Breitband im Rekordfieber

Glasfasern kitzeln an der Petabit-Grenze

29.08.2008
Von Gerhard Kafka
Glasfasern sind im Networking der Stoff, aus dem die Träume sind: Rund um den Globus werden ständig neue Geschwindigkeitsrekorde gesetzt, um die künftigen Multimedia-Inhalte quasi in Echtzeit von A nach B transportieren zu können.

Die Hersteller von kommerziellen Übertragungssystemen, Forschungseinrichtungen rund um die Welt sowie Netzbetreiber stehen in einem andauernden Wettbewerb, um sich an die Kapazitätsgrenzen der Glasfaser anzunähern, und erzielen dabei ständig neue Rekorde.

So berichtete Alcatel-Lucent im Februar 2008, in seinem Forschungszentrum Bell Labs in Villarceaux, Frankreich, zusammen mit den Partnern Alcatel-Thales’ III-V Lab und Kylia, einem Spezialisten für optische Lösungen, eine neue Höchstmarke von 41,8 Petabit/s erzielt zu haben. Dieser Wert beruht auf einer Übertragungsleistung von 16,4 Terabit/s über eine Entfernung von 2550 Kilometern auf einer Glasfaser. Dafür wurden 164 DWDM-Kanäle mit jeweils 100 Gbit/s Datenrate eingesetzt. Das Ergebnis ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu 100 Gbit/s Ethernet. Die Technik ist die Basis, um die maximale Kapazität einer Glasfaser auszunutzen und künftige Anforderungen bedarfsgerecht zu erfüllen. Grundlage dafür ist die Bereitstellung einer sehr hohen Informations-Spektraldichte von 2 Bit/s/Hz.

Im Juni zeigte dann Infinera das ILS2-Leitungssystem, welches mit 160 DWDM-Kanälen im C-Band arbeitet und eine künftige Skalierung bis zu 8 Tbit/s verspricht. Ebenfalls demonstriert wurde die Übertragung mit 100 Gbit/s Ethernet unter Verwendung eines Tributary Adapter Module in einem marktreifen DTN-System. Bereits im März hat Infinera seine Vision der photonischen Integration für Telekommunikationsnetzwerke enthüllt. Zentrales Element ist die Übertragungskapazität pro PIC (Photonic Integrated Circuit-Chip) als wichtigste Kenngröße, die ein effizientes Skalieren optischer Transportnetze und eine optimale Nutzung der gesamten Glasfaserkapazität ermöglicht. Infinera will die Zahl der auf einem PIC integrierten Komponenten kontinuierlich erhöhen,so dass sich die Gesamtdatenrate eines Chips etwa alle drei Jahre verdoppeln lässt. Als nächsten großen Schritt erwartet Infinera die kommerzielle Verfügbarkeit von PICs, die eine Kapazität von 400 Gbit/s pro Chip aufweisen. Binnen zehn Jahren sollen PICs mit einer aggregierten Kapazität von 4 Tbit/s produziert werden.

Bandbreitenfresser: HDTV und VPN

"Mit unserer neuen optischen 40-Gbit/s/100-Gbit/s-Technologie können die Carrier jetzt ihre Netzwerkbandbreite einfach und wirtschaftlich aufrüsten", sagt Philippe Morin, President Metro Ethernet Networks bei Nortel. "Wir verzeichnen eine erhebliche Steigerung des Bandbreitenbedarfs aufgrund von Business-to-Business-VPNs und der Umstellung von Analogvideo auf High-Definition-Videoübertragungen über den Desktop." Der Bandbreitenbedarf dürfte weiter enorm steigen, denn im Hinblick auf Hyperconnectivity wird jedes Gerät, das mit einem Netzwerkanschluss ausgestattet ist, auch tatsächlich mit dem Netzwerk verbunden sein.

Wie der Bandbreitenbedarf steigt, zeigt folgendes Beispiel: Die aktuelle Übertragungsgeschwindigkeit liegt bei 10 Gbit/s, womit 1000 HDTV-Kanäle gleichzeitig übertragen werden können. Durch die Erhöhung dieser Kapazität auf 40 Gbit/s können die Carrier das Verkehrsaufkommen auf ein und derselben Verbindung vervierfachen und mit der Aufrüstung auf 100 Gbit/s sogar verzehnfachen. Glasfasernetze mit weit höherer Übertragungsleistung als heute gelten als das Rückgrat und Nervensystem für das Internet der Zukunft: Schon in fünf bis sieben Jahren wird es möglich sein, über das Internet nicht nur E-Mail und WWW-Dienste abzurufen, sondern neben Musik auch Filme oder Videokonferenzen und Online-Spiele mit höherer Bildqualität und geringen Latenzzeiten anzubieten.