Firmengründer Wien nimmt das Steuer wieder selbst in die Hand

GMO AG trennt sich von Soba und verdreifacht Aktienkapital

31.01.1992

HAMBURG (qua) - Die GMO AG, Hamburg, hat sich von ihren Anteilen an der Soba Software AG, Köln, getrennt. Da der GMO-Gründer Hasso Wien gleichzeitig tief in die eigene Tasche griff, erhöhte sich das Aktienkapital um insgesamt 11,5 Millionen auf 18,1 Millionen Mark. Wien besitzt nun eine Zweidrittel-Mehrheit an dem Beratungsunternehmen, dessen Vorstandsvorsitz er wieder übernehmen wird.

Seit die GMO Ende 1990 die Aktienmehrheit (78 Prozent) an der Soba erwarb, rätselte die Branche, ob und wie sich die vom damaligen Vorstandsvorsitzenden Niklaus Dobler beschworene "Synergie" realisieren lassen würde. Dobler hatte die schwierige Aufgabe übernommen, einen Anbieter von Standardsoftware für Midrange-Rechner in ein bis dato weitgehend auf Professional Services im (IBM-)Mainframe-Bereich spezialisiertes Beratungsunternehmen zu integrieren. Erwartungsgemäß trugen beide Seiten bald die ersten blauen Flecken davon (siehe CW Nr. 29 vom 19. Juli 1991, Seite 2 sowie CW Nr. 30 vorn 26. Juli 1991, Seite 1).

Seit Ende des vergangenen Jahres muß das Experiment als gescheitert gelten: Abgesehen von den wenigen kleinen Soba Einheiten, deren Integration in die GMO bereits abgeschlossen war, gaben die Hamburger ihre Anteile an dem Kölner Softwarehaus wieder ab. Der neue Eigentümer ist in Wirklichkeit ein alter - Franz-Ludwig Solzbacher, der das Unternehmen 1979 zusammen mit seinem Bruder Ferdinand aus der Taufe gehoben hatte.

Selbstverordnete Schlankheitskur

Dem Thema Fertiglösungen für Midrange-Systeme widmen die Hamburger nach wie vor einen eigenen Unternehmsbereich, in dessen Mittelpunkt das vor etwa einem Jahr akquirierte Frankfurter Softwarehaus Abax steht. Das Angebot der GMO Midrange Systems zielt jedoch nicht auf die "mittelständische" Klientel, sondern auf Großanwender mit dezentralen Strukturen.

Im Zuge der selbstverordneten "Schlankheitskur" hat die GMO AG zusätzlich Personal im Verwaltungsbereich abgebaut und den Vorstand auf drei Personen begrenzt. Neben Wien, der Anfang April offiziell den Vorsitz übernehmen wird, teilen sich Karl-Heinz Gädig und Detlef Münchow die Verantwortung für die GMO-Geschicke, wobei ersterer das Kerngeschäft Professional Services (64 Prozent des Umsatzvolumens) betreut und letzterer den vor zwei Jahren gegründeten Bereich Management-Consulting (Beitrag zum Umsatz: 15 Prozent) unter seine Fittiche genommen hat.

In die Abstellkammer verbannt wurde der bislang für die New Yorker Nynex Corp. reservierte Vorstandssessel. Die US-Company hatte es bereits im Sommer vergangenen Jahres abgelehnt, ihr finanzielles Engagement bei der GMO weiter auszubauen - sicher nicht zuletzt aufgrund eigener Ertragsprobleme (siehe CW Nr. 32 vom 9. August 1991, Seite 56). Nachdem die Hamburger ihr Aktienkapital von 6,6 Millionen auf 18,1 Millionen Mark erhöht haben, machen die von Nynex gehaltenen GMO-Anteile nur noch 17 Prozent aus.

Die im vergangenen Jahr 650 Köpfe starke GMO-Belegschaft ist auf 430 Mitarbeiter zusammengeschrumpft. Ohne den Soba-Anteil betrug der Umsatz 1991 lediglich 76 Millionen Mark. Wie das GMO-Management beteuert, ist damit die Talsohle durchschnitten. Für 1992 erwarten Wien, Münchow und Gädig Einnahmen von 82 Millionen Mark, die bereits zu mehr als 60 Prozent durch Aufträge abgedeckt seien.