Gibt es in Ihrem Hause den Closed Shop-Betrieb?

07.02.1975

Es hat sich herumgesprochen: Closed Shop-Betrieb ist nicht nur bei Groß-Systemen unumgänglich, auch für Anwender der unteren Computer-Mittelklasse wird er mehr und mehr gefordert. Vielerorts gibt es bereits Anweisungen für den strengen "geschlossenen Laden", - allerdings werden die hierfür so notwendigen ehernen Regeln immer wieder durchbrochen. CW befragte Anwender - darunter ein Rechenzentrum, das sich auch mit EDV-Beratung beschäftigt - wie es denn im eigenen Haus mit dem Closed Shop-Betrieb aussieht.

Heiz Löhner,Leiter der Abteilung Systemanalyse, Programmierung der Datev eG, Nürnberg

Im Jahre 1971 wurde der Testbetrieb bei der Datev auf Closed Shop umgestellt, um den Testlauf für Rechenzentrum und Programmierung zufriedenstellender durchführen zu können.

Zu diesem Zweck wurde ein besonderes Test-Terminal installiert, das über eine Kanalverlängerung 150 Meter vom Rechenzentrum entfernt in einem anderen Gebäude untergebracht ist. Diese Teststation ist ausgerüstet mit zwei Schnelldruckern, einem Lochkartenleser, einem Bildschirmgerät und den dazugehörigen Steuereinheiten. Das Test-Terminal kann wahlweise an eine von zwei IBM 370/165 (je zwei Megabyte) angeschlossen werden. Für den Testablauf gilt grundsätzlich die Regelung "first in first out", so daß die Reihenfolge der Jobs - sie werden bei Ab- und Ausgabe in eine Liste eingetragen - eingehalten wird. Bei den täglich zu verarbeitenden rund 120 Testjobs (ca. 500 Steps) ergibt sich eine "turnaround" Zeit von etwas mehr als einer Stunde je Job. Für den Closed-Shop-Betrieb stehen im RZ 30 Magnetbänder zur Verfügung, vier Plattenlaufverke IBM 3330-11 sind für den Testbetrieb on line. Für die Testdurchführung stehen je nach Bedarf zwischen 300 und 500 KB zur Verfügung. Start und Auswahl des Testjobs wird über zwei Bildschirmstationen gesteuert. Die in der Zwischenzeit gemachten Erfahrungen können grundsätzlich als positiv bezeichnet werden, nicht zuletzt auch wegen des eigens dafür zur Verfügung stehenden Test-Terminals. Für die absehbare Zukunft ist die Durchführung des Testbetriebes mit TSO geplant. Eine Test-lnstallation für einige Projekte ist ab März/April dieses Jahres vorgesehen. Wir hoffen, dadurch einen noch schnelleren Durchlauf der Testphasen bei der Fertigstellung und Änderung der Projekte zu erreichen.

Lorenz Schadhauser, Verwaltungs-Direktor Leiter der DV im Direktorium der Landeshauptstadt München

Closed Shop-Betrieb ist bei uns ganz groß im Kommen. Wir versuchen zwar schon seit vier Jahren, diese Trennung einzuhalten, leider scheiterte das bisher an der uns nur begrenzt zur Verfügung stehenden Raum-Kapazität. Mitte des Jahres beziehen wir ein neues Großrechenzentrum von 680 qm, ab dann gelten ganz strenge Verordnungen. Zu den zwei Jetzt installierten Siemens 4004/145 kommt dann noch die dritte, die derzeit extern untergebracht ist. In den neuen Räumen gibt es zwei Leiter der Arbeitsvorbereitung, die tagsüber in der Annahme sitzen, zudem je einen Raum für die beiden Systeme, die nicht on line arbeiten, dort überwachen zwei weitere Arbeitsvorbereiter in einer Art Schleuse alle Vorgänge.

Testläufe sind im RZ nur dann zugelassen, wenn eine angeordnete Programmentwicklung vorliegt, Produktivläufe werden nur dann durchgeführt, wenn eine Freigabebescheinigung und eine Bedienungsanleitung abgegeben wurden. Sämtliche angeordneten und freigegebenen Programme müssen alphabetisch auf einer Liste im RZ registriert sein.

Für die Rechenzeitanmeldungen gibt es besondere Vorschriften: Alle gewünschten Ablauftermine freigegebener Programme müssen von den entsprechenden Fachdienststellen über die Organisationsteamleiter so früh wie möglich - bei turnusmäßigen Läufen aber mindestens eine Woche vorher - sonst mindestens zwei Arbeitstage zuvor im Rechenzentrum angemeldet werden. Das RZ-Personal führt Anlagenbelegungspläne und ist berechtigt, die Ausführung von nicht ordnungsgemäß angemeldeten Arbeiten bis zum nächsten freien Termin zurückzustellen. Entsprechende Eintragungen dürfen nur vom

RZ-Leiter vorgenommen werden. Testzeiten für Programmierer müssen vom jeweiligen Programmierteamleiter gesammelt zwischen 8 und 13 Uhr des Vortags angemeldet werden. Die maschinelle Durchführung dieser Programmtestläufe obliegt grundsätzlich dem RZ-Personal. Die Programmierer planen die einzelnen Testschritte und bereiten die Jobs mit Arbeitsanweisungen, Steuerkarten und Zeitkarten vor. Auch bei Testläufen, die in Anwesenheit des Programmierers erfolgen müssen bei unseren umfangreichen Anwendungen ist das leider nicht immer zu vermeiden - bleibt die Gerätebedienung Aufgabe der Operatoren. Zugang zum Maschinensaal haben neben den Operatoren und den jeweiligen Arbeitsvorbereitern nur der Leiter der Arbeitsgruppe EDV, der RZ-Leiter, der Leiter der Arbeitsvorbereitung, der Magnetbandverwalter, der Papierverwalter sowie der ADV-Prüfer des städt. Revisionsamtes.

