der Bull-Gruppe die auf bundesdeutschen Messen demonstrierte "blauägig grüne Hoffnung" (O-Ton Klaus) in der Heimat abzugehen. Auf der diesjährigen "Sicob" in Paris präsentierte sie sich ganz in Weiß.

Für den Nixdorfer Messeprofi ist Weiß ein reiner Modetrend, dem oft der Makel der der Kurzlebigkeit anhafte. Kuchenbuch "Wir jedoch wollen mit unserer Stand- und auch Produktfarbe Langlebigkeit, Konstanz sowie eine gewisse Seriosität ausstrahlen."