Green Card am Ende

10.01.2005
Von 
Ina Hönicke ist freie Journalistin in München.

Hörte man sich bei den Unternehmen um, so hieß es, die Green-Card-Aktion laufe an der Wirklichkeit vorbei. Die Bezahlung sei zu hoch, die Sprachbarrieren zu groß, die Einarbeitung und die Integration zu mühsam. Obwohl die Nachfrage nach den ausländischen Computerfachleuten enttäuschte, verlängerte die Bundesregierung im Jahr 2003 die Green-Card-Regelung bis zum Ende 2004.

Werner Dostal gehörte von Anfang an zu den Befür-wortern der Green Card.So wie die Green Card zu Beginn polarisierte, gehen auch heute die Meinungen über Sinn und Zweck der Initiative auseinander. Zu den Befürwortern gehört Werner Dostal vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. Dass die Green Card trotz aller Kritik bei den Unternehmen gut angekommen ist, belegen seiner Meinung nach die neuesten Zahlen. Bis heute wurde sie in 12875 Fällen für die erstmalige, in 4020 für die erneute Beschäftigung (Arbeitgeberwechsel) und in 1719 Fällen für die Fortsetzung der Beschäftigung erteilt.Schwierige Integration

Bis Ende November wurden 17775 Green Cards bewilligt. Der Arbeitsmarktexperte: "Damit ist die Schallmauer von 20000 Visa doch fast erreicht." Dostal räumt allerdings ein, dass die Integration der ausländischen IT-Profis mehr Probleme aufgeworfen habe als erwartet. So seien viele Unternehmen gezwungen gewesen, für die Betreuung der Green-Card-Kollegen zusätzlich Mitarbeiter abzustellen. Interessant findet Dostal, dass vor allem indische Greencardler, die die Lizenz in besonders großer Zahl erworben hätten, Deutschland oft bald wieder verlassen hätten. "Auch wenn es möglicherweise nicht von Anfang an geplant war, verdichtet sich der Eindruck, dass einige Inder als Pfadfinder oder gar Akquisiteure für indische Outsourcer gewirkt haben."

Bitkom-Referent Pfisterer sieht die vergangenen fünf Jahre für Unternehmen und ausländische IT-Experten gleichermaßen als gute Erfahrung. Die hochqualifizierten IT-Profis hätten die Wettbewerbssituation der Branche verbessert: "Selbst in einem regressiven Arbeitsmarkt benötigen wir in einer international aufgestellten Industrie wie der IT Green-Card-Inhaber. Sie bringen das Technologie-Know-how aus dem Ausland mit, kennen sich mit internationalen Projekten und unterschiedlichen Kulturen aus und sind zumeist zweisprachig." Diese Kompetenzen seien gerade für Outsourcing- und Offshoring-Projekte überaus wichtig. Pfisterer ist - im Gegensatz zu manchen Medienberichten - überzeugt, dass Green-Card-Inhaber nicht überdurchschnittlich häufig arbeitslos geworden sind: "Natürlich konnten Unternehmen sie nicht mehr weiter beschäftigen, wenn die Aufträge verloren gingen. Das gilt aber für deutsche IT-Profis genauso."

Jens Borchers, technischer Leiter bei der Case Consult CC GmbH in Wiesbaden, wiederum hat die ganze Green-Card-Initiative von jeher kritisch gesehen und fühlt sich heute bestätigt. Seiner Meinung nach haben die Voraussetzungen von Anfang an nicht gestimmt. Weder sei - anders als von einigen Lobbyisten dargestellt - die Personalknappheit auf dem deutschen Markt wirklich so groß gewesen, noch hätten die ausländischen IT-Kollegen so ohne weiteres eingesetzt werden können.

Borchers: "Warum holt man indische oder chinesische Hightech-Spezialisten nach Deutschland, anstatt sie in ihrer eigenen Heimat arbeiten zu lassen?" Seiner Meinung nach sind die Sprach- und Integrationsprobleme völlig unterschätzt und die Leistungen der Greencardler oftmals überschätzt worden. Wer gehofft hatte, fachliche Unterstützung beispielsweise bei der Geschäftsprozessoptimierung zu erhalten, sei schlichtweg blauäugig gewesen. Die meisten ausländischen Computerfachleute hätten nur als reine Programmierer eingesetzt werden können. Deshalb sei die Euphorie in vielen Unternehmen rasch der Ernüchterung gewichen.