Dietz-Rechner im Kfz-Betrieb Junge:

Hamburger Autohaus fährt einen Mini

05.10.1979

HAMBURG - Da die Wirtschaftlichkeit von Datenverarbeitungs-Systemen in den vergangenen Jahren höher wurde, konnten auch mehr Computersysteme in mittelständischen Unternehmen abgesetzt werden. Gleichzeitig entstand in vielen Betrieben dieser Größenordnung die Notwendigkeit, moderne Informationstechnologie einzusetzen. Der Computer ist in etlichen Branchen, so auch in Kfz-Betrieben, bereits zu einem Wettbewerbsfaktor geworden. Zudem ist jedes Computersystem auch ein außerordentlich wirksames Rationalisierungs-Instrument, mit dem die Kostenexplosion im Personal- und Sachkostenbereich aufgefangen werden kann. Welche Erfahrungen ein Hamburger Autohaus - die Firma Wilhelm Junge - mit seinem Datenverarbeitungs-System gemacht hat, schildert der folgende Anwenderbericht.

Im Autohaus Junge werden gegenwärtig in vier Betrieben über 120 Mitarbeiter beschäftigt. Der Neuwagen-Verkauf liegt bei knapp 2000 Fahrzeugen pro Jahr, in der Gebrauchtwagen-Abteilung werden etwa 1000 Personenwagen umgesetzt. In der Hauptstelle und Zentrale an der Hamburger Wendenstraße registriert man im Tages-Durchschnitt rund 70 Werkstatt-Durchläufe. Von hier aus erfolgt auch die Auslieferung der Neu- und Gebrauchtwagen. In zwei Filialbetrieben (Hoheluftchaussee und Blankeneser Landstraße) werden zusätzlich Ersatzteile-Lager und Reparatur-Werkstätten geführt. In einer weiteren Filiale an der Methfesselstraße widmet man sich nur dem Verkauf von Neu- und Gebrauchtwagen.

Der Jahresumsatz des Hamburger Autohauses liegt zur Zeit bei rund 30 Millionen Mark. In den umfangreichen Ersatzteile-Lagern werden etwa 10 000 Artikel (Wendenstraße) sowie je 6000 in den beiden Filialbetrieben geführt. Dieses Mengengerüst in Verbindung mit einem zunehmenden Informationsbedarf führte in den Jahren 1975/76 dazu, die bis dahin angewandten Organisationsmittel in den Verwaltungsbereichen zu überprüfen. Die vorherrschende technologische Basis war damals durch eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme gekennzeichnet: Bezieht man die Neu- und Gebrauchtwagen-Fakturierung mit ein, so wurden bis 1976 vier unterschiedliche Systeme (Buchungs-, Abrechnungs- und Fakturierautomaten sowie EDV außer Haus für L + G) gefahren. Daneben erfolgte ein Teil der Fakturierung noch mit normalen Schreibmaschinen.

Dieses ausgesprochen heterogene Organisationsstruktur zeigte immer dann besonders deutlich ihre Schwächen, wenn ein gesteigerter Mengenanfall - zum Beispiel Auftragshäufungen in der Reparatur-Werkstatt - zu verzeichnen war. Aus diesem Grunde entschloß man sich, ein modernes Datenverarbeitungs-System einzusetzen. Auswahlkriterien waren neben einer benutzerfreundlichen Hardware vor allem branchenrelevante Anwendungsprogramme, da man im Autohaus Junge die - unter Umständen langwierige - Entwicklung eigener Programmsysteme ausschloß. Nach eingehenden Analysen wurde eine Entscheidung zugunsten eines Dietz-Computersystems getroffen.

Entscheidung für ein Dialogsystem

Ausschlaggebend war die anwenderfreundliche Dialogverarbeitung über Bildschirmsysteme, das relativ leichte "Handling" der Speicherperipherie (Magnetplatten) sowie die Flexibilität einzelner Hardware-Elemente. Zudem überzeugte das Dietz-Angebot durch sein günstiges Preis-/Leistungsverhältnis. Hinzu kam, daß ein weiteres großes Hamburger Autohaus bereits mehrere Dietz-Systeme installiert und dafür ein komplexes Programmsystem entwickelt hatte. Dieses Programmsystem wurde der Firma Junge zur Verfügung gestellt.

