Green Card am Ende

10.01.2005
Von 
Ina Hönicke ist freie Journalistin in München.

Bei Case Consult dagegen geht, so Borchers, die Zusammenarbeit mit indischen Greencardlern reibungslos über die Bühne: "Wir sehen ihren Einsatz nicht ideologisch, sondern pragmatisch. Für unsere Dependance in Indien sind Kollegen, die hierzulande tätig waren, wichtig." Dass ausländische IT-Profis hier möglicherweise Offshore-Aufträge zugunsten von Anbietern in ihren Heimatländern vorbereiteten, kann sich der Berater nicht vorstellen: "Das funktioniert aufgrund der historischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen höchstens in den USA oder vielleicht noch in Großbritannien. Deutsche Kunden - und das gilt für ganz Kontinentaleuropa - wollen nach wie vor in ihrer Sprache und nicht in Englisch bedient werden."

Timu Thomas, Case Consult, sammelte viele nützliche Erfahrungen.

Zu den indischen Computerfachleuten, die bei Case Consult arbeiten, gehört Timu Thomas. Der 29-Jährige ist seit September 2000 als Projektleiter und Softwareentwickler für das Unternehmen tätig. Bevor er mit einer Green Card nach Deutschland kam, war Thomas bei der indischen Tochterfirma beschäftigt. Dorthin wird er wohl auch zurückkehren, wenn seine Arbeitserlaubnis im August nächsten Jahres ausläuft. "Und zwar mit jeder Menge Erfahrung im Gepäck", bilanziert Thomas.

Schließlich habe er in den vergangenen Jahren nicht nur die Forderungen der Kunden, sondern auch die deutsche Kultur und die Mentalitätsunterschiede kennen gelernt. Thomas: "In der Muttergesellschaft zu arbeiten bringt einschließlich des besseren Gehalts nur Vorteile mit sich." Er betrachtet die Jahre in Deutschland als wichtigen Meilenstein für seine weitere berufliche Zukunft.

Wie aber sieht die Situation der Green-Card-Inhaber insgesamt aus? Laut einer Untersuchung des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarktforschung waren bei der Arbeitsagentur München zwischen August 2001 und November 2002 knapp sieben Prozent der dortigen 1500 IT-Experten mit Green Card zumindest einmal arbeitslos gemeldet. Die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) hat festgestellt, dass im vergangenen Jahr eine große Zahl arbeitsloser ausländischer IT-Profis aus der Statistik verschwunden ist - wahrscheinlich, weil sie Deutschland verlassen haben.

Fest steht nur, dass eine ganze Reihe der Spezialisten, die mit der ersten Green-Card-Welle ins Land geholt wurden, in den vergangenen Jahren entlassen wurden. Nicht selten gehörten sie zu den ersten, die bei Firmenpleiten ihre Kündigung erhielten. Beim Arbeitsamt indes haben sich nur wenige gemeldet. Heinrich Dauer, Vermittler in der Münchner Arbeitsagentur: "Dass viele Green-Card-Besitzer Arbeitslosengeld beziehen, ist eine Erfindung mancher Zeitungen." Fest steht: Von den Ängsten der in die Bundesrepublik importierten und jetzt gekündigten Greencardler dringt wegen kultureller Besonderheiten nur wenig in die Öffentlichkeit. Das gilt vor allem für die indischen Computercracks. Sie fürchten, ihr Gesicht zu verlieren, wenn sie sich beklagen, und fahren lieber nach Hause, anstatt Arbeitslosengeld zu beziehen.