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Buchsuche

Google hat schon über 10 Millionen Bücher gescannt

30.07.2009
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.

Das Settlement Agreement

Der in den USA angestrebte Vergleich sieht vor, dass Google vor allem urheberrechtlich geschützte Bücher, die nicht mehr verlegt werden ("vergriffen" sind), wieder öffentlich zugänglich machen will. Dazu würden 20 Prozent der Seiten solcher Bücher als Vorschau ins Netz gestellt. Wer das ganze Buch lesen will, kann den Online-Zugriff - via Browser - darauf kaufen. Dabei sind auch Abonnements für Firmen und Organisationen geplant. Die Urheber erhielten dann 68 Prozent der Einnahmen, die Google mit Werbung und Käufen/Abonnements erzielen würde.

Dieses neue Zugriffsmodell wäre der Standard für urheberrechtlich noch geschützte, aber nicht mehr verlegte Bücher. Ein Rechteinhaber könnte aber jederzeit entscheiden, dass er diese Funktion lieber abschalten möchte - neudeutsch nennt man das "Opt-out". Google würde überdies ein unabhängiges und gemeinnütziges Buchrechte-Register finanzieren, das von Autoren und Verlagen betrieben würde. Das Register würde die von Google im Rahmen des Vergleichs ausgeschütteten Einnahmen sammeln und verteilen sowie idealerweise die Zahl "verwaister" Bücher verringern.

Urheberrechtlich geschützte und immer noch verlegte Bücher könnte man über Google zwar suchen (und finden), aber keinen Einblick in den Inhalt nehmen. Rechteinhaber, die sich dem Vergleich anschlössen, könnten entscheiden, ob sie das beschriebene neue Zugangsmodell nutzen oder lieber am Partnerprogramm von Google teilnehmen wollen. Die offiziellen Book-Search-Partner könnten ebenfalls die neuen Funktionen Onlinekauf und Institutionelle Abonnements aktivieren, wenn sie dies wünschen.

Außerhalb der USA würde Google den Zugriff auf die von dem US-Vergleich betroffenen Titel mittels IP-Blocking sperren. Technisch versiertere Nutzer könnten das natürlich leicht umgehen. Für die meisten Surfer dürfte diese derzeit einzig praktikable technische Maßnahme allerdings eine ausreichend hohe Hürde darstellen.

Den Verkauf der Online-Nutzung von Büchern (jedoch nicht als "Großkundenabo") plant Google laut Annabella Weisl übrigens auch in Deutschland - jedoch nur für Werke, die Google über das Partnerprogramm offiziell zugänglich gemacht wurden. Dieser E-Commerce dürfte bereits Ende dieses Jahres starten, die Details müssen allerdings noch finalisiert werden.

Als Partner ist Google bücher nicht zuletzt für Verlage mit vielen wenig verkauften Titeln ("long tail") interessant, die darauf angewiesen sind, möglichst einfach gefunden zu werden. Julius Mittenzwei vom Buchsuche-Partner GRIN-Verlag berichtete von monatlich immerhin 250.000 Page Impressions der GRIN-Titel bei Google bücher und einer höheren Conversion Rate als auf den verlagseigenen Webseiten.

Der Publizist und Journalist Florian Felix Weyh erklärte, dass er nach anfänglichen Vorbehalten Google bücher mittlerweile sehr sinnvoll und nützlich findet. Unter anderem, weil Bücher von Verlagen inzwischen immer früher (zum Teil schon nach einem Vierteljahr!) verramscht werden. Viele Autoren lebten allerdings noch immer im "Rentenparadigma", unter dem das Urheberrecht ursprünglich einmal ersonnen wurde. Er, so Weyh, sehe einen Verlag zunehmend nur noch als Bank, der die Arbeit an einem Buch über einen Vorschuss finanziere. Bis das Netz so weit sei, dass er seine Leser darüber direkt und ohne zwischengeschalteten Verlag in ausreichender Zahl erreiche, sei Die Google-Buchsuche eine gute Möglichkeit, neue Interessenten für die eigenen Texte zu gewinnen. Sehr lesenswert ist übrigens Weyhs Polemik "Google - der große Literatur-Räuber?" für das "Deutschlandradio Kultur".

Google bücher und auch die Erläuterungen dazu (RTFM, wie man so schön sagt) sollte sich jeder Interessierte einmal selbst in aller Ruhe ansehen. Besonders viele Menschen können das bis jetzt eigentlich nicht getan haben, andernfalls hätte es viele Berichte und Diskussionen in den letzten Monaten gar nicht geben dürfen.

Noch gar nicht richtig über den großen Teich geschwappt ist übrigens eine neue Debatte über Googles Buchsuche, das Settlement Agreement und den Datenschutz. Die Bürgerrechtler von der Electronic Frontier Foundation (EFF) laufen bereits Sturm; Googles Antwort klingt allerdings durchaus überzeugend.

Hinweis: Dieser Text basiert im Wesentlichen auf einem (etwas subjektiveren) Blog-Beitrag, den der Autor bereits gestern Abend veröffentlicht hat.