Die Anwendungssoftware besteht heute einerseits aus Standardprogrammen (Finanzbuchhaltung und Lohn- und Gehaltsabrechnung), die von Dietz entwickelt wurden und zum anderen aus den speziellen Branchenprogrammen mit denen die Aufgabenbereiche: Auftragserfassung und Fakturierung (Werkstatt), Gewährleistungs- und Kulanzabwicklung, Ersatzteile-Lager mit Bestandsfortschreibung, Teile-Direktverkauf, Monteur-Statistik (Leistungsspiegel), Werbebriefe (Direct-Mailing-Aktionen) sowie diverse Sonderprogramme (Statistik, Soll-/Ist-Vergleiche) abgedeckt werden.

Gegenwärtig ist im Autohaus Junge - in der Wendenstraße - ein System Dietz 621 mit 64 K-Bytes installiert. Dieses System besitzt zur Zeit vier Dialog-Bildschirme, von denen einer im Ersatzteile-Lager (Barverkauf), ein weiterer in der Rechnungslegung (Werkstattfakturierung), der dritte in der Teile-Ausgabe (für die Montage) und der vierte in der Finanzbuchhaltung (siehe Foto) eingesetzt ist. Zur weiteren Peripherie gehören zwei Magnetplatten-Laufwerke mit je rund zehn Millionen Bytes Speicherkapazität. Zur Datenausgabe werden drei Drucker eingesetzt, und zwar für die Fakturierung, für die Teile-Ausgabe (Kommissionier-Beleg) und für die Finanzbuchhaltung.

Im Filialbetrieb an der Hoheluftchaussee wird ein weiteres Dialogsystem (Modell Dietz 600) gefahren. Dieses System verfügt über eine Hauptspeicher-Kapazität von 48 K-Bytes, ein Magnetplatten-Laufwerk mit knapp zehn Millionen Bytes Kapazität, zwei Dialog-Arbeitsbildschirme und zwei Drucker. Auch für den Zweigbetrieb an der Blankeneser Landstraße wird - ein ausreichendes Mengengerüst vorausgesetzt - der Einsatz eines Dietz-Dialogsystems erwogen. Damit würde das Autohaus Junge, das übrigens seit etwa dreißig Jahren VAG-Vertragshändler ist, ein betriebsumfassendes Informationssystem besitzen.

Die Einführung dieser Hardware-Konfiguration verlief, obwohl es sich um die Erstinstallation handelte, weitgehend problemlos. Die neue Computer-Anlage wurde von den Sachbearbeitern des Autohauses als nützliche Arbeitshilfe und -erleichterung begrüßt. Als wesentliche Hilfe bei der Einarbeitung haben sich die komfortable Bedienerführung (über den Arbeitsbildschirm) sowie verschiedene Einführungsprogramme, mit denen die Sachbearbeiter "spielend" in das neue System und seine Funktionen eingeführt wurden, erwiesen. Um die Komplexität des im Autohaus Junge installierten Programmsystems zu verdeutlichen, soll ein Arbeitsablauf - die Werkstatt-Fakturierung und Auftragsabwicklung - geschildert werden.

Werkstattfakturierung integriert

Der integrierte Arbeitsablauf beginnt mit der Auftrags-Annahme durch den Kundendienst-Sachbearbeiter in der Werkstatt. Der Sachbearbeiter erstellt dazu einen "Werkstatt-Auftrag" mit mehreren Durchschlägen für die verschiedenen Fachabteilungen. Dabei kann zwischen Garantie-Aufträgen, normalen (externen) Werkstatt-Aufträgen und internen Aufträgen (zu Lasten der Firma) unterschieden werden. Dieser Auftrag wird anschließend aufgeteilt: eine Durchschrift geht in die Rechnungs-Abteilung, eine weitere in die Werkstatt zum zuständigen Monteur. In der Rechnungs-Abteilung dient der Auftragszettel als Urbeleg für die anschließende computergestützte Auftragsbearbeitung.

