Workspace Suite für lau

Google greift Microsofts Office-Burg an

21.02.2022
Von  und
Matthew Finnegan lebt in Großbritannien und schreibt für unsere US-Schwesterpublikation Computerworld zu den Thema Collaboration und Enterprise IT.
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Mit neuen innovativen Funktionen und dem kostenlosen Einführungsangebot "Workspace Essentials Starter" für Geschäftskunden hofft Google, die Microsoft-Dominanz im Office-Geschäft aufzubrechen.
Google Workspace soll mit einem Schwerpunkt auf Teamarbeit Microsofts Office-Dominanz brechen. Google lockt Business-Kunden mit einem kostenlosen Angebot. Dafür müssen sie allerdings ihre Firmen-E-Mail-Adresse angeben.
Google Workspace soll mit einem Schwerpunkt auf Teamarbeit Microsofts Office-Dominanz brechen. Google lockt Business-Kunden mit einem kostenlosen Angebot. Dafür müssen sie allerdings ihre Firmen-E-Mail-Adresse angeben.
Foto: IB Photography - shutterstock.com

Google hat seinen Workspace-Anwendungen neue Funktionen hinzugefügt, darunter automatische Dokumentzusammenfassungen und die Möglichkeit, Google Maps in Texte einzubetten. Die Änderungen bauen auf dem Smart-Canvas-Konzept auf. Es war im vergangenen Jahr mit dem Ziel vorgestellt worden, die Anwendungs-Suite zu modernisieren, indem verschiedene Tools in einem gemeinsamen All-in-One-Arbeitsbereich zusammengeführt werden.

Zu den im Google-Blog vorgestellten Funktionen gehörten damals die Smart Chips. Mit ihnen lassen sich in Textdokumenten @-Symbole einfügen, hinter denen User dann beispielsweise Gmail- oder Workspace-E-Mail-Adressen, Google-Dokumente, -Tabellen oder -Präsentationen finden können. Jetzt wurde auch ein Smart Chip für Google Maps vorgestellt: Docs-Nutzer können damit eine Kartenvorschau in ein Dokument einbetten. Der Smart Chip generiert ein Thumbnail, über das schnell Standortinformationen eingebunden werden können, sowie einen Link zum Zugriff auf Maps in einer Sidebar. Wann diese Funktion zur Verfügung stehen wird, ist allerdings noch nicht bekannt.

KI-Algorithmus in Google Workspace fasst Texte zusammen

Zu den interessanteren Funktionen gehören auch die Google-Docs-Zusammenfassungen. Nutzer können sich damit einen automatisch generierten Textüberblick über die wichtigsten Punkte in einem Dokument anzeigen lassen. Der Kurztext wird von einem KI-Algorithmus erstellt, lässt sich dann aber auch manuell vom Nutzer bearbeiten. Die Funktion ist ab sofort für Workspace-Benutzer verfügbar.

In den kommenden Wochen sollen auch Vorlagen für E-Mail-Entwürfe herauskommen. Damit können Gmail-Nutzer auf Knopfdruck einen vorher geschriebenen Content in einen vorgefertigten E-Mail-Entwurf umwandeln, wobei die relevanten Felder schon automatisiert ausgefüllt sein sollen.

Verfügbar ist nun auch das bereits angekündigte Pageless Format für eine bessere Zusammenarbeit mehrerer Personen an Dokumenten. Laut Google sind heutige Textverarbeitungen auf Seiten- beziehungsweise Druckansichten ausgelegt, weniger auf die Zusammenarbeit. Mit dem Pageless Format heben User laut Google die "Grenzen einer Seite auf" und erstellen eine Oberfläche, die sich von selbst an die verwendeten Geräte und Bildschirme der Teammitglieder anpasst.

Das Pageless Format soll in Workspace Arbeitsgruppen unterstützen

So sollen Arbeitsgruppen gerade an Dokumenten mit umfangreichen Tabellen, großen Bildern oder detaillierten Kommentaren einfacher zusammenarbeiten können. Wollen sie ein Dokument ausdrucken oder in eine PDF-Datei konvertieren, können Sie wieder zu einer paginierten Ansicht zurückkehren.

"Die Aktualisierungen von Workspace waren dringen nötig", kommentiert Raúl Castañón, Senior Analyst bei 451 Research. Google Docs habe schon seit mehreren Jahren einer Generalüberholung bedurft. Mit den Smart-Canvas-Updates könne das Unternehmen die Lücke zu Microsoft und zu aufstrebenden Konkurrenten wie Coda und Notion schließen. Auch diese Anbieter verfolgten neue Ansätze für die Dokumentenerstellung.

