Groupware vor neuen Herausforderungen

04.08.2005
Von Thorsten Wichmann* 

Traditionell wird meist das ERP-System als Herz der Unternehmens-IT angesehen, schließlich laufen hier die wirtschaftlich relevanten Informationen zusammen. Aber viele Unternehmen haben mittlerweile ein Doppelherz: Gewinnen doch die zentralen Messaging-, Groupware- und Collaboration-Plattformen immer mehr an Bedeutung, da in Un-ternehmen immer mehr Informationen über elektronische Kanäle ausgetauscht werden.

Anforderungen steigen

Die Anforderungen an diese zentralen Kommunikationsplattformen werden steigen. War ein Unternehmen vor einigen Jahren noch mit einem Mail- und Kalender-Server - also einfacher Groupware - recht gut bedient, so sind jetzt umfassende Collaboration-Plattformen gefragt, um die elektronische Kommunikation der Mitarbeiter optimal zu unterstützen.

Der erste Treiber hinter diesen neuen Anforderungen ist die technische Konvergenz von schriftlicher und Echtzeitkommunikation: E-Mail, Instant Messaging und Voice over IP werden über das gleiche Netzwerk abgewickelt, also liegt es nahe, ihre Administration auch in dieselbe Plattform zu integrieren.

Das bringt auch zusätzlichen Nutzen, wie das Beispiel "Presence", zeigt. Dieses Feature, das über den Anwesenheitsstatus von Mitarbeitern Auskunft gibt, ist ein integraler Bestandteil von Instant Messaging Software. Besonders in großen Unternehmen ist die Information hilfreich, ob ein Kollege im Haus, am Platz und erreichbar ist oder ob er vielleicht nicht gestört werden möchte.

Idealerweise sollte diese Information neben Instant Messaging auch für das Telefon gelten, das dann automatisch auf Voice Mail ge-schaltet wird. Eine Integration von VoIP-Server und Instant-Messagingserver ermöglicht solche Lösungen.

Mobile Endgeräte berücksichtigen

Zweiter Treiber: mobile Kommunikation. Der Siegeszug des Blackberry war nur der erste Schritt in der Mobilisierung der Unternehmens-IT. Mitarbeiter sind immer häufiger mit mobilen Endgeräten wie Smartphone, Blackberry oder PDA ausgestattet, mit denen sie von unterwegs E-Mails lesen sowie auf Kalenderdaten und Projektinformationen zugreifen wollen.

Damit das möglich wird, müssen mobile Endgeräte in den Informationsfluss integriert werden. Allerdings sollten dabei ihre geringeren Fähigkeiten im Vergleich zu Desktop-Rechnern berücksichtigt werden, genauso wie Administrations- und Sicherheitsaspekte. Auch die Collaboration-Plattformen müssen dazu deutlich aufgerüstet werden.

Unklare Zukunft

Dritter Treiber: Einbindung externer Partner. In vielen typischen Unternehmensprojekten sind neben internen Mitarbeitern auch externe Partner involviert, mit denen etwa Termine für Meetings koordiniert werden müssen. Was innerhalb des Unter- nehmens einfach über die Kalenderfunktionalität der Collaboration-Plattform geschehen kann, muss bei der unternehmens- übergreifenden Zusammenarbeit derzeit oft noch mühsam per Telefon geklärt werden.

Die Plattformen unterschiedlicher Anbieter müssen deshalb offener werden und stärker auf Standards setzen, um einen solchen Informationsaustausch auch zwi- schen verschiedenen Unternehmen zu ermöglichen.

Diese ganzen Anforderungen bedeuten für Anwenderunternehmen, dass mittelfristig eine umfassende Erweiterung oder gar ein Wechsel der Collaboration-Plattform ansteht - zumindest in kommunikationsintensiven Unternehmen.

Unklar ist derzeit noch, welches Softwaremodell sich am Markt durchsetzen wird: Umfassende proprietäre Lösungen wie Microsoft Exchange oder auf offenen Standards basierende Best-of-Breed-Anwendungen für die einzelnen Aufgaben. Doch allein schon, weil die Plattformen auch über Unternehmensgrenzen hinweg miteinander kommunizieren müssen, werden aber selbst proprietäre Lösungen in Zukunft wesentlich offener sein als die letzte Generation von Groupware. Denn ein stockender Informationsfluss wird für immer mehr Unternehmen gleichbedeutend mit einem Herzinfarkt. (ciw)