Wackelt Amelios Stuhl?

Großreinemachen bei Apple schont auch Topmanager nicht

28.02.1997

Für Aufsehen sorgte die Demission von Roizen. Sie war seit knapp einem Jahr für die Beziehungen der Macintosh-Company mit Software-Entwicklern verantwortlich. In dieser Funktion hatten ihr Insider der Branche rundweg erstklassige Qualitäten bescheinigt. Roizen habe als immer erreichbare Ansprechstation großen Anteil daran gehabt, daß sich die Kooperation zwischen Apple und der internationalen Softwaregemeinde erfolgversprechend entwickelte.

Sorge, ob Reorganisation erfolgreich sein wird

Der ranghöchste Manager, der das Headquarter in Cupertino verläßt, ist Marco Landi. Vor der gerade erst verkündeten Restrukturierung des Apfel-Unternehmens (siehe CW Nr. 7 vom 14. Februar 1997, Seite 6: "Apple reorganisiert...") bekleidete Landi den Posten des Chief Operating Officer (COO), danach war er als Vice-President weltweit für Sales und Support zuständig. "Im Kern hätte Marco einen deutlich weniger einflußreichen Verantwortungsbereich zugewiesen bekommen. Insofern war die Restrukturierung indirekt wohl der Grund dafür, daß er Apple verläßt", kommentierte Apple-CEO Amelio Landis Rücktritt.

Das "Wall Street Journal" zitiert Landi allerdings mit der Aussage, er habe sich Freunden gegenüber schon vor der Reorganisation besorgt über Apples Management insgesamt und dessen Chancen geäußert, dem angeschlagenen Unternehmen eine erfolgversprechende Kehrtwende zu verordnen.

Darüber hinaus haben binnen Wochenfrist die drei Senior Vice-Presidents Satjiv Chahil, John Floisand und Fred Forsyth das Unternehmen verlassen müssen. Chahil zeichnete verantwortlich für das Corporate Marketing, Floisand für die weltweiten Verkäufe, Forsyth stand der Powermac-Abteilung vor.

Amelio wird weiter mit der Aussage zitiert, er habe im vergangenen Jahr allen die Chance gegeben, zu zeigen, was in ihnen steckt. Letztendlich müsse er jetzt aber feststellen, daß Aufgaben nicht rechtzeitig erledigt wurden und die betreffenden Personen nicht in der Lage waren, für einen befriedigenden Auftragseingang zu sorgen. Auch hätten die Verantwortlichen es nicht geschafft, geeignete Werbekampagnen in Gang zu setzen. Nun sei die Zeit gekommen, schonungslos zu bilanzieren.

Momentan scheint aber nicht einmal mehr Amelio bei Apple sicher zu sein: Einem Bericht der "Financial Times" zufolge steht der Topmanager selbst im Kreuzfeuer. Kritiker werfen dem ehemaligen National-Semiconductor- und IBM-Mann vor, er sei Apples Probleme viel zu langsam angegangen. Darüber habe er das Vertrauen seiner Senior-Manager verloren. Das US-Magazin "Fortune" zitiert eine Apple-Führungskraft mit dem Vorwurf, Amelio treffe Entscheidungen viel zu zögerlich. Dadurch werde der gesamte Entscheidungsprozeß im Headquarter behindert.

Compaq-Chef Eckhard Pfeiffer hatte sich gegenüber der COMPUTERWOCHE ebenfalls sehr kritisch zu Amelio geäußert: "Der Kauf von Next war die Kurzschlußhandlung eines Managements, das mit dem Rücken zur Wand steht."