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Unzensierte Suche

Google geht auf Konfrontationskurs mit Peking

23.03.2010
Der US-Internetkonzern Google hat im Streit mit der Regierung in Peking seine Drohung wahrgemacht und bietet für China eine Suchmaschine ohne Zensur an.

Wer die Seite google.cn besucht, wird seit Montag auf die Version für Hongkong umgeleitet, in deren Ergebnissen politisch heikle Treffer nicht herausgefiltert werden. Google eskaliert damit den Zensur-Streit mit Peking und muss damit rechnen, den Zugang zum lukrativen chinesischen Markt zu verlieren. Die chinesische Regierung reagierte empört auf die Entscheidung und sprach von "unerhörten Anschuldigungen wie auch Verhalten".

Google habe "seine schriftlich gegebenen Zusagen" nicht eingehalten, zitierte die amtliche Nachrichtenagentur am Dienstagmorgen (Ortszeit) einen für das Internet zuständigen Behördenvertreter. "Das ist vollkommen falsch", fügte der namentlich nicht genannte Sprecher hinzu.

Der US-Konzern hatte im Januar nach einem breit angelegten Hacker-Angriff angekündigt, Pekings Zensur-Anforderungen nicht mehr befolgen zu wollen und notfalls auch einen Rückzug aus China in Kauf zu nehmen.

Die kommunistischen Regierung verlangt von westlichen Internet-Unternehmen, dass sie zum Beispiel Informationen über Tibet oder die blutige Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 herausfiltern. Die chinesische Regierung hatte unmissverständlich gewarnt, dass Google mit Konsequenzen rechnen müsse, falls der Konzern auf die vorgeschriebene Zensur verzichtet.

In der Volksrepublik China gibt es bis auf die Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macao keinen freien Zugang zum Internet. Google betrachte die Umleitung in die ehemalige britische Kolonie als völlig legale Lösung, betonte Chefjustiziar David Drummond in einem Blog-Eintrag am Montag. Google hoffe, dass Chinas Regierung den Schritt respektieren werde. "Obwohl wir uns bewusst sind, dass sie den Zugang zu unseren Diensten jederzeit blockieren kann", schrieb Drummond. Google hat eine Monitoring-Seite aufgesetzt, auf der man sehen kann, welche Dienste des Konzerns in der Volksrepublik China erreichbar sind und welche nicht.

Google hatte seine Haltung zu der von Peking verordneten Zensur nach dem Hackerangriff auf seinen Email-Dienst GMail Ende vergangenen Jahres überdacht. Die Attacke sei nach China zurückverfolgt worden, hatte es geheißen. Das Unternehmen beharrt nun auf seinem neuen Kurs, weltweit entschiedener gegen Zensur vorgehen zu wollen. China hatte Google zuletzt vorgeworfen, den Streit zu politisieren.

Der chinesische Internet-Markt gilt als äußerst lukrativ und zukunftsträchtig. Google, mit Abstand der weltweite Marktführer bei Suchmaschinen und Internet-Werbung, hat im "Reich der Mitte" jedoch einen schweren Stand. Das Unternehmen startete in China relativ spät und liegt deutlich hinter dem chinesischen Konkurrenten Baidu.com zurück.

Google wolle andere Aktivitäten in China wie sein Forschungszentrum weiterbetreiben, schrieb Drummond. Schon in den vergangenen Wochen waren aus dem Unternehmen jedoch Zweifel laut geworden, ob die chinesischen Behörden das zulassen werden.

Die Google-Aktie wechselte mit der Ankündigung von Gewinnen in die Verlustzone und verlor zum Handelsschluss in New York 0,45 Prozent auf 557,50 Dollar. Das Papier des Konkurrenten Microsoft ging hingegen zeitgleich auf Erholungskurs. (dpa/tc)