Börsengang soll Expansion des Systemhauses beschleunigen

GFT: Vom Schwarzwald aus den Internet-Markt erobern

07.05.1999
Von Beate Kneuse* SANKT GEORGEN - Der frühzeitige Einstieg ins Internet-Business hat der GFT Technologies AG zuletzt kräftige Umsatzanstiege beschert. Nun stellen die Schwarzwälder die Weichen für die Ausdehnung ihrer Geschäfte. Zum Jahreswechsel kaufte sich der Software- und Servicespezialist mehrheitlich in zwei deutsche Unternehmen ein, jüngst beteiligte man sich zudem an der US-Company Plumb Design. Weitere Akquisitionen - vor allem im Ausland - sollen folgen. Das nötige Kapital erwartet sich die GFT von dem in Kürze geplanten Börsengang.

Ulrich Dietz, Vorstandsvorsitzender und Gründer der GFT, kann eigentlich zufrieden sein. Seit 1993 wirft sein Unternehmen Gewinne ab, und seit 1995 legt der Software- und Servicespezialist beim Umsatz pro Jahr um rund zehn Millionen Mark zu. Im Geschäftsjahr 1998 wiesen die Schwarzwälder mit 46,9 Millionen Mark gar 16,9 Millionen Mark mehr aus als im Vorjahr. Für das Jahr 2000 sind 100 Millionen Mark im Visier. Der Mitarbeiterstamm wuchs im Jahresvergleich 1997/98 von 160 Beschäftigten auf rund 300 an. Dennoch scheint dem umtriebigen Geschäftsmann die Firmenentwicklung zu langsam vorangekommen zu sein. "Als ich die GFT 1987 gründete, wollte ich möglichst schnell ein Unternehmen mit 1000 Leuten und einer viertel Million Mark Umsatz hochziehen", schmunzelt Dietz heute. Mit den heutigen Möglichkeiten zur Wachstumsfinanzierung wie Venture Capital und Business Angels hätte er seiner Ansicht nach dieses Ziel auch längst erreicht.

So aber waren die Anfänge der GFT bescheiden und mußten weitgehend aus eigener Kraft finanziert werden. Mit der Idee, innovative IT-Lösungen für den CAD-Markt zu entwickeln, startete Dietz vor zwölf Jahren. Mitleidig belächelt von den Banken, an die er sich zwecks Finanzierungshilfe gewandt hatte. "Die fanden das nicht so spannend", erinnert er sich. Demzufolge blieb ihm und seinen Mitstreitern nichts anderes übrig, als von Beginn an mit Projektgeschäften Geld zu verdienen und gleichzeitig möglichst wenig Kosten zu verursachen. Von den Gehältern angefangen bis hin zur Ansiedlung am günstigsten Standort - eben dem Schwarzwald.

Mit CAD hat das Unternehmen heute jedoch nichts mehr im Sinn. Die früh geschaffene Technology Group in Sankt Georgen, die mittlerweile 80 Leute umfaßt, tüftelt ohne Unterlaß an Basistechnologien, neuen Komponenten und Produkten, die laut Dietz in den unterschiedlichsten Projekten eingesetzt werden können. "Dadurch erreichen wir zum einen eine hohe Wiederverwendbarkeit der einzelnen Entwicklungen, zum anderen kreieren wir Produkte, die wir als Standardsoftware verkaufen, aber auch in Individuallösungen einbauen können", erklärt der GFT-Chef seine Strategie. Selbst die IBM vertraut mittlerweile auf die "Kreativabteilung" der Schwarzwälder und läßt dort diverse Komponenten und zum Teil sogar fertige Produkte entwickeln.

Schon mit Beginn der 90er Jahre befaßten sich die Schwarzwälder beispielsweise mit objektorientierter Technologie und schufen sich mit der Entwicklung, der Herstellung und dem Vertrieb entsprechender Software-Tools im Lauf der Jahre ein wichtiges Standbein - zuzüglich zu ihren Beratungs-, Implementierungs-, Schulungs- und Supportaktivitäten bei der Realisierung kundenspezifischer IT-Lösungen. Mit der frühen Öffnung hin zu besagter Programmiertechnik machte die GFT indes nicht nur technologisch einen Sprung nach vorn. "Vielmehr wurden Mitte der 90er Jahre zunehmend auch US-amerikanische und israelische Unternehmen auf uns aufmerksam", berichtet Dietz. In der Folgezeit hatte der Diplomingenieur deshalb auch so manche Übernahmeofferte abzulehnen.

Nicht viel anders erging es den Schwarzwäldern, als sie 1996 in das damals noch junge Internet-Geschehen einstiegen und Lösungen für das Geschäft im weltumspannenden Netz entwickelten sowie zunehmend E-Commerce-Projekte realisierten. "Da waren es dann vorzugsweise US-Telefongesellschaften, die sich für uns interessierten", gibt der GFT-Lenker stolz zu Protokoll. Und auch heute vergehe kein Quartal ohne Übernahmeangebot. Was den 41jährigen Firmenchef bis dato aber kalt läßt: "Wir wollten und wir wollen eigenständig bleiben."

Gerade der frühe Schritt in den Internet-Markt hat indes der GFT die zuletzt beachtlichen Umsatzsprünge von jährlich rund 40 Prozent beschert. