Mettler-Toledo behebt Personalengpass

Gute Zusammenarbeit mit philippinischen SW-Entwicklern

04.08.2000
HOLTE-STUKENBROK (CW) - Positive Erfahrungen macht die Mettler-Toledo Orga-P GmbH, Schloss Holte/Westfalen, mit Softwareentwicklern in Manila. Das Softwarehaus wendet verschiedene Methoden an, mit denen sich Kommunikationsprobleme weitgehend ausschalten lassen.

Bereits Anfang 1999 stieg wegen der bevorstehenden Umstellungen zum Jahr 2000 und zum Euro die Nachfrage nach qualifiziertem IT-Personal so rapide, dass das mittelständische Softwarehaus kaum noch Nachwuchs am deutschen Arbeitsmarkt fand. Mettler-Toledo Orga-P erstellt Software für die pharmazeutische, chemische und Nahrungsmittelindustrie. Das Unternehmen ist in der Prozessindustrie bekannt, weniger indes beim IT-Nachwuchs.

Rüdiger Paul, General Manager des Unternehmens, war bereits im Jahr zuvor einer Einladung der European Chamber of Commerce Philippines (ECCP) gefolgt, um sich ein Bild von der philippinischen IT-Industrie zu machen. Die ECCP verfolgte damals das Ziel, Joint Ventures zwischen deutschen und philippinischen Unternehmen zu fördern. Paul fand in Makati, dem IT-Distrikt der philippinischen Hauptstadt Manila, ein Angebot an hoch qualifizierten Arbeitskräften vor. Damals lag der Stundenlohn für Softwareentwicklung bei etwa 20 Dollar.

Eine Offshore-Programmierung bringt jedoch laut Paul erhebliche Nachteile mit sich: "Das fachinhaltliche Know-how, das nicht schriftlich verfügbar ist, ist bei den Asiaten kaum vorauszusetzen." Um teure Projektleiter in Manila einzusparen, bedurfte es einer lückenlosen englischsprachigen Vorgabenbeschreibung.

Gemeinsam mit Professor Gerhard Sagerer von der Universität Bielefeld, entschied sich Paul für das Konzept "Ascot" (Accelerated Solution for Software Development). Sagerer schlug vor, mit dem Ascot-Konzept zwei sich überschneidende Vorgehensweisen zu verknüpfen: Zum einen sollten die Vorgaben für die Entwickler in Manila gut dokumentiert vorliegen, zum andern die externen Codier-Ressourcen unmittelbar eingebunden werden.

Abhilfe brachte die Unified Modeling Language (UML). Sie basiert auf einer grafischen Notation und lässt sich firmenspezifisch anpassen. Paul: "UML bildet Diagramme ab, die aufeinander aufbauen und immer detaillierter werden." Die Modelliersprache komme sehr nahe an den endgültigen Sourcecode heran, ohne dass die Entwickler dafür eine Zeile Code geschrieben habe. Durch die grafische Notation schwäche sich zudem das Fremdsprachenproblem ab. UML hat laut dem Toledo-Mann jedoch einen "nicht zu unterschätzenden Nachteil": Ab einer bestimmten Detaillierungstiefe ist die Kenntnis von objektorientierten Techniken unabdingbar.

Keine Aufgabe dauert länger als drei TageZudem gebe es ein Problem, wenn derjenige, der die Software codiert, nicht in unmittelbarer Nachbarschaft des Kollegen sitzt, der die Vorgaben erstellt. Bestimmte Themen blieben nach wie vor verschieden interpretierbar. Zur Abhilfe schlug der Bielefelder Professor die Technik "Xtreme Programming" vor.

Die wenigen Grundregeln lauten:

- Definiere und vereinbare Tests bereits auf Modulebene, wobei ein Test die Grundlage für eine Vorgabe ist.

- Arbeite immer paarweise zusammen, so dass jeweils ein Mitarbeiter Vorgaben und Tests definiert. Ein zweiter Kollege setzt die Vorgaben um und testet.

- "Keep it simple" - die einzelnen Aufgaben dürfen nicht mehr als drei Tage in Anspruch nehmen.

Nach der Verwirklichung des Ascot-Konzepts ging es darum, rechtliche Ausfuhrprobleme und steuerliche Aspekte auf den Philippinen zu klären, was sich als relativ unkompliziert erwies. Die Auftragsabwicklung mit dem mittlerweile vertraglich gebundenen Partnerunternehmen in Manila verläuft, so Paul, "völlig unproblematisch". Sprachbarrieren gibt es nicht, denn die Programmierer in Manila können zum großen Teil sehr gut Englisch. Zudem spricht der philippinische Geschäftsführer fließend Deutsch. Die ersten Ergebnisse aus dem fernöstlichen Entwicklungslabor bezeichnet Paul als "sehr erfolgversprechend".