Erste Produkte auf der Networld + Interop

Gigabit Ethernet via Kupfer ist nichts für das Backbone

01.10.1999
ATLANTA (IDG) - Auf der kürzlich veranstalteten Netzwerkmesse Networld + Interop in Atlanta zeigten die ersten Hersteller Equipment für die Gigabit-Ethernet-Übertragung via Kupferkabel. Die Besucher wollen die Technik vor allem für die Server- oder Switch-Vernetzung einsetzen.

Annähernd zweieinhalb Jahre benötigte das Standardgremium IEEE, um eine verbindliche Norm für Gigabit Ethernet via Kategorie-5-Kabel zu verabschieden. Als es schließlich im vergangenen Jahr soweit war, prognostizierten Marktbeobachter, es werde weitere sechs bis zwölf Monate dauern, bevor es marktfähige Komponenten geben würde.

Die Anbieter haben sich ins Zeug gelegt, und auf der US-Messe Networld + Interop bereits die ersten Lösungen gezeigt. Alteon Websystems, Extrem Networks, Cabletron, Flowwise Networks, Intel und Sun Microsystems gewährten einen Blick auf Switches, Netzwerkkarten und andere Komponenten, die in der nächsten Zeit auf den Markt kommen werden.

Kupfervariante ist billiger als Glasfaserausführung

Die Geräte sollen für die Server-Koppelung, Switch-Vernetzung oder im Backbone eingesetzt werden - so ist es zumindest die Idee der Väter des jüngsten Gigabit-Ethernet Sprosses gewesen. Die Anwender, die die Stände der Anbieter auf der Messe besuchten, wollen diesen Vorschlägen jedoch nur teilweise folgen. "Ich würde diese Technik niemals im Back- bone einsetzen", erteilte etwa Mark Tillman, Netz-Manager bei World Color, Greenwich, dem IEEE-Vorhaben eine Absage. Er hat Bedenken wegen möglicher Interferenzen bei der Übertragung.

Das Gros der Anwender scheint Gigabit Ethernet zur Server- und Switch-Kopplung heranziehen zu wollen. Die State University von Ohio möchte etwa Pentium-III-Rechner via Gigabit Ethernet zu einem Cluster zusammenschalten. Die Universität aus Pennsylvania verfolgt Pläne, mit Hilfe der neuen Technik Server zu koppeln, die digitale Bilder für die schuleigene TV-Station speichern.

Der wichtigste Grund für die Anwender, sich den jüngsten Gigabit-Ethernet-Ausführungen zuzuwenden, ist jedoch der Preis. Alteon Websystems wird ab November eine Netzwerkkarte für Kategorie-5-Kabel für 495 Dollar auf den Markt bringen. Die gleiche Lösung für Lichtwellenleiter kostet dagegen knapp 1000 Dollar. Zudem ist in den meisten Unternehmen Kupferkabel verlegt, so daß die vorhandene Infrastruktur weiter genutzt werden kann.

Das funktioniert jedoch nur theoretisch, denn Gigabit Ethernet via Kupferkabel hat eine Längenbeschränkung von 100 Metern. "Zwischen zwei Switches würde ich allenfalls drei Meter überbrücken", meint dagegen der Netz-Manager Tillman.Einige Unklarheiten kommen hinzu. So ist beispielsweise keineswegs sicher, ob die Qualität vieler Kupferkabel für die High-speed-Übertragung geeignet ist. Der Netzverantwortliche der University of Pennsylvania vermißt zudem nach wie vor eine Antwort der Hersteller auf die Frage, wie er eine nur auf Kupferkabel basierende Hochgeschwindigkeits-Architektur aufbauen kann.

Die Anbieter haben derzeit ein anderes Problem. Broadcom, einer der wichtigsten Lieferanten für Gigabit-Ethernet-Chips kämpft aufgrund technischer Schwierigkeiten mit Engpässen. Mitte Oktober, so ein Sprecher des Unternehmens, werde die Produktion die volle Kapazität erreichen. Erst dann können auch die Equipment-Hersteller Geräte in großen Stückzahlen liefern.