Mit dieser Konzeption soll dann endlich konsequent der Closed Shop-Betrieb realisiert werden.

Peter Galler Geschäftsführer und Gesellschafter der AWG-Unternehmensberatung und elektronische Datenverarbeitung in Hamburg

In unserem Dienstleistungsunternehmen, das in drei dezentralen Rechenzentren insgesamt 400 Kunden (Klein-, Mittel und Großbetriebe) bedient, wurde vor ca. fünf Jahren der Closed Shop-Betrieb eingeführt. Darüber hinaus wurden wir im Rahmen unseres Geschäftsbereichs EDV-Unternehmensberatung zwangsläufig mit den unterschiedlichsten Verfahrenstechniken konfrontiert. Mit ansteigender Problematik bezüglich Datensicherung und Absicherung der im RZ gespeicherten Intormationen gegen Mißbrauch, sehen wir künftig einen absoluten Zwang zum Closed Shop-Betrieb. Die damit verbundene Bürokratisierung der Kommunikation zwischen Arbeitsvorbereitung, Software-Abteilung und Rechenzentrum ermöglicht dem Anwender eine homogene Planung und den Betrieb einer "Produktionsstätte Informationsverarbeitung".

Besondere Beachtung ist der Inanspruchnahme des Rechenzentrums im Closed Shop-Betrieb durch den Programmierer zu schenken. Ob er Nutznießer oder Leidtragender dieser Organisationsform wird, hängt von einigen wenigen Komponenten ab. Die Effizienz der Programmierertätigkeit wird neben qualitativer Voraussetzung von einem zügigen Testbetrieb abhängen. Die wesentliche Entlastung des Programmierers, welche ihm durch Abnahme der physischen Testsituation zuteil wird, kann voll verloren gehen, wenn er im Testbetrieb (aufgrund der hervorragenden Produktivverarbeitung muß sehr oft mit geringer Priorität gefahren werden) zu lange auf Testergebnisse warten muß. Dadurch entstehen vor allem zu Beginn des Testens unnötige, unproduktive Wartezeiten. Aus diesem Grunde praktizieren wir seit Jahren folgende Vorgehensweise und dies mit sehr zufriedenstellenden Ergebnissen:

In der ersten Testphase werden Free-Test-Zeiten eingerichtet. Den Projektgruppen wird die Möglichkeit geboten, bei möglichen Programmabbrüchen etc. sofort einzugreifen um den kontinuierlichen Tesffortschritt zu gewährleisten. Das Handling wird jedoch selbstverständlich durch das Operatorpersonal erledigt. In der zweiten Testphase (System-Test) wird dann wieder im normalen Closed Shop-Betrieb gearbeitet.

Kurt Geiser, EDV-Leiter der Bremer Lagerhaus-Gesellschaft BLG, Bremen

Wir sind gerade dabei, den Closed Shop-Betrieb einzuführen. Während der normalen Arbeitszeit wird das bereits konsequent durchgeführt. Der Programmierer liefert seine Unterlagen - in der

Regel einen Tag vorher - bei der Arbeitsvorbereitung ab. Hierzu haben wir ein spezielles Formular entwickelt: Angaben, wie zum Beispiel welches Programm getestet wird, ob es sich um eine änderung handelt, ob das Programm umgewandelt oder nur getestet wird und wie lange der Testlauf dauert, sind vom Programmierer einzutragen. Zusätzlich werden vermerkt: Eingabe-Datei, logische Einheit und Datenträgernummer. Dieses Formular geht mit dem Karten-Deck in die Arbeitsvorbereitung. Ebenso bekommt er alles, was er angefordert hat, wieder zurück.

Probleme gibt es insofern, als das RZ Arbeiten von Fachbereichen immer vorziehen wird, - denn die bringen das Geld in's Haus. Bei komplizierteren Konzeptionen oder besonderen Auswertungen gibt es bei uns natürlich Abweichungen vom strengen Closed Shop-Betrieb: Ist die entsprchende Peripherie frei, kann ein Programmierer auch einmal tagsüber ins RZ. Günstiger ist es, wenn er diese Arbeiten nach der zweiten Schicht, also ab 22.00 Uhr, erledigt. Dann steht ihm das ganze RZ zur Verfügung und er kann ungestört arbeiten. Voraussetzung aber ist eine vorherige Anmeldung. Alle benötigten Datenträger müssen vorher aus dem Archiv geholt werden. Auch dem Programmierer ist der Zutritt dorthin verwehrt. Ein Konsolprotokoll kontrolliert, daß er keine Dateien vernichtet. Zusätzlich hat der die Möglichkeit, Daten auf eine eigene Arbeitsplatte zu duplizieren.

Derzeit suchen wir noch nach einer optimalen Lösung, in solchen Fällen auf Testdaten verzichten zu können und gleichzeitig die Datensicherung zu gewährleisten. Wichtig ist das bei den Personaldaten. Wir versuchen nun, immer wenn diese Daten zu testen sind, die Originaldatei wegzuspeichern und eine Testdatei daraufzuspielen.