Großforscher steht an der Spitze der Mannesmann-Tochter:

GMD-Oberhaupt Szyperski als Vordenker bei Kienzle

14.03.1986

VILLINGEN (lo) - Gute Vorbilder wie Professor Karl Heinz Beckurts habe er ja, meint Professor Dr. Norbert Szyperski zu dem "Personaltransfer" aus Universität und Großforschung in die Herstellerpraxis als Vorsitzender der Geschäftsführung der Mannesmann Kienzle GmbH in Villingen/Schwennigen. Dort steht er als Vordenker im Kurs - etwa für Entwicklungen in Bürokommunikation und computerunterstütztem Fabrikbetrieb.

Gespräche über einen "neuen Mann" in der Schwarzwälder Beletage wurden schon seit längerem geführt. Nachdem der "Sanierer" Francesco Tato, der den "Turnaround" bei der DV-Tochter von Mannesmann in die Wege leitete, im Oktober 1984 das Unternehmen in Richtung Italien verließ, führten die drei Kienzle-Geschäftsführer - Ex-IBMer Wilhelm Jägers im Marketing und Vertrieb, Heinz Neuhaus als Finanzchef und Leiter Technik Herbert Kleiser - das Unternehmen kollegial.

Der Wechsel an die Spitze eines Industrieunternehmens vollzog sich für den jetzt 54jährigen Professor der Betriebswirtschaftslehre in zwei Stufen. Er schlug bereits 1981 den Weg zur Praxis als Vorsitzender des Vorstandes der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) in Bonn ein. Sein Weggang von der Großforschungseinrichtung sei keine Fluchtbewegung, kommentiert Szyperski: Im Gegenteil gelte es für ihn, die Verbindung von Wissenschaft und Praxis - einem Hauptanliegen während seiner Tätigkeit auch als Direktor am Kölner Betriebswirtschaftlichen Institut für Organisation und Automation (Bifoa) - in einem "prototypischen" Personaltransfer zu verwirklichen.

Dem Unternehmen im Schwarzwald will Szyperski längerfristige Orientierung auf das Panier schreiben, dies sei das "Lebenselixier", das notwendigerweise verabreicht werden müsse, wenn sich ein Patient von einer Krankheit erholt habe. Als jene Markierungssteine, mit denen die Mannesmann-Tochter die nächsten Jahrzehnte erfolgreich überstehen könne, seien die Weiterentwicklung der Informationstechnik und der Branchenzuschnitte auf den strategischen Wegen zu finden. Mit dem Konzernumfeld Mannesmann solle zudem Synergie hergestellt werden.

Als Ressort obliegt Szyperski die Leitung der Unternehmensplanung. Zudem wird er eine Akzentuierung im Bereich der Entwicklungsarbeiten mit besonderem Gewicht auf bisherige GMD-Aktivitäten versuchen. In Einklang mit dieser Perspektive stehen auch die Ankündigungen des Schwarzwälder Managements, den Ausbau der Rechnerfamilie 9000 zu einem "Mehrzweck-Clan" in Richtung Bürokommunikation zu erweitern und Werkzeuge wie CAD/CAM oder CIM zu unterstützen.

Bei der GMD befaßt sich noch der Aufsichtsrat mit der Frage, wer die Nachfolge Szyperskis antreten soll.