Hardware Roundup

23.11.1984

Gefahr droht den Superminis von allen Seiten: Bei den kleineren Systemen machen ihnen die leistungsfähigen 32-Bit-Mikrocomputer heftige Konkurrenz, am oberen Ende begrenzen die Mainframe-Familien den Expansionsdrang der Minis. Nachdem der Vorstoß in kommerzielle Anwendungen an mangelnder Softwareausstattung scheiterte, haben sich die Anbieter jetzt wieder auf alte Tugenden besonnen. Von jeher sind ihre Maschinen in Hard- und Software transaktionsorientiert ausgelegt und eignen sich demzufolge besser für technisch-wissenschaftliche Anwendungen sowie Kommunikationsaufgaben als für kommerzielle Probleme á la Menge mal Preis plus Mehrwertsteuer. In derartigen Bereichen sind sowohl die klassischen MDT-Anbieter wie Kienzle, Nixdorf, Olivetti oder Philips als auch Gesamtmarktführer IBM einfach besser.

Insbesondere Big Blue jedoch sieht die relativ erfolgreiche Nischenpolitik der Supermini-Anbieter mit Unwillen und versucht seit etwa einem Jahr verstärkt, in die Mini-Domäne einzubrechen. Die 4361- und 4381-Ankündigungen vom September ´83 konnten nicht anders interpretiert werden, das 4381-3- Announcement, noch keine vier Wochen alt, bestätigt nur diese Absicht. Doch hier hat die IBM ihre Hausaufgaben noch zu machen, noch steckt in den Supermini-Firmen das Know-how. Aber sie müssen Augen und Ohren offen halten: Die Blauen schlafen nicht.

Digital Equipment, Nummer Eins im Mini-Sektor und Vize im Gesamtmarkt, hat die Gefahr erkannt. Das Unternehmen kündigte seine "Super"-VAX just in der Woche an, als auch die IBM mit ihrem neuen 4381-Modell an die Öffentlichkeit trat. Zufall oder nicht, DEC konnte damit seiner Kundenbasis zeigen, daß die VAX-Familie die DEC-Hauptproduktlinie der nächsten Jahre bleiben wird, was ein neues Release des Betriebssystems VMS zusätzlich deutlich machte. Mit dem Cluster-Konzept will das Unternehmen seinen Anwendern die Möglichkeit geben Rechenleistung gezielt erhöhen zu können, ohne mit einem größeren Hobel eine Zeitlang ungenutzte Kapazität brach liegen lassen zu müssen - ein Konzept, wie es beispielsweise Tandem mit seinen ausfallsicheren Systemen von Anfang an verfolgte.

Die Gefahr, die den Mini-Anbietern droht, wird auch durch eine "finanzpolitische" Überlegung verdeutlicht, die die International Data Corporation (IDC) anstellte. Die Marktforscher berechneten den "Aufwand-für-Forschung-und-Entwicklung-bezogen-auf-den-Gewinn"-Faktor für die Hersteller von Superminicomputern und erhielten als Resultat, daß im Jahr 1978 im Durchschnitt 95 Prozent der Unternehmensgewinne in die Entwicklung gesteckt wurden. 1983 lag dieser Prozentsatz bereits bei 135. Am dramatischsten sieht diese Entwicklung bei Data General aus: 1978 investierte das Unternehmen die besagten 95 Prozent, 1983 bereits 365 Prozent vom Gewinn in Forschung und Entwicklung. Zum Vergleich: Big Blue kommt seit Jahren mit knapp 50 Prozent aus. Für die Minimacher bedeutet dies, überdurchschnittliche Gewinne realisieren zu müssen - eine gefährliche Langfristperspektive.

In diesem dritten Teil des alljährlichen Hardware-Roundup sind genau 60 in der Bundesrepublik erhältliche Systeme von 14 Anbietern aufgelistet. Die Leistung beginnt dabei ganz bescheiden bei 0, 2 Millionen Instruktionen pro Sekunde (Mips) und erreicht am oberen Ende ohne Mühe Großrechnerdimensionen.