Dazu ruft der Sachbearbeiter das Programm "Auftrags-Annahme" auf und erhält daraufhin vom System eine Bildschirm-Maske, diese verlangt zunächst eine Auftrags-Nummer, die vom Schbearbeiter einzugeben ist. Als nächstes wird das Fahrzeug-Kennzeichen eingegeben. Aufgrund des Kennzeichens ist das System in der Lage, das Fahrzeug zu "identifizieren", das heißt es kann feststellen, ob das Fahrzeug bereits abgespeichert ist. Ist das Fahrzeug unbekannt, wird zunächst entschieden, ob dieser Kunde in die Datei (als Stammkunde) aufgenommen wird oder nicht. Bei offensichtlichen Zufallskunden (Durchreisende, Auswärtige etc.) erfolgt keine Übernahme in die Stamm-Datei.

Sofern das Fahrzeug und damit der Kunde bekannt ist, werden aus der Fahrzeug-Datei abschließend automatisch die entsprechenden Stammdaten in die Bildschirm-Maske übernommen. Da jedes Fahrzeug datentechnisch einem Kunden zugeordnet ist, werden im nächsten Arbeitsschritt auch die entsprechenden Kunden-Stammdaten (zum Beispiel die Anschrift, der Vor- und Zuname etc.) in die Bildschirm-Maske übertragen. In Ergänzung zu diesen fixen Daten werden anschließend auch die nicht im System resident gehaltenen variablen Fahrzeugdaten (Kilometerstand, Tagesdatum etc.) in die Bildschirm-Maske übernommen.

Gute Rationalisierung

Die so komplettierten Daten können schließlich in einer separaten Auftrags-Datei zusammengefaßt werden. Dort stehen sie "in Wartestellung", bis die ergänzenden Daten aus der Werkstatt (Materialverbrauch, Arbeitswerte) zugespielt werden. Dazu geht der Monteur mit seinem Auftragszettel zunächst ins Ersatzteile-Lager und holt sich dort die zur Ausführung der Reparatur notwendigen Teile. Der zuständige Lager-Sachbearbeiter ruft das Programm "Ersatzteile belasten" auf. Nachdem er die Auftragsnummer eingegeben hat, erscheint auf dem Bildschirm der Auftrag. Aus diesem ist die entsprechende PKW-Typenbezeichnung ersichtlich, so daß die passenden Ersatzteile bestimmt und - einschließlich der Mengen - eingegeben werden können.

Damit sind die Ersatzteile automatisch dem Auftrag belastet und gleichzeitig vom Lagerbestand abgebucht. Der Monteur geht anschließend mit seinen Ersatzteilen in die Werkstatt zurück und führt den Auftrag aus. Nachdem der Auftrag komplettiert ist, wird er vom Meister abgenommen und um die Arbeitspositionen ergänzt. Der so vervollständigte Werkstattauftrag geht schließlich in die Rechnungs-Abteilung zurück, wo er endgültig abgeschlossen wird. Das anschließend aufzurufende Fakturierprogramm errechnet automatisch den DM-Betrag, die Mehrwertsteuer und den Rechnungsbetrag; damit ist der Auftrag auch datentechnisch abgeschlossen und die Rechnung steht abrufbereit im Speicher.

Trotz Wachstum konstante Personalkosten

Gegenüber der früheren Lösung ist der gesamte Arbeitsablauf im Unternehmen transparenter geworden, das Informationssystem weist eine homogene Struktur auf und hat die Datenbasis vor allem bei den zeitkritischen Arbeiten, erheblich aktualisiert. Außerdem ist die Informations-Qualität (Statistiken, Berichte, Vergleichzahlen etc.) enorm verbessert worden. Ein Rationalisierungserfolg des Computersystems ist, daß seit der Installation der Personalbestand - trotz erheblicher Ausweitung des Geschäftsvolumens - nicht aufgestockt zu werden brauchte. Auch künftig sind ausreichende Reserven auf dem System vorhanden, so daß die Personalkosten-Aufwendungen weitgehend konstant gehalten werden können, obwohl mit einem weiteren Wachstum des Unternehmens gerechnet wird.

*Walter Lönneker ist freier EDV-Fachjournalist