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Google verstärkt Software-Ambitionen - "Kampfansage" an Microsoft

14.05.2007
Die Ankündigung von Google-Chef Eric Schmidt kam wie beiläufig und ganz harmlos daher. Auf der Aktionärsversammlung kündigte der CEO der führenden Internet-Suchmaschine den "nächsten Schritt in der Evolution" des Unternehmens an: Google werde sich auf die drei großen Säulen "Internetsuche, Anzeigen und Anwendungen" konzentrieren.

Der neue Fokus auf Anwendungen hat bei Microsoft bereits einige Unruhe ausgelöst. Der weltgrößte Softwarekonzern muss nach Ansicht von Beobachtern diese Aussage als direkte Kampfansage werten.

Mit einer Reihe von Anwendungen wie einem Kalender- und E-Mail-Programm sowie einem Online-Office-Paket hat Google in den vergangenen Jahren damit begonnen, sein Portfolio für Software sukzessive auszubauen. Damit trat Google erstmals in das Kerngeschäft der Firma von Bill Gates und Steve Ballmer ein. Die Chefs von Microsoft wurden immer wieder davon überrascht, wie die quirlige Google-Truppe eine Web-Anwendung nach der anderen online stellte. Im Gegenzug hatte es Microsoft wiederum trotz gewaltiger Investitionen nicht geschafft, dem Rivalen aus dem Silicon Valley im Suchmaschinen- und Online- Werbemarkt auch nur annähernd Paroli zu bieten.

Google konnte in der Vergangenheit die etablierte Software- und Internet-Wirtschaft öfter in Erstaunen versetzen. Dass zwei Studenten mit einer kostenlosen Suchmaschine einen milliardenschweren Online-Anzeigen-Markt aufbauen können, hätte im Jahr 1998 kaum jemand geglaubt. Als das Unternehmen mit dem Bunten-Bällchen-Logo im Sommer 2004 sogar an die Börse strebte, hielten das viele alte Effektenmarktstrategen für einen schlechten Witz. Das Vorhaben erinnerte wegen überzeichneter Papiere an das Platzen der Internet-Blase. Doch mit seinem Aktienwert überholte Google dann spielend Internet-Größen wie eBay, Yahoo! und Amazon. Ein Jahr später galt der Börsengang als eine der größten Erfolgsstorys in der Internet-Branche.

Auch nach fast neun Jahren hat Google sein Image als unkonventionelle, etwas verrückte Company nicht abgelegt. Die Ankündigung Schmidts sei möglicherweise weniger ein Strategiewechsel als endlich eine Möglichkeit für Google, den Aktionären die vielen ­ scheinbar - unkoordinierten Aktionen verständlich zu machen, schätzt die "New York Times". Und das Image einer harmlosen Gemeinde fantasievoller Studenten schürt Google-Mitbegründer Larry Page weiterhin gern: Noch immer sei Google ein Start-up-Unternehmen, erklärte Page sogar auf der jüngsten Aktionärsversammlung. Doch möglicherweise macht genau dieses selbst gewählte Bild die Konkurrenz wegen seiner Unberechenbarkeit nervöser.

Die Firmenkulturen von Microsoft und Google könnten gegensätzlicher nicht sein. Während Microsoft vielfach den Ruf eines riesigen Bürokraten und gnadenlosen Monopolisten hat, gebärdet sich Google auch nach neunjähriger Erfolgsgeschichte zumeist als studentische Vereinigung von Gutmenschen. Google wolle doch nur das Wissen der Menschheit demokratisieren und für alle verfügbar machen. Bei aller chaotischen Entwicklung hat die Unternehmenspolitik von Google aber eine Konstante gezeigt: In den meisten Fällen ist der Suchmaschinenbetreiber seinen großen Rivalen stets einen Schritt voraus ­ und dabei stets äußerst profitabel.

Abzuwarten bleibt aber, wie lange das Unternehmen sein freundliches Image noch aufrechterhalten kann. Nicht allein in Europa verstärkt sich der Widerstand gegen die "Datenkrake" Google, die zuletzt mit der geplanten Übernahme des Online-Vermarkters DoubleClick für 3,1 Milliarden Dollar die Rivalen Microsoft und Yahoo! aufgeschreckt und einander in die Arme getrieben hat. Bei der wachsenden Datensucht von Google nehmen die kritischen Stimmen selbst im Heimatland USA zu. Allerdings hat Google auch vor gut einem Jahr bei einer groß angelegten Datenanfrage der US-Regierung Widerstand gezeigt, während andere Onlinedienste wie AOL, MSN und Yahoo! bereitwillig die Datensätze übergaben.

"Zu viele Informationen über uns alle gelangen in die Hände eines einzigen Unternehmens - nämlich die von Google", sagte Jeff Chester, Leiter der US-Datenschutzorganisation Center for Digital Democracy, dem Branchendienst "Cnet". Der Verband forderte bereits die US-Handelskommission FTC und die Europäische Union auf, die Fusion von Google und DoubleClick aus Datenschutz- und kartellrechtlichen Gründen nicht zu gestatten. (dpa/tc)