Harald Lemke nimmt Stellung

22.10.2004

CW: Warum hat Inpol-neu letztlich doch funktioniert, Fiscus aber nicht?

Lemke: Bei Inpol gab es die Möglichkeit, an zentraler Stelle, nämlich im Bundeskriminalamt, eine Datendrehscheibe für die föderalen Systeme zu entwickeln.

CW: Das hätte das Bundesfinanzministerium doch auch tun können.

Lemke: Nein, an dieser Stelle hat es keine operative Zuständigkeit. Zu glauben, dass sich 16 Länder allein auf einheitliche Standards einigen würden, ist - gelinde gesagt - sehr optimistisch.

CW: Die von Ihnen gefundene Lösung geht sicher zu Lasten der Performance ...

Lemke: Sicher. Doch was wäre die Alternative? Ich kann mir vieles wünschen, muss aber die politischen Gegebenheiten hinnehmen. Schließlich kann ich die IT nicht zur Grundlage eines Zentralstaatmodells machen, sondern sie muss die Geschäftsstrategie, also in unserem Fall das föderale Prinzip, unterstützten.

CW: Aktuell werden Sie von der politischen Opposition kritisiert, weil Ihr größtes Projekt, die R/3-Einführung, sechsmal soviel koste wie veranschlagt.

Lemke: Hier werden Zahlen verglichen, die sich nicht vergleichen lassen. Einmal geht es um "die nächsten Jahre" und einmal konkret um einen Zeitraum von acht Jahren. Und dann das entscheidende Problem: Versuchen Sie mal, in einer kameralen Welt zu definieren, was überhaupt Kosten sind!

CW: Grundlage der Kritik ist auch ein Bericht des hessischen Rechnungshofs. Er hat unter anderem festgestellt, dass Sie einem Serviceanbieter rund 170000 Euro zu viel gezahlt haben. Wie kann denn das passieren?

Lemke: Ganz einfach: Bei der Qualitätskontrolle des Projekts stellten wir fest, dass ein Teil der Leistung nicht vertragsgemäß erbracht worden war. Deshalb haben wir Nachforderungen erhoben. Das kommt bei einem Projekt dieser Größenordnung vor.

CW: In der öffentlichen Meinung ist das Projekt als ein Fass ohne Boden bezeichnet worden.

Lemke: Das ist Unsinn. Zum einen habe ich den finanziellen Rahmen bis 2008 mit 298 Millionen Euro fest umrissen; und bislang haben wir alle Termine gehalten. Zum anderen wird der Betrieb des Systems jährlich rund 58 Millionen Euro kosten - mit denen das Land ein Finanzvolumen von 22 Milliarden Euro steuert. So viel kostengünstiger kann ein vergleichbares Großunternehmen das auch nicht.