Glückliche Entwickler - arme Support-Mitarbeiter

24.04.2001
Von in Alexandra
Wer verdient wieviel? Die Antwort gehört in den meisten Unternehmen zu den am besten gehüteten Geheimnissen. Die IG Metall vergleicht mittlerweile zum dritten Mal die Gehälter in der IT-Industrie und kommt zu dem Schluss, dass das Wachstum der Branche sich nicht in gleicher Höhe im Gehalt widerspiegelt.

„Durchschnittlich sind die von uns untersuchten Gehälter in der IT-Industrie um drei Prozent gestiegen. Die Tarifverträge geben die Vorgabe“, erläutert Dieter Scheitor, Teamleiter IT-Industrie bei der IG Metall. Allerdings gebe es in Einzelfällen durchaus höhere Gehaltssprünge. Dass auch bei gleichen Positionen und Aufgaben das Einkommen enorm unterschiedlich sein kann, ist eines der wichtigsten Ergebnisse der Studie.

Quelle: The European Commission
Quelle: The European Commission

„Die Spanne zwischen dem Mindest- und Höchstgehalt bei den einzelnen Jobs wird immer größer“, so Scheitor.

Relativ harmlos sind die Unterschiede noch bei Berufseinsteigern. So können sich IT-Azubis nach der dreijährigen Lehrzeit auf ein Anfangsgehalt zwischen 53 000 und 57 000 Mark einstellen. Die besten Verdienstaussichten haben nach Abschluss der Lehre IT-System-Elektroniker und Informatik-Kaufleute, die mit durchschnittlich 57 846 Mark rechnen können. Danach folgen IT-Systemkaufleute mit 57 291 Mark und Fachinformatiker mit 53 843 Mark. Auch bei den Hochschulabsolventen bewegen sich die Anfangsgehälter in einer vergleichsweise geringen Spanne zwischen rund 66 000 und 91 000 Mark. Unterschieden wird hierbei meist nach Art des Hochschulabschlusses: Während Universtätsabsolventen der Fachrichtung Informatik oder Ingenieurwissenschaften durchschnittlich 82 000 Mark erwarten können, müssen sich Fachhochschüler derselben Fachrichtungen mit durchschnittlich 76 000 Mark und Abgänger von Berufsakademien mit 75 000 Mark begnügen.

Auffällig groß werden die Unterschiede allerdings bei einzelnen Jobprofilen. Nicht nur die Einzelgehälter liegen oft Welten voneinander entfernt, sondern auch die Gehälter, die die einzelnen Firmen für den entsprechenden Job zahlen. Im Bereich IT-Consulting beispielsweise kann ein Seniorberater je nach Unternehmen im Jahr 63 000 Mark, aber auch 153 000 Mark verdienen. Für den Manager in der ersten Führungsebene, der wirtschaftliche und personelle Verantwortung trägt, ist die Spanne mit einem Jahresverdienst zwischen 91 000 und 233 000 Mark sogar noch gewaltiger. Die IG Metall führt solche Bandbreiten in den einzelnen Jobs auf die „unterschiedlich gelebten Gehaltssystemen in der Branche und den ausgesprochen lebhaften Arbeitsmarkt im Erhebungszeitraum“ zurück, wie es in der Studie heißt.

Auch für Gewerkschaftsvertreter Scheitor sind die großen Gehaltsbandbreiten ein Hinweis auf den verzerrten Arbeitsmarkt: „Gerade Jobhopper können ein firmeninternes Gehaltsgefüge durcheinanderbringen. Bringen sie die gesuchten Qualifikationen mit, steigen sie oft mit einem viel höheren Gehalt ein als ihre Kollegen, die schon länger in der Firma sind.“ Gut, das heißt über Tarif, bezahlt werden nach den Erfahrungen von Scheitor vor allem die gesuchten Experten wie Datenbankadministratoren oder Manager von großen Netzwerken. Auf der Gewinnerseite stehen auch die Leiter von Rechenzentren mit Jahresgehältern zwischen 82 000 und 150 000 Mark, die so gut wie keine Überstunden machen müssen. Von 262 Personen gab nur einer an, Mehrarbeit leisten zu müssen. Vergleichsweise schlecht, das heißt zum Teil unter Tarif, bezahlt sind dagegen die niedrigeren Funktionen im Rechenzentrum. So bekommen Operatoren, die die RZ-Ressourcen überwachen, steuern und aktivieren, jährlich nur zwischen 48 000 und 77 000 Mark.

