Hannover: Erwartungen übertroffen

02.05.1975

Hannover Messe - Prestige Messe. Diesen Eindruck mußte man gewinnen, wenn man die teilweise recht abwertenden Urteile vor allem aus Anwenderkreisen vor Beginn der Mammut-Messe gehört oder gelesen hat.

Teilweise aber schon während der Messe gab es Aussagen wie "hervorragendes Fachpublikum", "einzigartige Informationen", "diese Messe ist unvergleichbar". Nur ein paar Pessimisten hielten an ihrer Meinung fest, daß die Aussteller doch nur hingingen, "weil die anderen auch da sind."

CW befragte kurz vor Messe-Ende einige große EDV-Hersteller nach den diesjährigen Verkaufserfolgen und der Intensität des Fachinteresses.

Und überall war zu hören, es geht wieder aufwärts, alle zeigten "gedämpften Optimismus".

Dr. Gert Bindels, Generalbevollmächtigter und Leiter des Geschäftsbereichs Vertrieb der Honeywell Bull GmbH, Köln

Der Computerhersteller Honeywell Bull hatte auf der diesjährigen Hannover Messe Anlagen vorgestellt, die unterhalb der Schwelle von 20 000 Mark Monatsmiete liegen. Daß wir mit unserer Messekonzeption richtig lagen, ergab sich aus der Aufgliederung des Fachinteresses der Besucher.

Drei Schwerpunkte schälten sich bereits in den ersten Messetagen heraus:

- die besondere Aufmerksamkeit des mit EDV-Organisation befaßten Publikums für die totale Kompatibilität des Honeywell Bull Computers zum System /3.

- Das wachsende Interesse für qualifizierte Bildschirmanwendungen.

- Die Hinwendung zu intelligenten Bildschirmterminals mit Verarbeitungskapazität und Anschaltmöglichkeit an Großcomputer beziehungsweise EDV-Netze (Mark III). Nach einer ersten Auszählung unserer schematischen Besuchsberichte ergibt sich folgende Richtung des Besucherinteresses an unserem Stand: rund 50 Prozent Interesse an Anlagen bis zu 20 000 Mark Monatsmiete, 10 Prozent Anlagen bis zu 50 000 Mark, 10 Prozent Anlagen zwischen 50 000 und 300 000 Mark Monatsmiete, 30 Prozent für den Informations-Service Mark III. Diese Auszählung der Anfragen gewinnt dadurch besondere Bedeutung, als es sich bei den gemachten Notizen um qualifizierte Besuchsberichte handelt, also um solche Fälle, in denen die Gespräche mit unserem Vertriebsrepräsentanten in eine nachträgliche Akquisitionstätigkeit einmünden .

Wir konnten bei Beendigung der Messe ungefähr die gleiche Gesamtzahl von Besuchsberichten registrieren wie im Vorjahr. Das ist für uns ein hervorragendes Ergebnis, denn Honeywell Bull hatte 1974 infolge der Präsentation der neuen Computerserie 60 eine extrem hohe Besuchsfrequenz zu verzeichnen.

Mit dieser Beobachtung können wir jetzt bereits die Feststellung verbinden, daß die diesjährige Hannover Messe, was die Anzahl der Abschlüsse betrifft, als der größte Ausstellungserfolg seit dem Bestehen unseres Unternehmens ausgewiesen werden darf. Wir bewerten die Messe generell positiv. Die geschäftsrelevante Qualität des Besucherstroms nimmt von Jahr zu Jahr zu. Wir begrüßen auch die Initiative der IBM, mit dem in Hannover vorgestellten System /32 in den MDT-Markt einzudringen. Diese Strategie des Marktführers erhöht die Bereitschaft kleiner Unternehmen, sich mit der EDV auseinanderzusetzen.

Detlef Hoffmann, Stellvertretender Geschäftsführer und Marketing-Direktor der NCR GmbH, Augsburg

Auf der diesjährigen Hannover Messe hatten wir ein Rekordergebnis zu verzeichnen: 31 Millionen Mark Auftragseingang. Darunter befinden sich zwei Aufträge für den Großcomputer NCR Century 300, erteilt durch die Firmen Ratio, Münster, und Pelikan Hannover.

