Amazon ist der neue Walmart, und eBay wird "eher IBM", so stellt sich John Donahoe die Rollenverteilung auf den neuen digitalen Märkten vor. Jedenfalls blickte der eBay-Chef Anfang des Jahres in die Zukunft und stellte einen revolutionären Umbruch im weltweiten Einzelhandel in Aussicht.
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Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist der Verbraucher, der jetzt zunehmend Smartphone oder Tablet-Computer zum Bezahlen einsetzen werde. Und das könnte enorme Auswirkungen haben, denn die Grenzen zwischen Online-Handel und Einzelhandel lösen sich damit rasend schnell auf und verschwinden bald ganz, vertraute Donahoe dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" an.
eBay, als Handelsplattform gestartet, sieht sich nun selbst als Technologieanbieter und will in dieser Rolle zum Partner für die Handelsunternehmen werden. Über die Tochter Paypal mischen die Kalifornier bereits kräftig auf dem jungen Markt der mobilen Bezahlsysteme mit. So bietet das Unternehmen zum Beispiel QR-Shopping an:Handy einfach auf den QR-Code eines Produktes halten - zum Beispiel auf einem Werbeplakat -, bestätigen, und der Einkauf inklusive Zahlung ist vollzogen.
Mit Google gehört ein anderer mächtiger Internet-Gigant zu den Gegenspielern im Wettbewerb. Mit dem NFC-Chip des Handys macht er das Mobiltelefon zur elektronischen Geldbörse. "Google Wallet" heißt das Angebot.
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Deutschland ist zwar nicht das Mutterland der Internet-Riesen und damit auch nicht Schaufenster Nummer eins für die neuen mobilen Anwendungen im Zahlungsverkehr, doch auch hierzulande kommt einiges in Bewegung. Das jedenfalls meint Bernd-Josef Kohl, Experte für Mobile Payment beim IT-Dienstleister GFT Technologies. Er beobachtet den Markt seit Jahren und wundert sich schon lange, dass die Entwicklung nicht schneller voranschreitet. Doch jetzt hat sich etwas verändert. "Es ist auffällig, dass viele Start-ups aus der digitalen Wirtschaft auf sehr unterschiedlichen Feldern mit neuen Ideen und Innovationen im Ökosystem Mobile Payment mitmischen", so Kohl.
- Virtuelles Geld als Zahlungsmittel
Krypto-Währungen breiten sich aus, vor allem Bitcoins sind zum gesuchten Spekulationsobjekt geworden. Aber das Internet-Geld kann mehr, hat das Potenzial, den mobilen Zahlungsverkehr zu revolutionieren. Für die Finanzbranche gilt es, nicht nur die Gefahren zu sehen, sondern auch die Chancen. - Kryptowährung Bitcoin
Bitcoin ist in Sachen virtuelles Geld Vorreiter und die bekannteste Währung. Das Bitcoin-Netzwerk wurde am 3. Januar 2009 ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um ein Open-Source-Softwareprojekt auf Peer-to-Peer-Basis. Der Nutzer kann über sogenannte Bitcoin-Adressen Geld anonym von einer Wallet-Datei über das Netzwerk an andere Adressen überweisen. Im Gegensatz zu realen Währungen gibt es keine zentrale Institution, die Geld herausgibt. Stattdessen werden Bitcoins durch Rechenleistung in einem Mining-Verfahren generiert. Bitcoin hat sich als digitales Zahlungsmittel weltweit etabliert. - Kryptowährung PPCoin
PPCoins wurde nicht nur als alternative Krypto-Währung zu Bitcoin & Co. entwickelt, sondern versteht sich auch als ökonomischer Gegenentwurf. Ziel der PPCoin-Erfinger ist es vor allem, den gigantischen Energieverbrauch zu vermeiden, den das Mining im Bitcoin-Netzwerk hervorruft. Schätzungen zufolge belaufen sich die Kosten täglich auf rund 150 000 Dollar. Im PPCoin-Mining ist nicht die Leistungsstärke der CPU oder GPU für die „Gelderzeugung“ entscheidend, sondern eine Art Lotterieverfahren und der Kontostand des Nutzers. - Mining
