Google plant seine eigene Wissensplattform

21.12.2007
Auf "Google Knol" sollen Autoren Fachbeiträge, Produktkritiken und Tipps zur Problemlösung publizieren und an den Werbeeinnahmen beteiligt werden.

Der Name des neuesten Google-Projekts ist eine Kurzform für "Knowledge", das englische Wort für Wissen. Benutzer sollen hier ihre Kenntnisse und Informationen für alle Welt zugänglich machen. Aufgrund dieser Charakterisierung sehen viele Marktbeobachter und Berichterstatter darin ein Konkurrenzvorhaben zur Wikipedia. Google Knol unterscheidet sich jedoch in einigen wesentlichen Punkten von der freien Enzyklopädie.

Namentlich genannteFachleute statt Anonymität

Ein wichtiger Unterschied zwischen dem geplanten Google-Service und der Wikipedia besteht darin, dass Knol die Autoren in den Vordergrund rücken will. Die Verfasser sollen mit ihren Namen für die Qualität der Texte bürgen und notfalls auch dafür haften. Im Gegensatz dazu sind Einträge in der Wikipedia ein Community-Produkt, zu dem viele Autoren beisteuern. Sie geben sich entweder gar nicht oder nur mit einem Pseudonym zu erkennen. Google nimmt mit seinem Konzept eine gängige Kritik an der Wikipedia auf, wonach Experten dort aufgrund einer antielitären Haltung we-nig geschätzt würden. Larry Sanger, Mitbegründer der freien Enzyklopädie, startete mit "Citizendium" deshalb ein Gegen-projekt, das die Verlässlich-keit von Informationen gewährleisten soll, indem sie von anerkannten Fachleuten überprüft werden.

Google möchte mit Knol eine Wissensplattform anbieten, die sich keineswegs auf Einträge in der Grundform ("Lemma") nach dem Muster von Enzyklopädien beschränkt. Vielmehr sollen dort auch andere Textsorten entstehen, etwa Ratgeber oder Anleitungen. Damit würde der Service im englischen Sprachraum mit populären Sites wie WikiHow, ProductWiki oder Lifehacker konkurrieren. Wie die meisten dieser Dienste erhält auch Knol eine Reihe von Community-Funktionen, etwa die Möglichkeit, Texte zu kommentieren oder über ein Punktesystem zu bewerten. Außerdem können Besucher Fragen an die Autoren stellen und den Text ergänzen.

Im Gegensatz zu der im Web 2.0 gängigen Praxis, Besucher für den von ihnen beigesteuerten Content nicht zu entschädigen, möchte Google die Verfasser von Knol-Texten an den erzielten Werbeeinnahmen teilhaben lassen. Damit ergeben sich für solche Autoren ähnliche Verdienstmöglichkeiten wie für Blogger, die als "Adsense"-Partner Google-Anzeigen schalten. Mit diesem Anreiz könnte Knol auch Wissenschaftsverlagen Fachautoren abspenstig machen, weil diese dort zumeist kein Honorar für ihre Arbeit erhalten.

Interessantes Umfeld fürGoogles Werbeanzeigen

Aus der Sicht von Google besteht der Nutzen eines erfolgreichen Knol darin, dass dem Unternehmen damit ein weiteres Umfeld für Werbung zur Verfügung steht. Wie alle anderen Services des Suchmaschinenbetreibers verhält sich auch die neue Wissensdatenbank komplementär zum Kerngeschäft. Anhänger der These, wonach sich Knol besonders gegen die Wikipedia richte, stützen sich auf die Tatsache, dass die freie Enzyklopädie keine Werbung zulässt. Gleichzeitig dominiert sie die Suchergebnisse von Google, wo einer Studie zufolge bei 27 Prozent aller Anfragen ein Wikipedia-Eintrag auf Platz eins erscheint.

Bisher wenig Erfolg fürGoogles Community-Tools

Nicholas Carr, der Autor von "IT doesn‚Äòt matter", sieht in Knol eine Revanche von Google für "Wikia Search". Es handelt sich dabei um ein Suchmaschinenprojekt von Jimmy Wales, dem Begründer der Wikipedia, der sich immer wieder abschätzig über die algorithmische Web-Suche ?† la Google geäußert hat. Er möchte die Relevanz der Beiträge über das Feedback menschlicher Besucher ermitteln.

Trotz der großen Aufmerksamkeit, die die Ankündigung von Google Knol hervorrief , ist es keineswegs ausgemacht, dass das Vorhaben erfolgreich sein wird. Gerade bei Community-orientierten Diensten machte der Suchmaschinenanbieter bisher keine allzu gute Figur. So stellte er "Google Answers", eine Art Vorläufer von Knol, mangels Nachfrage ein. Auch Google Video konnte sich gegenüber Youtube nicht durchsetzen, so dass Google die Videoplattform übernahm. Schließlich enttäuschte auch das als Ebay-Killer ausgerufene "Google Base" bisher alle Erwartungen. (ws)