Gigabit-WLAN 802.11ac kommt im Eiltempo

12.04.2012
Schneller, höher, weiter: Die Industrie rüstet sich für die nächste Generation der drahtlosen Datenübermittlung 802.11ac und präsentiert bereits erste Geräte für das Gigabit-WLAN.

War die Einführung des WLAN-Standards 802.11n eine eher zähe und langwierige Angelegenheit, so soll der Nachfolge-standard 802.11ac - wegen der möglichen Bandbreite auch als Gigabit-WLAN bezeichnet - zügiger und ohne Komplikationen verabschiedet werden. Auf einen Draft hat man sich bereits geeinigt, und die Freigabe durch die 802.11 Working Group könnte bis Ende 2013 erfolgen.

Pläne der Hersteller

Die Hersteller, die sich von 802.11ac neue Verkaufsimpulse erhoffen, stehen in den Startlöchern. Bereits auf der Consumer Electronics Show (CES) im Januar in Las Vegas stellten die ersten Firmen Prototypen von Geräten auf Basis des neuen Standards vor. Lieferanten wie Broadcom oder Atheros präsentierten die dafür nötigen WLAN-Chips.

Konkrete Pläne hat etwa der Netzausrüster Trendnet: Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, als erster Anbieter mit 11ac-Geräten (ausgestattet mit Atheros-Chips) an den Start zu gehen. Dazu will Trendnet bereits im Schlussquartal 2012, also pünktlich zum Weihnachtsgeschäft, mit dem "TEW811DR" einen Wireless-AC-Router der ersten Generation sowie entsprechende Medienadapter für Clients auf den Markt bringen.

Inwieweit das Angebot auf Basis des Noch-Draft-Standards bei der Kundschaft ankommt, wird sich zeigen. Grundsätzlich gilt gerade in puncto Media-streaming und Heimvernetzung sicher das Motto, dass man nie genug Bandbreite haben kann. So gesehen, können die Geräte tatsächlich punkten: Werden mit 802.11n theorische Datenraten von bis zu 450 Mbit/s (realistisch 150 Mbit/s oder mehr) erreicht, sollen Wireless-Router in der ersten Ausbaustufe von 802.11ac wie der TEW811DR nominell einen Datendurchsatz von 866 Mbit/s unterstützen, unter realen Bedingungen bleiben davon bis zu 600 Mbit/s übrig. Endgeräte und Adapter sind voraussichtlich für bis zu 433 Mbit/s (one stream, realistisch zirka 300 Mbit/s) gut, mit Unterstützung von zwei oder drei Strömen steigt die Bandbreite entsprechend.

Gerade bei den WLAN-Routern ist längerfristig noch mehr Durchsatz möglich: Werden alle technischen Möglichkeiten ausgereizt, soll der Nachfolgestandard 802.11ac bis zu fast 7 GB/s Bandbreite unterstützen. Realisiert wird dieser Geschwindigkeitszuwachs durch die Option von 802.11ac, ein bis zu 160 Megahertz breites Frequenzband zu nutzen. Außerdem können 802.11ac-Geräte dank MIMO-Antennen (Multiple Input, Multiple Output) bis zu acht räumliche Ströme (spatial streams) für die simultane Datenübertragung verwenden.

Das bringt Gigabit-WLAN

Mit 11ac soll trotz höherer Übertragungsgeschwindigkeit weniger Strom verbraucht werden als mit vergleichbarer 11n-Kapazität. Davon profitieren vor allem Smartphone- oder Tablet-Nutzer, während die nutzbare Bandbreite mangels Platz für ausreichende Antennenpaare wohl kaum Gigabit/s-Niveau erreicht, sondern "nur" von theoretisch 150 Mbit/s (realistisch 70 bis 80 Mbit/s) auf 450 Mbit/s (tatsächlich 300 Mbit/s) ansteigt.

Grundsätzlich erfreulich ist außerdem, dass Gigabit-WLAN das relativ freie 5-Gigahertz-Band verwendet. Große Teile dieses Spektrums sind nicht belegt, was die Nutzung von bis zu 160 Megahertz breiten Kanälen erleichtert. Geht man von einer schnellen Verbreitung von 802.11ac aus, könnte dieser Vorteil aber bald dahin sein.

Tauglich fürs Enterprise?

Ein weiteres Problem mit breiteren Kanälen ist indes, dass die Effizienz von der Anzahl der eingebuchten Endgeräte abhängt. Sind es zu viele, ist es womöglich besser, wenn ein Device einen schmaleren Kanal für sich allein belegt. Im Unternehmensumfeld, wo man viele Access Points einsetzt, um WLAN für hunderte Nutzer bereitzustellen, sollten möglichst unterschiedliche Kanäle verwendet werden.

Ausgehend von der Aufwand-Nutzen-Betrachtung und der relativen Unsicherheit eines Noch-Draft-Standards werden Unternehmen vermutlich erst ab Mitte 2013 damit beginnen, auf 11ac umzusteigen. So gibt eine höhere Ausleuchtung von Räumen mit 11n-Access-Points für die WLAN-Versorgung zumindest anfangs mehr Sinn. Außerdem fehlen neben der Infrastruktur häufig auch passende Anwendungen, die eine drahtlose Übertragung mit Gigabit-Speed erfordern.

von Manfred Bremmer