Wie die Marktforscher in ihrer Studie "Voice of the Enterprise" herausfanden, finden viele Office-Nutzer die mangelnde Vernetzung ihrer Anwendungen hinderlich. Beklagt wird, dass Informationen in den verschiedenen Anwendungen isoliert seien (28 Prozent), die Integration zwischen den Anwendungen nicht ausreiche (26 Prozent) und Schwierigkeiten bei der anwendungsübergreifenden Kooperation bestünden (21 Prozent).

Die Grenzen zwischen den Anwendungen verschwinden

Angela Ashenden, Principal Analyst bei CCS Insight, stellt fest: "Es geht nicht mehr nur um traditionelle Textverarbeitungsdokumente. Inhalte nehmen alle möglichen Formen an und werden auf unterschiedlichste Weise genutzt." Laut Ashenden verschwinden die Grenzen zwischen den Anwendungen in Google Workspace, und die Möglichkeiten der Apps, die realen Arbeitsabläufe der Mitarbeiter zu unterstützen, lassen sich besser nutzen.

Rund um Workspace kündigte Google auch an, die Benutzerkonten in seinem sozialen Unternehmensnetzwerk Currents (Profiversion von Google+) Anfang 2023 zu Spaces migrieren zu wollen. Spaces war im vergangenen Sommer vorgestellt worden und ist eine Neuauflage der Google Workspace Chat Rooms. Diese sind der zentrale Ort für den Wissensaustausch und das gemeinsame Vorantreiben von Projekten.

Google Currents muss Spaces weichen

Im Zuge der Vorbereitungen auf die Migration der Konten wird Google damit beginnen, solche Funktionen aus Currents zu entfernen, auf die Nutzer nur selten zugreifen. Die Entscheidung, Currents durch Spaces zu ersetzen, kommt laut Ashenden nicht überraschend - vor allem angesichts der Produktstrategie, die Google jetzt für Workspace verfolgt. Spaces werde darin zu einem Schwerpunkt für künftige Produktinnovationen.

"Currents hat nie wirklich seine Nische im Unternehmensmarkt gefunden", bilanziert Ashenden. "Obwohl eine kleine Anzahl von Kunden immer noch darauf vertraut, um Online-Communities zu unterstützen, passte es nicht wirklich gut in die breitere Kollaborations- und Produktivitätsstrategie von Google." Sie sei neugierig darauf, wie exakt Google die Currents-Funktionen rund um Online-Communities und Top-Down-Kommunikation in Spaces integrieren werde.

Castañón fügt hinzu, dass Google sein Portfolio straffen müsse, um die Nutzererfahrung insgesamt zu verbessern. Currents und dessen Vorgänger Google+ seien im Kontext der sozialen Netzwerke für Unternehmen entstanden, ein Ansatz, der an Bedeutung verloren habe, weil viele der Funktionen in andere Anwendungen abgewandert seien.

"Spaces spiegelt die aktuelle Dynamik an den Arbeitsplätzen besser wider", so der Analyst von 451 Research. Die Kunden erhielten eine virtuelle Arbeitsumgebung, die Echtzeit- und asynchrones Engagement ermögliche. Das sei ein anderer Ansatz als die einseitige Top-Down-Kommunikation, wie sie in sozialen Unternehmensnetzwerken üblich sei, so Castañón.

Mit Geschäfts-Mail-Adresse Zugang zu Workspace Essentials Starter

Um Unternehmenskunden in die Google-Workspace-Welt zu locken, lässt sich der Internet-Konzern immer wieder etwas Neues einfallen. Derzeit können Anwender mit einer geschäftlichen E-Mail-Adresse das kostenlose Essentials-Starter-Konto nutzen, für das es laut Google keinen begrenzten Testzeitraum gibt. Für IT-Verantwortliche, die ständig gegen Schatten-IT kämpfen und zudem einen guten Support zu schätzen wissen, ist das vermutlich keine gute Nachricht.

Neben Docs, Tabellen und Präsentationen für die Zusammenarbeit an Dokumenten gehört Google Meet als Videokonferenz-Angebot zum Paket, wobei 1:1-Calls unbegrenzt und Gruppengespräche ab drei Personen für 60 Minuten täglich zur Verfügung stehen. Zum Lieferumfang gehört zudem der Online-Speicher Google Drive (bis 15 GB kostenlos) und Google Chat für Direktnachrichten und Gruppenunterhaltungen. Anwender können darüber hinaus Jamboard als digitales Whiteboard nutzen, Google Task für die Selbstorganisation,

Google wirbt damit, dass mehr als 100 Dateitypen (auch MS-Office und PDFs) gemeinsam bearbeitet werden können und sich Teammitglieder via Dashboard zu Arbeitsgruppen hinzufügen lassen. Mitgeliefert wird auch ein Microsoft-Outlook-Plugin für Google Drive und Google Meet. MS-Office-Dateien lassen sich in Google Drive hochladen und können dann mit Docs, Tabellen und Präsentationen bearbeitet werden. Dabei werden die Änderungen automatisch im MS-Office-Originalformat gespeichert. (hv)