Post in der Klemme

Globales Frachtgeschäft verdirbt Prognose

30.10.2015
Treibende Kraft in der weltweiten Logistik will die Post 2020 sein, verspricht Vorstandschef Appel. Aber in der Frachtsparte floppt das neue Computersystem und belastet die Bilanz. Nur Probleme des Übergangs, beschwichtigt der Konzern. Doch die Lage ist ernst.

Erst sind es die Auswirkungen eines massiven Streiks, dann spielen die Schwächen eines Computersystems im globalen Frachtgeschäft der Deutschen Post einen Streich. Wenige Tage vor der Veröffentlichung der Quartalszahlen tritt der Vorstand auf die Bremse und kassiert überraschend seine Gewinnprognose für 2015. "Wir treffen alle notwendigen Maßnahmen, um unsere Unternehmensbereiche optimal für den Erfolg in den kommenden Jahren vorzubereiten", beteuert Konzernchef Frank Appel. Doch zunächst sieht es ziemlich düster aus.

Dass die Dinge in Bonn derzeit nicht so rund laufen wie erhofft, begründet der Post-Chef mit einem "Jahr des Übergangs". Man wolle späteren Belastungen vorbeugen, sekundiert Finanzchef Larry Rosen und packt in die Gewinnwarnung vom Mittwochabend gleich noch 200 Millionen Euro an weiteren Belastungen mit rein. Die mittelfristigen Ziele aus der Konzernstrategie für 2020 seien aber nicht gefährdet, betont Rosen. Doch das Ziel, dass am Ende mehr als 5 Milliarden Euro als operatives Ergebnis dastehen, scheint weiter in die Ferne zu rücken. Für 2015 ist mit 2,4 Milliarden Euro nicht einmal die Hälfte dieser Summe in Sicht.

Diesmal treiben nicht Brief- und Paketzusteller dem Vorstand die Sorgenfalten auf die Stirn. Vielmehr ist es das globale Frachtgeschäft der DHL, das seit einiger Zeit schwächelt - auch wegen harter Konkurrenz und geringerer Nachfrage. Mit einem Jahresumsatz von zuletzt 14,9 Milliarden Euro steuert die Sparte zwar ein Viertel zum gesamten Konzernumsatz bei, aber nur knapp 10 Prozent zum operativen Gewinn. Laut Rosen liegen die Gewinnmargen in dem DHL-Bereich zum Teil deutlich niedriger als bei der Konkurrenz.

Zu gern würde der Finanzchef die Marktführerschaft des Konzerns in entsprechend starke Gewinnbeiträge ummünzen. Erst Ende April installierte die Post überraschend ein neues Management, das die Frachtsparte lenkt. Ziel: Kosten einsparen und die Ertragswende schaffen. Doch bislang ist die Sache vor allem ziemlich teuer.

Einen dicken Batzen verschlingt allein ein Computersystem mit dem Namen NFE. Eigentlich sollte es helfen, die Geschäftsabläufe zu optimieren, doch jetzt erweist es sich als Flop. Die Dienstleister IBM und SAP sind schon länger dabei, NFE einzurichten, auch im Ausland. Doch das System sei extrem anfällig, diagnostiziert Rosen. Trete an einer Stelle ein Fehler auf, führe dies sofort zum Zusammenbruch des gesamten Systems.

Hat die Post also auf das falsche Pferd gesetzt? Völlig ausrangieren will der Vorstand die Technik derzeit nicht und gibt IBM und SAP noch eine Chance. Parallel sucht das Management nach anderen Möglichkeiten, aus bestehenden Systemen eine Gesamtlösung zu zimmern. "Evolution statt Revolution", nennt Rosen das.

So oder so, für das IT-System NFE hat die Post viel Geld investiert. Seit Jahren arbeitet der Konzern an der Umstellung, schon Anfang 2013 berichtete der Vorstand von "guten Fortschritten". Zweieinhalb Jahre später kommt die Rolle rückwärts: In fünf Ländern, in denen NFE schon läuft, wechselt die Post zurück auf die alten Systeme. Allein diese Umstellung soll Monate dauern.

In der Bilanz schlägt der Flop mit fast 350 Millionen Euro zu Buche. Tatsächlich aber dürften die Kosten erheblich höher liegen. Schließlich bremst der Umstellungsprozess schon länger die normalen Geschäftsabläufe, jedes Quartal drückte dies auf den Gewinn der Sparte. Über die Gesamtkosten des Projekts hüllt sich Rosen in Schweigen. Bleibt die Frage, wer das Desaster zu verantworten hat. Mit Schuldzuweisungen an IBM und SAP hält sich die Post-Spitze jedenfalls bisher zurück. (dpa/tc)