Kolumne

Giganten unter sich

03.05.2005

Aus der Fusion von Microsoft und SAP wurde bekanntlich nichts. Die Bindungen beider Branchengrößen werden aber trotzdem immer enger. "Mendocino", ein gemeinsames Entwicklungsprojekt, ist nur der erste Schritt. Es sieht vor, die meistgenutzte Softwaresuite auf dem Desktop, Microsofts Office-Paket, an das ERP-Backend des Marktführers im Segment Business-Software anzukoppeln.

Microsoft wertet damit Office auf, indem die Software zum Frontend für Geschäftsprozesse gemacht und damit für den Firmen-Desktop unersetzlich wird. Gleichzeitig rückt das von SAP für den Anwendungszugriff definierte "Enterprise Portal" etwas in den Hintergrund. Auf die Benutzerverwaltung des Portals wird man nicht verzichten können, doch viele Endbenutzer werden Office als dominierende Oberfläche wahrnehmen, die sie nur noch in Ausnahmefällen verlassen müssen. Wie das Microsoft-Produkt eignet sich auch das SAP-Portal dazu, unstrukturierte Inhalte wie etwa Dokumente mit strukturierten betriebswirtschaftlichen Daten in einen Zusammenhang zu stellen. Und wenn erst einmal Office eng mit Mysap integriert ist, dürfte es den Redmondern viel leichter fallen als bisher, Infrastrukturkomponenten in der IT-Umgebung der SAP-Kunden anzusiedeln, etwa Sharepoint, Biztalk und SQL Server. Der Anfang ist gemacht: Ein Großteil der SAP-Installationen läuft auf Windows-Servern.

Mit Mendocino versucht Microsoft ferner, neben dem Java-basierenden "Netweaver" das konkurrierende .NET-Framework in der IT-Umgebung zu manifestieren. Die Gates-Company will ihre Strategie, über die Verbreitung des Clients die Server-Umgebung zu gestalten, im SAP-Lager fortführen.

Wenn künftig Office-Nutzer über Dokumente, elektronische Formulare und E-Mails an ERP-Prozessen teilnehmen können, wird es für Anbieter etwa von Enterprise-Content-Management-Produkten schwerer, bei SAP-Kunden zum Zuge zu kommen. Noch weiß niemand genau, wozu Mendocino am Ende imstande sein wird, doch das Potenzial, Investitionsentscheidungen zu beeinflussen, hat die Lösung schon jetzt.

Somit haben beide Firmen ein weiteres Argument, um Kunden zum Upgrade auf die aktuellen Produkte zu bringen. Die Integration funktioniert nämlich erst ab Office 2003 beziehungsweise Mysap ERP 2004. R/3-Nutzer wie auch solche mit älteren Word- und Excel-Releases müssen die Anbindung wie gewohnt von Hand vollziehen. Verdienen kann SAP nicht nur an dem Verkauf von Mendocino, sondern auch an zusätzlichen SAP-Lizenzen für die vielen, bisher noch nicht ans Backend angebundenen Office-Nutzer.