Leitungsteam des Community-Projekts hat keine Einwände

Great Bridge will Open-Source-DB Postgres zur Erfolgsstory machen

02.06.2000
MÜNCHEN (ls) - Hinter "PostgreSQL", kurz Postgres, dem bekanntesten Datenbankprojekt der Open-Source-Community, steht jetzt eine Firma. Great Bridge will aus der preisgekrönten Entwicklung einen kommerziellen Erfolg machen.

Mit den etablierten Größen im Markt der relationalen Datenbanken möchte sich Frank Batten nicht gleich anlegen, von einem "Oracle von morgen" ist nicht die Rede. Aber von besten Perspektiven: "Die nächste große Sache für die Open-Source-Bewegung wird der Datenbankmarkt sein."

Batten wird ein guter Riecher für Open-Source-Startups nachgesagt. Der Chef des Medienkonzerns Landmark Communications hat früh in Red Hat investiert und mit dessen Börsengang einen zweistelligen Millionenbetrag verdient. Seither hat Landmark nicht nur Zeitungen, TV-Stationen und Kabelkanäle, sondern auch eine Abteilung für Startup-Investitionen.

Mit 25 Millionen Dollar staffiert Landmark nun Great Bridge (www.greatbridge.com) aus. Die Firma ist klar in der Hand der Medienleute. Alle Topmanager, sogar der Technologiechef (CTO) Robert Strickland, kommen von Landmark.

Daran soll sich aber bis zur offiziellen Gründung von Great Bridge im August dieses Jahres etwas ändern. Es heisst, bis zu vier Mitglieder des sechsköpfigen Teams, das das Community-Projekt PostgreSQL leitet, sollen in Spitzenpositionen bei Great Bridge aufsteigen. Als sicherster Kandidat, möglicherweise als neuer CTO, gilt Bruce Momjian, Autor eines Buchs über Postgres (siehe Kasten).

Dem Verdacht, Great Bridge versuche ein Community-Projekt zu übernehmen, tritt das Unternehmen entgegen. Die technische Entwicklung von Postgres soll unverändert die weltweit einige hundert Mitglieder starke freie Entwicklergemeinschaft bestimmen. Great Bridge möchte in einer immer wieder betonten Analogie zu Red Hat und Linux nicht das Produkt besitzen, sondern mit Add-ons, Support und Services Geld verdienen.

Great-Bridge-CEO Alfred Ritter, bisher Finanzchef bei Landmark, betont die Unabhängigkeit von Postgres: "Die Community wird das Produkt weiter entwickeln. Great Bridge wird ein aktives Mitglied der Community. Wir wollen Services und Support anbieten, die professionelle Anwender ermutigen, eine Open-Source-Datenbank zu nutzen."

Postgres ist vor allem im letzten Jahr über Open-Source-Kreise hinaus bekannt geworden, als das Produkt von der Zeitschrift "Linux-World" den Preis "Editors Choice" als beste Datenbank erhielt. Bisher war das DBMS eher durch den Entwickler-Hintereingang in professionelle Umgebungen gekommen, immerhin offiziell bei Firmen wie MGM Studios, Chrysler, 3Com etc.

Mehr in dieser Richtung erhofft sich Postgres-Kopf Momjian durch Great Bridge: "Im Internet hat sich Postgres schnell verbreitet, aber die kommerzielle Akzeptanz hat am Fehlen einer großen Supportorganisation gelitten. Trotz unserer großen Fortschritte mit dem Open-Source-Entwicklungsmodell ziehen es viele Unternehmen vor, den Datenbanksupport von einer vertrauenwürdigen, professionellen Firma zu bekommen. Ich freue mich, dass Great Bridge das machen will."

Postgres ist soeben in Version 7.0 erschienen. Die Datenbank wird weiterhin nach einer so genannten Berkeley-Lizenz vertrieben. Das bedeutet, das Unternehmen den offenen Sourcecode nach eigenem Gusto verändern können, ohne das Ergebnis - wie unter der General Public License von Linux - wiederum offen zur Verfügung stellen zu müssen.

Great Bridge betreibt momentan vor allem Datenbank-Marktstudien. Im März 2000 hatten sich die Initiatoren mit dem Leitungsteam von Postgres in San Franzisko getroffen und dabei nach Darlegung der Pläne zunächst einmal dessen Zustimmung zum Projekt eingeholt. Jetzt will das Unternehmen mit Marktanalysen und Anwenderbefragungen die Wünsche potenzieller Anwender klären, um danach den Business-Plan erstellen zu können.

Die Ergebnisse der Befragungen will Great Bridge dem Postgres-Projekt zur Verfügung stellen. Die Hoffnung ist dabei, dass die Community ihre Arbeiten in jene Richtungen beschleunigt, an denen professionelle Anwender besonderes Interesse zeigen. Great Bridge hat begonnen, ein "Test and Integration Lab" aufzubauen. Dies soll später auch mit Benchmark-Tests die Performance der Datenbank belegen.

Great BridgeCEO und President: Alfred Ritter

CTO: Robert Strickland

Marketing-Chef: David Mele

Finanzen: 25 Millionen Dollar Grundausstattung vom US-Medienkonzern Landmark Communications.

Besitzverhältnisse: 100-prozentige Tochter von Landmark, weitere Investitionen anderer Unternehmen in Kürze sehr wahrscheinlich. Börsengang für die nahe Zukunft geplant.

Geschäftsinhalt: Services und Support für die Open-Source-Datenbank "PostgreSQL" (Postgres), Vertrieb von Zusatzprodukten, Marktanalysen zu Open-Source-Datenbanken, Integrations- und Benchmark-Tests für Postgres.

Mitarbeiter: Derzeit vier, schneller Ausbau auf rund 120 in der ersten Entwicklungsphase geplant. Bewerber willkommen.

Kontakt: www.greatbridge.com

Basisdokumente zu Postgres unter anderem:

-Whitepaper,

-Bruce Momjian: "PostgreSQL: Introduction and Concepts", Manuskript eines Buchs, das demnächst bei Addison-Wesley erscheint.

Beide Dokumente kann man als PDF-File kostenlos von der Great-Bridge-Site downloaden.