Glasfaserstreit: Kai-Uwe Ricke frisst Kreide

29.11.2005
Der Telekom-Chef stellt der Konkurrenz späteren Zugriff auf das neue Netz in Aussicht.

Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke schlägt im Streit um das in 50 Städten geplante Glasfasernetz der Telekom moderatere Töne an. So besteht er zwar weiterhin auf einem zeitweiligen Ausschluss der Konkurrenten, will diesen aber später den Zugang eröffnen. Das Magazin "Capital" zitiert den Manager mit den Worten: "Wir haben durchaus ein Interesse, auch anderen die vielen Möglichkeiten der neuen Infrastruktur anzubieten."

Böse Zunge lästern bereits, dass Ricke auch dringend auf die Konkurrenz und Einnahmen aus der Weitervermietung angewiesen sei, denn für die Telekom alleine rechne sich die Investition von drei Milliarden Euro wohl kaum. Pro Hauptverteiler müsse das Unternehmen in den 50 Städten rund 80 000 Euro investieren, so ein Branchenkenner gegenüber der computerwoche. Jeder Hauptverteiler versorge im Schnitt rund 400 Teilnehmer.

Rechnet sich das Netz?

Davon ausgehend, dass pro Hauptverteiler etwa zehn Prozent der Kunden DSL nutzen, ergebe dies pro Kunde eine Investition in Höhe von 2000 Euro. Lege man nun eine monatliche Grundgebühr von 50 Euro zugrunde, so bekomme die Telekom ihr Geld erst nach drei Jahren und vier Monaten wieder herein. Die Kosten für den späteren Netzbetrieb sind bei dieser Kalkulation noch nicht berücksichtigt. Zwar könnte sich die Beispielrechnung mit mehr Kunden zugunsten der Telekom verschieben, doch viele Experten bezweifeln, ob für die geplanten Triple-Play-Angebote aus TV, Internet und Telefon hierzulande wirklich ein großer Markt existiert. Schließlich ist Deutschland etwa im Vergleich zu den USA mit kostenlosem DVB-T- und digitalem Satellitenempfang sowie über 25 freien TV-Programmen geradezu verwöhnt.

Unabhängig davon, ob sich das Telekom-Projekt rechnet und Ricke bereit ist, sein Netz später für die Konkurrenz zu öffnen, beschäftigen die Ausbaupläne der Telekom bereits die EU-Kommission. So schrieb EU-Kommissarin Viviane Reding, in Brüssel für TK-Fragen zuständig, einen Brief an Matthias Kurth, den Präsidenten der Bundesnetzagentur, in dem sie ihre Bedenken gegenüber der Regulierungsentscheidung zum Ausdruck brachte. Kurth rechtfertigte im Gegenzug die deutsche Entscheidung damit, dass die Entwicklung neuer Internet-Dienste wie etwa hoch auflösendes Fernsehen nicht durch die Regulierung behindert werden dürfe.

Sieht man einmal von den regulatorischen Fragen ab, könnte die Öffnung des Glasfasernetzes auch aus praktischen Gründen scheitern. Angesichts der engen Platzverhältnisse in den Hauptverteilern, die nicht einfach vergrößert werden können, ist es fraglich, ob genügend Raum für das Equipment der Konkurrenten vorhanden ist. Sollte sich dieser Zweifel bestätigen, dann dürfte vielen Wettbewerbern nichts anderes übrig bleiben, als die Telekom-Produkte lediglich weiterzuverkaufen. (hi)