Handel im Wandel

27.01.1995

Der Fachhandel ist tot - es lebe der Fachhandel! Die Frage nach dem besten Vertriebsweg ist so alt wie die DV selbst. Die Hersteller variieren von Zeit zu Zeit ihre Strategie und versuchen, mit einem Absatzmix ihre Produkte an den Endverbraucher zu bringen. Die frueher gaengige Art, mit einer eigenen Vertriebsmannschaft zu operieren, verliert aus Kostengruenden zunehmend an Bedeutung.

Die Truppe der angestellten Verkaufsgenies, ausgestattet mit Firmenwagen und mobilem Buero, leisten sich die Hersteller allenfalls zur Betreuung ihrer Grosskunden. Ansonsten werden Mitarbeiter umgeschichtet oder freigesetzt oder in die Selbstaendigkeit entlassen, wie es juengst die Augsburger AT&T- Tochter Global Information Solutions (GIS) vorexerzierte. Die Ex- NCR, stark im Geschaeft mit dem Mittelstand und - dank Client- Server - auf dem Sprung in die Grossfirmen, betreut nur mehr die neue Klientel mit einem eigenen, kleinen Verkaufsteam.

Den uebrigen Verkaeufern wurde angeboten, sich selbstaendig zu machen. Dazu gab es Starthilfen aller Art und die Gewissheit, keinen der geschaetzten Mittelstaendler unbetreut zu lassen. Das Konzept kann aufgehen, wenn ein guter Verkaeufer auch ein guter Unternehmer, in diesem Falle Fachhaendler, ist.

Der qualifizierte Fachhandel wird also nach wie vor gebraucht. Veraendert hat sich fuer ihn allerdings die Art und Weise, wie sich Geld verdienen laesst. Denn mit Hardware alleine lassen sich bei den geschrumpften Margen keine befriedigenden Gewinne mehr erwirtschaften. Hinzu kommt, zumindest wenn es um PC-Produkte geht, die Konkurrenz der "Boxenschieber", also der Massenmaerkte und Kaufhaeuser, sowie der Direktvertreiber wie Vobis, Dell und Gateway 2000, die mit geringer Supportleistung grosse Stueckzahlen umschlagen. Der Fachhandel muss in Nischen ausweichen und/oder in das Projektgeschaeft einsteigen und mit Zusatznutzen seinen Profit erzielen.

Kleine Haendler, die projektbezogen einkaufen, sich aber an keine Marken binden wollen, leiden oft unter einem Informationsdefizit: "Wo gibt es heute guenstige Grafikkarten, welcher Distributor liefert jetzt preiswerte Festplatten?" Die Computerwoche Verlag GmbH hat nun das "Computer Business Informationsystem" installiert, das dem DV-Fachhaendler solche Informationen online und auf CD-ROM zur Verfuegung stellt.

Die Frage des einen optimalen Vertriebsweges wird nie abschliessend zu klaeren sein. Im Gegenteil: Der Kunde entscheidet, wo er kaufen will, welches Ausmass an Support er benoetigt und was er bereit ist, dafuer zu zahlen.