Aktien der Chip-Produzenten liegen gut im Rennen:

Gute Aussichten für Halbleiterindustrie

02.09.1983

Angesichts des sich abzeichnenden Wirtschaftsaufschwungs in den Vereinigten Staaten dürften die Auslieferungen an Halbleiterkomponenten von amerikanischen und europäischen Herstellern im Jahr 1983 um etwa 20 Prozent und 1984 um 25 Prozent oder mehr zunehmen. Diese Auffassung vertritt das Brokerhaus Dean Witter Reynolds in einer kürzlich veröffentlichten Studie Eber diesen Industriezweig.

Seit September 1982 wird ein wachsendes Auftragsvolumen beobachtet, dessen Zuwachsrate über den Steigerungsraten der gesamten Industrieproduktion in den Vereinigten Staaten in diesem Zeitraum gelegen hat. Diese Tendenz zeigt, daß in der Halbleiterindustrie in der zweiten Jahreshälfte 1982 der Tiefpunkt erreicht wurde und daß im Jahr 1983 eine kräftige Erhohlung einsetzte. Der nun auf Wirtschaftsbereiche wie die Kapitalgüterindustrie übergreifende Konjunkturaufschwung dürfte auch der Halbleiterindustrie zugute kommen und damit positive Rückwirkungen auf die Kursentwicklung der Aktien dieser Unternehmen haben.

Die starke Zunahme der Bestellungen ist hauptsächlich auf die Nachfrage der Hersteller von Kleinrechnern für professionelle Einsatzzwecke zurückzuführen. Bei den Produzenten von Großrechnern und Minicomputern beginnt dieser Trend gerade erst und wird sich nach Ansicht des Progreß in der zweiten Hälfte 1983 fortsetzen. Auch in den Branchen Telekommunikation und Rüstung dürfte der Bedarf an Halbleiterkomponenten zunehmen. Diese Entwicklung hat bei den Halbleiterherstellern zu einer Aufstockung des Personalbestandes und zu längeren Lieferzeiten geführt. Damit ging auch ein Anziehen der Preise einher.

Wachsendes Risiko bringt Kurseinbruch

Die meisten Unternehmen dieser Branche, die in hohem Maß vom wirtschaftlichen Umfeld beeinflußt wird, dürften mit einem beschleunigten Wachstum der Auslieferungen eine beträchtliche Verbesserung ihrer Gewinne verbuchen können. Für ausgewählte Unternehmen sind die Gewinnschätzungen in der Tabelle aufgeführt. Die Aktien von Halbleiterherstellern sind im Rahmen der Hausse am Aktienmarkt bereits kräftig gestiegen. Die Anleger haben somit nach Meinung von Dean Witter sicherlich schon die Gewinnschätzung für 1984 in den Kursen vorweggenommen. Man beginnt an der Börse nun bereits ins Jahr 1985 zu blicken. Für die nächsten ein bis drei Monate rät der Broker zu einer vorsichtigen Haltung gegenüber den Aktien dieser Gruppe, da die meisten Titel am oberen Ende der als angemessen betrachteten Spanne für das Kurs./Gewinnverhältnis notieren. In den nächsten 12 bis 18 Monaten dürfte jedoch aufgrund der Gewinnaussichten mit weiteren Kurssteigerungen zu rechnen sein. Sollte es dazu kommen, muß allerdings das wachsende Risiko eines Kurseinbruchs in Kauf genommen werden. Unter den in der Tabelle genannten Titeln empfiehlt der Broker speziell die Aktien von Monolithic Memories, Motorola, National Semiconductor, Texas Instruments und Standard Microsystems zum Kauf. Dabei geht er davon aus daß die Verluste von Texas Instruments im Bereich der Home-Computer durch den Erfolg im Halbleitergeschäft ausgeglichen werden.

Trend zur Spezialisierung

Was die Produktseite betrifft, so zeichnet sich nach Ansicht von Marktbeobachtern in jüngster Zeit die Tendenz zu einer größeren Spezialisierung innerhalb der Halbleiterindustrie ab. Monolithic Memories hat sich etwa auf das PAL-Geschäft (Programmable Array Logic) konzentriert und hier bereits einen Marktanteil von 85 Prozent errungen. Standard Microsystems hat sich mit der Produktion von peripheren Schaltkreisen (Peripheral Circuits) eine andere Marktlücke zunutze gemacht. Die beeindruckendste Entwicklung haben bis jetzt die auf Metalloxid-Halbleitern (MOS) basierenden Chips erfahren. Das Wachstum bei den abgesetzten Einheiten erreichte hier durchschnittlich 39,9 Prozent. Zu dieser Kathegorie gehören unter anderem ROMs (Read Only Memory) mit sehr verschiedenen Leistungsmerkmalen und Einsatzfunktionen. Der größte Nachfrager war die Videoindustrie, deren Bedarf angesichts der Zahl der Firmen, die dem scharfen Konkurrenzkampf zum Opfer fielen, allerdings etwas nachgelassen hat.

Hervorragende Wachstumsaussichten dürften nach wie vor bei Mikroprozessoren bestehen, da diese nahezu unbegrenzt eingesetzt werden können. Sie sind in Videospielen, Taschenrechnern, Haushaltsgeräten und Autos, und natürlich auch in Personal Computern zu finden. Bei den dynamischen und statischen RAMs (Random Access Memory) wurden ebenfalls beachtliche Zuwachsraten von durchschnittlich 16 Prozent erzielt. Die Preise sind hier allerdings aufgrund der wachsenden Beteiligung japanischer Hersteller an diesem Markt deutlich gesunken. Überhaupt könnten die Japaner zu einer Bedrohung für die amerikanischen Unternehmen dieses Industriezweiges werden. Aufgrund der starken Nachfrage kam es nämlich in einigen Bereichen zu Lieferengpässen. Dies könnten japanische Gesellschaften zu einer verstärkten Marktdurchdringung nutzen. Obwohl die Nachfrage im eigenen Lande ebenfalls hoch ist, dürften diese Hersteller, die auch während der Rezessionsphase kräftig investiert haben über genügend Kapazitäten verfügen, um einem weltweit wachsenden Bedarf zu begegnen.