Gründer des World Economic Forums sieht die Welt auf dem Weg zur Intelligence Society

16.05.2006
Executive Chairman Klaus Schwab warnt europäische Unternehmen auf dem SAS Forum vor der starken Konkurrenz aus Asien und fordert schnelles Handeln.

Zum Auftakt der in Genf abgehaltenen internationalen Kundenveranstaltung von SAS Institute, einem Anbieter von Business-Intelligence-Software (BI), erklärte Schwab, dass man sich auf dem Weg von einer Informationsgesellschaft hin zu einer kollaborativen Intelligence Society befinde. Diese charakterisiere sich durch eine vielfältige Netzwerk-basierende Kommunikation zwischen Unternehmen: "Die wirtschaftlichen Beziehungen werden auf der Interaktion ihrer Akteure in komplexen Ökosystemen beruhen und nicht mehr auf klassischen Transaktionen. Informationen und Wissen werden dabei zum wichtigsten Gut. Die gesamte Industrie muss ihre bisherigen Geschäftsmodelle überdenken", mahnte Schwab in seiner Keynote.

China auf dem Vormarsch

Es drohe allerdings die Gefahr, dass Europa in dieser vernetzten und globalen Wirtschaft keine prominente Rolle mehr spielen könnte: "Bis zur Mitte des Jahrhunderts wird China zur mächtigsten Wirtschaftsnation der Erde aufsteigen." Zählten heute 17 chinesische Unternehmen zu den Top 500 weltweit, so würden es bis 2012 bereits 50 sein. Einzig die drohende Ressourcenverknappung und -verteuerung könnte die Verschiebung des wirtschaftlichen Zentrums der Welt in Richtung Osten behindern. "Die wenigsten wissen, dass China schon heute (außer beim Energieverbrauch) der größte Ressourcenkonsument ist."

Mehr IT-Spezialisten als im Silicon Valley

Es werde zwischen Europa und dem Rest der Welt zu einem Kampf um talentierte Mitarbeiter kommen. Schon heute würden in China und Indien jedes Jahr vier Millionen Hochschulabsolventen mit IT- und Ingenieursausbildung ihren Abschluss machen: "In Bangalore gibt es heute 140 000 IT-Spezialisten, mehr als im Silicon Valley." Die Intelligence Society treibe die Globalisierung von Dienstleistungen voran und zwinge Unternehmen künftig immer mehr dazu, sich durch High-value added Services der Konkurrenz zu erwehren.

Mangelnde Einsicht

Schwab appellierte an die anwesenden Unternehmensvertreter, die aus seiner Sicht nötigen Reformen, insbesondere der Arbeitswelt, des Bildungssystems und der staatlichen Verwaltung in Europa aktiv zu unterstützen. "Es fehlt Vielen an der Einsicht, dass wir uns wandeln müssen." Gebe es Reformversuche, seien diese meist auf kurzfristige Effekte ausgelegt oder man debattiere wie in Deutschland viel zu lange und versuche allen Interessengruppen gerecht zu werden. Heraus kämen Ergebnisse, die die Bevölkerung nicht zufrieden stellen.

Weitere Hemmschuhe für einen Wandel sind laut Schwab die Auffassung, dass Reformen immer auch soziale Grundwerte zerstören würden, ferner die hohen Managerabfindungen und -gehälter in vielen Unternehmen, die zu Neid und Unwillen in der Bevölkerung führten, für Reformen Verzicht zu üben. Zudem würde die Überalterung der Gesellschaften und die Angst vor der Komplexität heutiger Prozesse und Märkte den Wandel erschweren. "Je später wir in Europa auf den wirtschaftlichen und sozialen Wandel reagieren, desto schwerer werden sich Reformen überhaupt noch umsetzen lassen!" (as)