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H@ppy Birthday: 30 Jahre E-Mail

12.10.2001
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Von CW-Redakteur Ludger Schmitz

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Vor 30 Jahren lief die erste E-Mail durch den Internet-Vorgänger Arpanet - und mit ihm wurde der Klammeraffe, das Zeichen @, losgelassen. Dass das wichtigste Zeichen des Internet auch andernorts Verbreitung finden würde, war abzusehen. "Generation @" ist einfach ein tolles Wort für das Marketing, "Business @ the Speed of Thought" heißt ein Buch von Bill Gates. Aber der Antrag von Eltern, die Jüngste "@nn@" zu taufen, ging deutschen Standesbeamten dann doch zu weit. Und sie bewiesen damit technischen Sachverstand und Weitsicht: Die Tochter hätte später nie ihren Namen für eine E-Mail-Adresse benutzen können.

Aufgetaucht ist das @ zum ersten Mal vor 30 Jahren, als Ray Tomlinson die erste E-Mail über das Arpanet schickte. Dazu brauchte er ein Trennzeichen zwischen Personen- und Systemnamen. Er fand auf seinem Teletype-Terminal das @ und entschied sich dafür, weil er davon ausging, dass es keine funktionsauslösende Bedeutung in anderen DV-Systemen seiner Zeit hatte.

Welche Bedeutung das Zeichen hat, ist umstritten. Ausgesprochen wird es wie das englische "at", zu deutsch "bei", und "XY bei Z" klingt tatsächlich nach einer Adresse. Knapp daneben, meinen jedoch Schriftenforscher, es handele sich um eine mittelalterliche Verschmelzung der beiden Buchstaben des lateinischen Wortes "ad" (zu, bei). In der Darstellung gelingt die Kontraktion von a und d mit einer kunstvollen Linksdrehung des d-Aufstrichs. Das @ spricht sich aber auch wie das alte kaufmännische Wort "et" (aus dem Lateinischen = und). Die COMPUTERWOCHE, in Italiens nördlichster Stadt München beheimatet, entscheidet sich für die Version, dass es sich beim @ um ein altes italienisches Kaufmannszeichen handelt.

Gesichert ist, dass das @ ein Zeichen der "Tironischen Noten" ist. Dabei handelt es sich um ein Stenografiesystem, das Marcus Tullius Tiro, ein von Cicero freigelassener Sklave, erfunden hat und in dem jedes Zeichen ("Note") für ein Wort stand. Die Kurzschrift war in deutschen Handelskontoren noch vor 100 Jahren üblich.

Das @ war so gebräuchlich, dass es sich auf den Tastaturen der frühen Schreibmaschinen fand. Von den deutschen Modellen verschwand es nach dem Ersten Weltkrieg. Auf amerikanischen Tastaturen, die dem Vorbild der "Underwood", der ersten Schreibmaschine für den Massenmarkt, treu geblieben waren, bestand es weiter.

Das Shift-Zeichen der Woodland rettete sich als Ascii/Ansi-Symbol Nummer 64 in das Zeitalter der IT. Als solches kennen es aber nur IT-Spezialisten. Für alle anderen Mail-Versender heißt es "Klammeraffe" (so sie Deutsche sind), „kleine Maus“ (im Chinesischen), "Ringelschwanz" (Dänisch), "Schnekke" (Italienisch), "Wurm" (Ungarisch), "Strudel" (Hebräisch) oder "Rollmops" (Tschechisch und Slowakisch).

Anlässlich seines neuzeitlichen Geburtstags wollen wir einmal vergessen, dass wir dem @ Gemeinheiten wie Viren und Würmer zu verdanken haben. Statt dessen begrüßen wir es Türkisch als "gul", als Rose.

An der Universität Hannover ist übrigens ein interessanter kurzer Beitrag über das @ erschienen. Sie finden ihn hier.