Glücksfall IKD

17.10.1980

Keine Frage, daß der vierte Internationale Kongreß für Datenverarbeitung (IKD)) in Berlin von seinem Neuheiten-Angebot her für den Anwender nicht sehr ergiebig war. Dieser IKD dokumentierte: Es herrscht Ruhe an der Hardware- und Software-Front. Darüber konnten auch vereinzelte Scheingefechte einiger Weichware-Dogmatiker nicht hinwegtäuschen.

Über die Software-Krise ist alles gesagt. Waschanleitungen gibt es nicht. Auch wer Patentrezepte gegen die Mangelkrankheit im Ausbildungsbereich suchte, mußte sich im Internationalen Congress Centrum Berlin verloren vorkommen.

Nochmal: Wer Hilfe für die tägliche Arbeit am Computer mitnehmen wollte, mußte nachher nicht fürchten, mit "Ober"-Gepäck erwischt zu werden.

Und doch erwies sich der IKD 1980 als Glücksfall, weil er Denkanstöße vermittelte (siehe Seite 0. Die IKD-Organisatoren haben erkannt: Die Berliner Veranstaltung darf nicht zu einem DV Technokraten-Treff verkommen, auf dem das gegenseitige "Sich-auf-die-Schulter-Klopfen" geübt wird. So ließ man DV-Kritiker zu Wort kommen, die auf die gesellschaftliche Verantwortung der Datenverarbeiter hinwiesen. Dazwischen eingestreut Aussagen von Frauen über "Frauen in der EDV". Auch dies neu für ein DV-Festival vom Range des IKD.

Das Problem bleibt: Lassen sich DV-Spezialisten mit derartigen Themen von ihren Schreibtischen weglocken? Das Ergebnis des Kongresses ist ermutigend. Man wird wohl Außenseiter wie Parslow oder Fehrmann beim nächsten Mal stärker beteiligen. Anders wäre der lKD nicht zu retten. In seiner neuen Form hat er eine solide Zukunft.

Ex und hopp

Besorgt zeigt sich die DV-Beratungsbranche über die Entwicklung im Computermarkt "Mittelstand". Die Chefs kleinerer und mittlerer Unternehmen fühlten sich unsicher bei DV-Entscheidungen. Schlimmer noch: Die Zahl der Bruchlandungen ungeübter Computer-Piloten nehme überproportional zu. So spreche man bei vielen Erstanwendern bereits vom "Ex-und-hopp-Computer": Einmal und nie wieder! Alles in allem: Mit der Computer-Euphorie, so die Consulter, kam auch die Computer-Pleite.

Etliche DV-Kritiker bewerten den "Rechner im Haus" denn auch als "unnötig wie ein Kropf" allenfalls als "etwas zum Renommieren und Spielen".

Zurück ins Service-Rechenzentrum zu gehen, ist ein Trend, der sich bei Erstanwendern immer mehr durchzusetzen scheint.

Die Gründe für diese Resignation sind schnell aufgezahlt Trotz sinkender Hardwarepreise wird das Datenverarbeiten insgesamt teuerer- "handliche" Informationssysteme werden jedoch selten realisiert.

Da kann einem schon der Gedanke kommen daß Hardware-Hersteller und MDT-Berater versagt haben. Und genau diese Vermutung scheint sich zu bestätigen, wenn man sich bei Erstanwendern umhört.

Fairerweise muß jedoch gesagt werden daß der Vorwurf die Falschen trifft - zumindest was die Berater anlangt. Was nützt der beste Organisations-Vorschlag, wenn er nicht befolgt wird. Tatsache ist doch, daß ungezählte Analysen in den Schreibtischen der Anwender verschwinden. Den Beratern wäre gewiß wohler, wenn von den kleineren und mittleren Unternehmen eines erkannt wird: Wer A sagt (wie Analyse), der muß

auch R sagen. Und R steht hier für Roßkur.