Larry Augustin bindet die Open-Source-Gemeinde an sich

Gute Zahlen bringen VA Linux bei Anlegern wieder ins Gespräch

08.09.2000
MÜNCHEN (CW) - Im Sog der allgemeinen Linux-Euphorie legte die VA Linux Systems Inc. im Oktober vergangenen Jahres einen sensationellen Börsengang hin. Doch die Begeisterung kühlte sich schnell wieder ab - zu stark, wie die jüngste Bilanz des Unternehmens zeigt.

Einen Kursanstieg von 733 Prozent auf 250 Dollar feierte das Management der VA Linux Systems Inc. am ersten Handelstag im Oktober 1999. So etwas hatte es an der Nasdaq noch nicht gegeben. Der Kurs kletterte kurzzeitig auf 320 Dollar und bescherte dem Unternehmen in der Spitze einen Börsenwert von 14 Milliarden Dollar - ehe er zu einer rasanten Talfahrt ansetzte. Der Einbruch endete bei einer Aktienbewertung von 26 Dollar beziehungsweise einer Marktkapitalisierung von nur noch 1,4 Milliarden Dollar.

Seit Ende Juli meint es das Schicksal aber wieder gut mit dem Anbieter von Linux-Hardware und -Software. VA Linux wies vor wenigen Wochen Zahlen für das vierte Quartal des abgelaufenen Finanzjahres vor, die bei den Anlegern Eindruck machten. Den Umsatz hatte der Open-Source-Spezialist im Vergleich zum vierten Quartal 1999 von 7,8 auf 50,7 Millionen Dollar gesteigert (plus 547 Prozent). Ihren Verlust beschränkte die Company abzüglich Sonderausgaben auf zehn Cent je Aktie und überraschte damit die Finanzwelt, die ein Minus von 15 Cent je Anteil erwartet hatte. Seit dieser Mitteilung geht es mit VA Linux an der Börse wieder bergauf.

Marktbeobachter zeigen sich vom schnellen Umsatzwachstum des Unternehmens unisono beeindruckt. Beispielsweise hatte Prakesh Patel von W. R. Hambrecht & Co. in San Franzisko lediglich Einnahmen von 42,3 Millionen Dollar erwartet. Die Prognose von VA-Linux-Chef Larry Augustin, der den Gesamtumsatz des abgelaufenen Geschäftsjahres von 120,3 Millionen Dollar im laufenden Fiskaljahr maximal um den Faktor 2,7 zu steigern hofft, wird allgemein als konservativ angesehen - zumal mit dem Content-Distributionsspezialisten und Netzbetreiber Akamai Technologies ein Star der Internet-Szene zu den Hauptkunden zählt.

Open-Source-Profis kennen VA LinuxDas Geheimnis von VA Linux besteht darin, die Open-Source-Community über das Web an sich zu binden. Dazu trägt beispielsweise der so genannte Sourceforge-Service im Internet bei, ein Online-Entwicklungszentrum, mit dem Firmenangaben zufolge 76 Prozent aller Open-Source-Projekte weltweit in Kontakt stehen. Einen weiteren Schritt in dieser Strategie stellt das Anfang des Monats gegründete Open Source Development Network (OSDN) dar, das sich als zentrale Ressource für die Entwicklung und Verteilung von Open-Source-Software sowie als Diskussionsforum positioniert. Hierin sind unter anderem Web-Sites enthalten, die VA Linux Anfang des Jahres mit der Übernahme von Andover.net erworben hatte.

Die Kalifornier machen darüber hinaus mit einem Softwareauswahlverfahren nach dem Built-to-Order-Prinzip von sich reden. Kunden erhalten nach Wunsch vorkonfigurierte Softwareprodukte auf den Linux-Servern, die das Unternehmen anbietet. Ein weiterer Schwerpunkt des Geschäfts liegt darin, die optimierten Linux-Systeme via Professional Services beim Kunden zu betreuen. "Sie machen so viele Sachen zur gleichen Zeit und bleiben dabei immer auf Open-Source-Kurs - und sie schaffen es, daraus ein überschaubares Geschäft zu machen", wundert sich Bill Claybrook, Analyst der Bostoner Aberdeen Group.