Einen weitaus größeren Gehaltsspielraum gibt es im Bereich der Softwareentwicklung: Direkt nach dem Hochschulstudium verdient ein System- oder Anwendungsentwickler im Schnitt etwa 70 000 Mark, das Gehalt steigt dann mit wachsenden Aufgaben an. Mit Berufserfahrung können sich Softwareingenieure schon auf durchschnittlich 88 000 beziehungsweise 100 000 Mark einstellen. Kommt die Aufgabe eines Projektleiters und die fachliche Verantwortung für die Mitarbeiter dazu, erhöht sich der Verdienst auf durchschnittlich 138 000 Mark, wobei auch hier eine große Spanne zwischen 106 000 und 182 000 Mark vorliegt.

Die IG-Metall-Studie zeigt aber auch, dass mit den leitenden Positionen im Bereich Softwareentwicklung auch eine höhere Arbeitsbelastung einhergeht. Bei Projektingenieuren und Projektleitern gab im Schnitt jeder zweite an, Überstunden zu machen, während bei den Softwareingenieuren nur die Minderheit regelmäßig mehr arbeiten muss. Mit wachsender Verantwortung steigen auch die variablen Gehaltsanteile, die noch zum Jahresgehalt dazu kommen können. Während sich bei Berufseinsteigern im Bereich Softwareentwicklung diese Anteile nur bis knapp 10 000 Mark im Jahr belaufen, können Softwareingieure bis 32 000 Mark und Projektleiter bis zu 61 000 Mark zusätzlich erhalten. Am höchsten sind die variablen Bestandteile naturgemäß im Vertrieb. Hat ein Vertriebsbeauftragter ein Zielgehalt von durchschnittlich 117 000 Mark im Jahr, kann mit 97 000 fast die gleiche Summe als variabler Bestandteil dazukommen.

Auch im Bereich Hardewareentwicklung bekommen Ingenieure oder Elektroniker ein vergleichsweise gutes Gehalt. Für Entwickler, die etwa Fertigungsprozesse betreuen, liegt der Jahresdurchschnitt bei etwa 84 000 Mark, für Seniorentwickler, die die Produktion planen, einführen und fachlich betreuen, liegt er bei etwa 110 000 Mark. Am besten schneiden auch im Bereich Hardware die Leiter der Entwicklung ab, die zwischen 130 000 und 179 000 Mark verdienen.

Im Gegensatz zur Soft- und Hardwareentwicklung müssen sich Mitarbeiter im Bereich Service und Support auch mit niedrigeren Gehältern begnügen. Junior- oder Servicetechniker, die einfache Netze, Workstations oder Standard-Server installieren und warten, kommen im Jahr auf durchschnittlich 65 000 Mark beziehungsweise 71 000 Mark. Die untere Verdienstgrenze fängt in dieser Gruppe aber schon bei 35 000 Mark an. Bessere Aussichten haben im Support-Bereich die Spezialisten, die als Systemingenieure komplexe Probleme lösen oder als Kundendienstleiter auch Kostenstellen- und Personalverantwortung haben: Bei ihnen geht die Studie von einem durchschnittlichen Jahresgehalt zwischen 85 000 und 164 000 Mark aus.

Bereits zum dritten Mal hat die IG Metall eine Studie über Gehälter in der IT-Industrie aufgelegt. Dafür hat die Gewerkschaft eng mit den Betriebsräten zusammengearbeitet, die rund 20 000 Einzeldaten aus 35 Unternehmen mit rund 60 000 Beschäftigten lieferten. Der Großteil der Daten stammt aus größeren Firmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern. Regionale Schwerpunkte waren München, Stuttgart, die Regionen Rhein-Main und Rhein-Ruhr. Die Daten wurden im letzten Quartal 2000 ermittelt.

Die 140seitige Studie kann zu einem Preis von 15 Mark per E-Mail rhein-main.projekt@igmetall.de oder bei der Union-Druckerei per Fax 069/7952242 bestellt werden. Mehr Informationen zur Gehaltsstudie gibt es bei der IG-Metall-Bezirksleitung in Frankfurt am Main unter der Rufnummer 069/66933306.