Das virtuelle Geld wird durch hoch komplexe Rechenoperationen generiert, die theoretisch jeder ausführen kann, wenn er über die dafür notwendige Hardware verfügt. Bei diesem sogenannten Mining konkurrieren unzählige Teilnehmer eines riesigen Peer-to-Peer-Netzes darum, den nächsten Block von Bitcoins herstellen zu dürfen. Der große Konkurrenzkampf zwischen den Teilnehmern an diesem Wettbewerb soll verhindern, dass sich das Kryptogeld auf wenige Hände konzentriert. Das Mining-Verfahren wird aber wegen des hohen Energieverbrauchs stark kritisiert. - Keine Bank
Mit digitalem Geld lassen sich weltweit Überweisungen und Zahlungen zu minimalsten Gebühren abwickeln, ohne dass daran eine zentrale Clearing-Stelle wie etwa eine Bank beteiligt sein muss. Das Fehlen des Mittlers verringert die Kosten massiv. Aktuell kostet eine Überweisung zum Beispiel 0,0005 Bitcoins. - Geringere Kosten
Beglaubigte Bitcoin-Zahlungen sind nicht mehr rückholbar. Das verringert die Kosten, weil Dokumentation und Nachverfolgbarkeit von Zahlungen einen erheblichen finanziellen Aufwand verursachen, den die Banken an die Kunden weitergeben. - Mehr Sicherheit
Online-Händler müssen nicht mehr – wie bisher – zur Sicherheit Kundendaten sammeln, bevor sie ein Geschäft mit ihnen abschließen. Für mehr Sicherheit sorgt auch die Tatsache, dass die Privatsphäre derjenigen besser geschützt ist, die Transaktionen in Kryptowährungen ausführen, als bei Geschäften über konventionelle Geldinstitute. Der Grund: Transaktionsbewegungen können nicht zugeordnet werden.
So sind hierzulande die Player vor allem Neugründungen wie Sumup oder Payleven aus Berlin oder Mittelständler wie IT-Werke aus dem badischen Lahr. Der 1996 gegründete Dienstleister aus dem Südwesten der Republik ermöglicht es Biergärten und Supermärkten, die Kunden über deren Smartphones zur Kasse zu führen. Diese müssen sich lediglich online anmelden, eine App herunterladen, einen QR-Code abfotografieren und schließlich per PIN den Betrag bestätigen, um die Rechnung zu begleichen. Seit April ist die Firma mit der Lösung am Markt. Von jeder Zahlung, die die Kunden auslösen, erhält der Technologieanbieter 0,3 Prozent.
Einen anderen Ansatz verfolgt Sumup. Die Berliner wenden sich an Unternehmer aus dem Kleingewerbe, die bisher aus Kostengründen keine EC- oder Kreditkartenzahlungen annehmen konnten. Das ändert sich mit dem Einsteckmodul für Smartphones und Tablets, das Sumup präsentiert hat. - oder Mastercard-Daten werden wie bei einem herkömmlichen Lesegerät erfasst und per Hand auf dem Screen unterschrieben. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Payleven, ein anderes Start-up aus der Bundeshauptstadt.
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Die beiden haben eine Idee aufgegriffen, mit der in den USA das Unternehmen Square ins Rampenlicht getreten ist. Mit dem US-Start-up hat Twitter-Mitgründer Jack Dorsey einen weiteren Coup gelandet. Er setzt nicht beim Käufer an, sondern beim Verkäufer, indem er ihm eine Möglichkeit an die Hand gibt, einfach, günstig und überall Karten für Zahlungen anzunehmen. Die Zahl der Unternehmen, die das Modell kopieren, gibt Dorsey nur recht. In Europa ist iZettle aus Schweden der prominenteste Klon.
In Zukunft werde sein Modell aber unnötig sein, räumt Dorsey ein. Denn die Übertragung von Daten wird noch viel einfacher werden, wenn die Nahfeld-Kommunikation (Near Field Communication / NFC) sich dank NFC-Chips auf den Smartphones durchsetzen wird.
Ben Milne mit seinem Unternehmen Dwolla macht den etablierten Zahlungssystemen ebenfalls Konkurrenz. Nutzer können Geld auf ihr Konto bei Dwolla überweisen. Von dort aus bezahlen sie mittels einer Smartphone-App im Café ihren Cappuccino. Dazu müssen sie nur E-Mail-Adresse, Telefonnummer oder den Twitter-Namen des Empfängers eingeben.