Grüner Manager - guter Manager

02.05.2008
Umweltverschmutzer ruinieren nicht nur ihren Ruf, sie gehen auch hohe finanzielle Risiken ein.

Dieser Tage erfuhren 1100 Unternehmensvertreter aus 55 Ländern, was das Wörtchen TINA mit Umweltschutz zu tun hat: "There Is No Alternative". Egal, wie Manager persönlich über die Bedrohung durch die Klimaerwärmung und andere Umweltprobleme denken, für den wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens spielen Umweltfaktoren eine immer wichtigere Rolle. Wer keine finanziellen Risiken eingehen will, muss sich um den Emissionshandel und Energiesparen kümmern, so der Appell auf dem Kongress "Premier Business Leadership Series", zu dem der Anbieter von Analysesoftware SAS Institute nach London geladen hatte.

Gestiegenes öffentliches Interesse am Umweltschutz

Der Klimawandel sei weltweit zu einem zentralen gesellschaftlichen und politischen Thema geworden und verlange daher auch von den Unternehmensführern ein umweltbewusstes Handeln, mahnte James Goodnight, Chief Executive Officer von SAS. "Die Aufmerksamkeit in den Medien ist hoch, Kunden sind wach geworden, und der CO2-Ausstoß ist ein Gesprächsthema in den Vorstandsabteilungen." Der Wandel hin zu einer emissionsarmen Ökonomie komme einer industriellen Revolution gleich. Doch Unternehmen hätten bisher nicht genügend Daten gesammelt, um die Kosten sowie die sozialen und wirtschaftlichen Folgen ihres Wirtschaftens anhand entsprechender Kennzahlen bemessen zu können. Dies sei aber nicht zuletzt wegen des Handels mit CO2-Zertifikaten notwendig.

Zu den prominenten Rednern in London gehört der Wirtschaftswissenschaftler Lord Stern of Brentford, der im Oktober 2006 mit seinem "Stern Review" die wirtschaftlichen Folgen der Erderwärmung aufgezeigt hatte.

Nur radikale Maßnahmen können noch helfen

"Die Unternehmen zahlen bisher nicht für die Schäden, die sie anderswo anrichten. Das muss sich ändern", forderte Stern. Nur radikale Maßnahmen könnten noch helfen, den CO2-Anstieg langfristig zu bremsen. "Was in den nächsten 20 bis 30 Jahren mit dem Klima passiert, ist allerdings schon nicht mehr zu beeinflussen." Es müsse ein Maßnahmenpaket geschnürt werden, das sich aus Preispolitik, Umwelttechnik, Wiederaufforstung und Emissionshandel zusammensetze. Ziel müsse es sein, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2050 um 50 Prozent zu senken.

Stern machte eindringlich klar, dass der Klimawandel unmittelbare Folgen für Unternehmen habe. So würden die materiellen und künftig vermehrt auch die Kreditrisiken durch Umweltprobleme verschärft. Ebenfalls nicht zu unterschätzen seien die Imageschäden, die ein rücksichtsloser Energieverbrauch und Umweltverschmutzung nach sich zögen. Kunden, Investoren und Fachkräfte würden Unternehmen den Ausführungen Sterns zufolge immer öfter an ihrer Umweltstrategie beurteilen. Dies sei zugleich eine Chance, da gute Taten und Vorbildlichkeit ein Unternehmen öffentlich aufwerten könnten.

Andrew Winston, Gründer und Berater von Eco Strategies, brachte ebenfalls die positiven Aspekt nachhaltigen Wirtschaftens zum Ausdruck." Über Jahrzehnte haben Unternehmen im Umweltschutz in erster Linie einen Kostenfaktor gesehen." Erst jetzt werde klar, dass er auch ein Wachstumsfaktor sei oder sich zumindest nicht negativ auf die Bilanz auswirken müsse. Vor allem in der Lieferkette würden Firmen wie Tesco, Unilever oder Marks & Spencer mittlerweile umweltspezifische Faktoren einbeziehen, indem sie bei Fertigung und Transport neue Maßstäbe setzten. Ein Beispiel sei auch der Handelsriese Wal-Mart, der mittlerweile von Zulieferern Angaben über den CO2-Ausstoß verlange. "Firmen, die nachweisen können, dass sie ihren Energieverbrauch und ihre CO2-Emissionen gesenkt haben, erhalten für ihre Waren einen besseren Platz in den Regalen."

Firmen nutzen Umweltschutz zur Imagepflege

Ebenso gebe es Beispiele, wie Umweltschutz relativ einfach helfe, bares Geld in der Produktion und den operativen Abläufen zu sparen. So brachte Winston das Beispiel des Chemiekonzerns DuPont, der durch neue Verpackungen und Verpackungsmaterialien jährlich 1,8 Milliarden Dollar einsparen und seine Energiekosten um weitere 400 Millionen Dollar im Jahr senken konnte. DuPont werde sich dadurch ein besseres Image verschaffen, ähnlich wie dies dem Autobauer Toyota durch den Hybridmotor seines Modells "Prius" gelungen sei. Ein anderes Beispiel sei der Ölkonzern Shell, von dem auch der TINA-Slogan stamme.

Wie Stern machte aber auch Winston deutlich, dass Umweltschutz keine Frage des Ob, sondern nur noch des Wie sei. Mehr denn je könne man heute weltweit die Grenzen eines unkontrollierten Wirtschaftswachstums erkennen. Vor allem die Knappheit an Trinkwasser und Rohstoffen entwickle sich zu einem Konfliktherd. "Die Öffentlichkeit, Investoren und Mitarbeiter stellen immer häufiger an Unternehmen die Frage, wie sie mit der Umwelt umgehen." Dies schließe auch die IT-Industrie ein, die laut Winston mittlerweile so viel Energie verbrauche und Klimagase ausstoße wie die Luftfahrt.

Industrienationen müssen mit gutem Beispiel vorangehen

Trotz aller Dramatik bemühten sich die Redner auf dem Kongress immer wieder darum, die durch Umweltschutz entstehenden Chancen zu betonen. Laut Stern ist inzwischen auf internationaler Ebene ein Dialog rund um den Nachfolger des Kyoto-Protokolls in Gang gekommen, den er sich bei Erscheinen seines Berichts noch nicht habe träumen lassen. Klar sei aber, dass Schwellen- und Entwicklungsländer von den Industrienationen als Hauptverursacher des Klimawandels mehr Engagement bei der CO2-Reduzierung forderten und einen einfachen Zugang zu Umwelttechnologien erwarteten.

Manager fühlen sich überfordert

Hoffen lässt zudem eine aktuelle Manager-Umfrage von McKinsey, wonach Umweltfragen, einschließlich des Klimawandels, mittlerweile als wichtiger Punkt auf der Agenda vieler Chief Executive Officer stehen. Die Untersuchung machte aber auch klar, dass es kein leichtes Unterfangen sei, die Folgen wirtschaftlichen Handelns für die Umwelt zu messen beziehungsweise die finanziellen Vorteile und Chancen eines umweltgerechten Wirtschaftens exakt zu berechnen. Viele soziale, politische, regulatorische und wirtschaftliche Faktoren seien zu berücksichtigen. Oft wissen Manager laut McKinsey daher nicht, wie und wo sie anfangen sollen.