IFA

Google TV soll den Fernseher zur Internet-Maschine machen

22.08.2012
Immer mehr Nutzer gehen mit dem Fernseher ins Netz - und wo immer jemand online ist, will Google nicht fehlen.

Daher hat der Suchmaschinen-Riese mit "Google TV" eine Plattform entwickelt, die die große, weite Welt des Internets ins Wohnzimmer bringen soll. Das Unternehmen kopiert ein Modell, mit dem es in einem anderen Markt durchschlagenden Erfolg hat: Wie bei den Smartphones bietet es ein Betriebssystem an, das Gerätehersteller kostenlos auf Fernsehern oder Set-Top-Boxen einsetzen können. Im Gegenzug lockt es die Nutzer zu seinen eigenen Diensten. Sony bringt das erste Gerät im September auf den deutschen Markt. Die Konkurrenz ist allerdings groß.

Google TV sei kein Ersatz fürs klassische Fernsehen, sondern eine Ergänzung, betont Google-Manager Christian Witt. Das System bringe zusätzliche Inhalte auf den "besten Bildschirm" im Haus, den Fernseher. "Wir glauben, dass ein sehr großer Bedarf besteht, einen leichten und intuitiven Zugang zu bekommen", erklärt der Manager, der in dem TV-Projekt für die Zusammenarbeit mit Partnern zuständig ist.

Eine erste Version brachte Google bereits vor zwei Jahren in den USA heraus - allerdings ohne durchschlagenden Erfolg. Nach einigen Überarbeitungen startet das Unternehmen nun den zweiten Versuch. Sony ist der wichtigste Partner, der japanische Konzern vermarktet seine Geräte mit Google TV demnächst in neun Ländern. Weitere Partner sind Samsung, LG und Vizio.

Google will mit leichter Bedienbarkeit und einem breiten Medienangebot punkten. Dafür hat das Unternehmen zu einem die Navigation angepasst. Das auf dem mobilen Betriebssystem Android basierende Google TV reagiert nicht auf Finger-Gesten, sondern auf Eingaben per Fernbedienung. Zum anderen liegen viele Inhalte aus dem Netz nur einen Tastendruck entfernt. Der Browser Chrome etwa ist integraler Bestand des Systems. "Wir wollen den vollen Zugang zum Internet ermöglichen", sagt Witt.

Videos können Zuschauer bald über die Online-Plattform Google Play ausleihen. Für Abwechslung sorgen außerdem zwei bewährte Elemente aus der Google-Welt. Zum einen YouTube: Für seine Plattform für kostenlose (und durch Werbung finanzierte) Videos hat das Unternehmen eine für Fernseher optimierte Anwendung entwickelt. Zum anderen Apps: Ein Teil der mehr als 600.000 Programme für Android-Geräte ist auch für Couch-Surfer auf dem großen Bildschirm nützlich, zum Beispiel Nachrichten, Wettervorhersage, Foto-Präsentation oder Spiele. 1000 Apps aus dem mobilen Bereich seien derzeit für Fernseher verfügbar, mehr als 150 aus den USA optimiert für das große Display, sagt Witt.

In Deutschland gibt es Google TV zunächst als externe Settop-Box: Sony bringt bald nach der IFA einen Internet-Player mit dem sperrigen Namen NSZ-GS7 heraus. "Wir wollen jeden Fernseher in die Lage versetzen, zu einem Google TV zu werden", sagte Sony-Manager Michael Willenborg. Dafür müssen Nutzer nur die 200 Euro teure Box per HDMI an den Bildschirm anschließen. Ob der japanische Konzern künftig Fernseher von vornherein mit Google TV ausstattet, ließ er offen.

Sony liefert die 200 Euro teure Box mit einer fürs Surfen angepassten Fernbedienung aus. Sie enthält neben den üblichen Elementen ein Touchpad, über das Nutzer mit einfachen Gesten den Zeiger auf dem Bildschirm steuern können. Auf der Rückseite ist eine Tastatur, die die Eingabe von Text erleichtert. Zudem integriert der Konzern über sein Sony Entertainment Network eigene Unterhaltungsangebote.

Ob Zuschauer auf die beliebten Mediatheken der deutschen TV-Sender zugreifen können, ist noch nicht klar. Eigene Apps gibt es dafür im Moment nicht, die Videos von ARD, ZDF und RTL ließen sich aber bei einem Test über den Browser abrufen. Ob das beim Verkaufsstart immer noch so ist, wollen die beiden Unternehmen aber nicht garantieren. Beim ersten Anlauf in den USA sperrten nämlich manche Sender Google TV aus.

Der Markt ist allerdings heftig umkämpft. Viele Fernseher haben bereits einen Internetanschluss, Spielkonsolen wie Playstation 3 und Xbox 360 dienen längst als Medienzentrale. Auch an Set-Top-Boxen mangelt es nicht. So liefern etwa die Anbieter von Kabel-TV eigene Geräte aus. Interessant sind auch Ansätze wie das Streaming-Portal myTVlink.de, das über die populäre "Volksbox" auf den Fernseher gebracht werden kann. Und Google trifft natürlich auch in diesem Segment auf seinen großen Rivalen Apple, der bislang mit seiner kleinen Streaming-Box "Apple TV" auf dem Markt ist und dem große TV-Pläne nachgesagt werden. (dpa/tc)