Das Hauptinteresse der Standbesucher richtete sich auf unsere erstmals präsentierte Century 8200. Bis Messe-Ende konnten wir mehr als 20 Abschlüsse tätigen. Starkes Interesse galt auch dem Steuerrechner 726 für elektronische POS-Terminals und dem POS-Terminal 255.

Für die NCR ist die Hannover Messe ein Jubiläum: 25mal waren wir ununterbrochen dabei und haben ein Diplom dafür erhalten. Ich selbst bin seit 20 Jahren auf der Messe.

Das Interesse für Systeme der Mittleren Datentechnik allerdings war nicht mehr so stark wie in den Vorjahren.

Fazit: 1975 gab es 80 Prozent mehr Besucher als im Vorjahr. Verstärktes Interesse galt den Bereichen Computer und Terminals, auf die der gesamte Besucherzuwachs entfiel.

Klaus Luft, Mitglied des Vorstandes der Nixdorf Computer AG, Paderborn

Die Nixdorf Computer AG beurteilt den Verlauf der diesjährigen Hannover Messe positiv. Die Zahl der Standbesuche von potentiellen Anwendern hat weit über den bisher in Hannover gewohnten Ergebnissen gelegen Dabei ist vor allem ein reges Interesse für Computer festgestellt worden, deren Einsatz einen schnellen Rationalisierungserfolg verspricht. Für Nixdorf hat der Messe-Verlauf eine Bestätigung dafür gebracht, daß die in komplette Systemlösungen von Hard- und Software geleisteten beträchtlichen Investitionen sich auszahlen .

Der Auftragseingang in Hannover lag weit über dem des Vorjahres. Das Interesse galt insbesondere den neuen Systemen der Familie 88 sowie dem Datensammel-System 620. Das zu erwartende Nachmessegeschäft beurteilen wir sehr positiv. Wir erwarten 1975 einen erneuten Umsatzanstieg von mehr als zehn Prozent: Im ersten Quartal 1975 konnte der Auftragseingang weltweit um 15 Prozent gesteigert werden.

Klaus Luft: "Der Markt hat erkannt, daß es sich lohnt, in Nixdorf-Computer zu investieren."

Dieter Sauer, Bereichsdirektion Marketing der Sperry Univac, Sulzbach/Ts.

Schwerpunkt des Interesses war auf der Hannover Messe 1975 unser System 90/30, - für das wir in nur 10 Monaten bereits 100 Abschlüsse tätigen konnten. Präsentiert wurde es auf unserem Stand 82 Demonstrationen von 2 speziell engagierten Schauspielerinnen, die - da nicht EDV-vorbelastet - durch Durcheinander von Fachausdrücken stürmische Heiterkeitserfolge verzeichnen konnten.

Auf der diesjährigen Messe konnten wir den Besucherstand von

1970 erreichen, der in den darauffolgenden Jahren analog zum "sinkenden Stern von Hannover" erheblich zurückgegangen war.

Gerade in den letzten Messetagen war unser Stand immer voll, - teilweise sogar überlagert.

Die Relation von Kunden und Interessenten lag dieses Jahr etwa wie 1:30 der 1:4.

Die Anzahl der Interessenten hat sich gegenüber 1974 mindestens verdoppelt. Das Standergebnis läßt Zufriedenheit aufkommen: Insgesamt wurden einige Dutzend Demonstrationen und über 200 Anschluß-Fachgespräche konkret vereinbart.

Unsere Konzeption für 1976: wir werden praktische Problemlösungen stärker in den Vordergrund stellen.

Erstaunlich war die große Anzahl von Wall Street-Analysts auf der Messe.

Günter Mahr, ZI-Fachpresse Siemens AG München

Der Besuch auf den Siemens Messeständen in Hannover hat nach ruhigem Beginn spürbar zugenommen. Auffallend ist der große Anteil fachlich qualifizierter Interessenten, deren Zahl gegenüber den Vorjahren nicht zurückgegangen ist. Insgesamt ist die Stimmung auf der Messe im Verlauf besser geworden.

Die Abschwächung des Auslandsgeschäftes wird aber noch nicht durch eine Belebung des Inlandsabsatzes ausgeglichen. Vielmehr bestätigt die Hannover Messe nach unserer Auffassung die nach wie vor gedämpfte Konjunktur in der Elektroindustrie mit sehr unterschiedlichen Entwicklungen in den einzelnen Produktbereichen. Die Messebesucher fragen vor allem nach Systemen für die Automatisierung und Modernisierung ihrer Produktionsprozesse und suchen Hilfen für die Kostensenkung und Rationalisierung. Entsprechend gutes Interesse finden Steuer- und Regeltechnik bis hin zum Prozeßrechner sowie kostensparende Kommunikation mit modernen Fernsprechanlagen und Fernschreibsystemen auf den Siemens-Messeständen.

Dagegen spürt der Bereich Bauelemente die weltweite Nachfrageflaute, besonders in der Unterhaltungs-Elektronik. Angesichts der zum Teil fast geräumten Läger bei den Kunden ist aber eine Belebung gegen Ende des Jahres wahrscheinlich. Die schwache Baukonjunktur dämpft nach wie vor die Nachfrage nach Installationstechnik.

Hartmut Stollreiter, Manager of Communication der IBM Deutschland GmbH, Stuttgart

Den meisten Zulauf auf unserem diesjährigen Messe-Stand hatte zweifelsohne unser neues Druckersystem 3800. Hierbei handelte es sich allerdings nicht um potentielle Kunden, sondern um Neugierige, die das "Wunder der Technik" bestaunten.

Das Hauptinteresse der Fachleute lag eindeutig beim System /32. Eine Prozent-Aussage zu den Schwerpunkten des Interesses läßt sich kaum machen, da jeder Bereich seine Besuche für sich erfaßt und auswertet. Die Hannover Messe 1975 brachte Interessenten mit sich, von denen man vorher nichts geahnt hat. Am POS-Terminal 3660 sah man viele Hausfrauen, da diese letztlich beim Einsatz des Systems direkt betroffen sind. Zudem besuchten uns viele Studenten und Professoren, die sich nach unseren technischen Anwendungen erkundigten. Bei dem Vermittlungssystem 3750 sah man viele Fachleute aus Handel und Medizin.

Ein Vergleich mit Vorjahresergebnissen ist kaum möglich, da wir für die Messe 1975 ein völlig neues Konzept erarbeitet hatten. Anstelle von vielen Besprechungskabinen und wenig Ausstellungsfläche haben wir dieses Jahr auf einem völlig transparenten Stand gearbeitet, der - nach allen Seiten offen - unsere ganze Produktpalette zugänglich machte.

Abschlüsse wollen wir nicht unbedingt auf der Messe tätigen, der Kunde soll erst einmal genau prüfen, ob die entsprechende Anwendung in sein Konzept paßt. Der generelle Eindruck der Hannover Messe 1975: das Interesse war insgesamt intensiver als im Vorjahr, eventuell bedingt durch den Schlager /32. Für die Zukunft zeigen wir verhaltenen Optimismus.

Klaus Richter, Stellvertretender Geschäftsführer ICL Deutschland, Düsseldorf

Wie bereits letztes Jahr, stand auch auf der diesjährigen Hannover Messe das noch weiter ausgebaute Datenverarbeitungssystem ICL 2903 im Mittelpunkt des Interesses.

Bei den Besuchern sind die von uns vorgeführten Anwendungspakete gut aufgenommen worden. Auch die Datenerfassungsserie 8900 (Key Edit 50), von der in der Bundesrepublik bereits über 150 Systeme im Einsatz sind, fand lebhaften Beifall. Auch hier wurden die vorgeführten Anwendungspakete von den Besuchern mit besonderem Interesse aufgenommen.

Vor zwei Jahren wurde auf der Hannover Messe die ICL 2903 weltweit vorgestellt. Zum zweijährigen Geburtstag, auf der Hannover Messe 1975, waren alle im Jahre 1973 gesteckten Ziele überschritten.

Auf dieser Messe wurde die magische Zahl von 1000 ICL 2903 Anlagen überschritten. Die Firma Herbert Bock KG, Möbelgroßhandlung, Stuttgart, unterzeichnete den Vertrag für die Installation der 1001. Anlage dieses Computersystems.

Die Gesamtzahl der Besucher auf dem ICL-Stand war geringer als in den Vorjahren. Weil dieses Jahr aber die Anzahl der "Sehleute" beachtlich geringer war, konnten wir mit den Besuchern intensivere Fachgespräche führen. Wir betrachten den Erfolg dieser Messe als Verkaufsmesse als durchschnittlich gut.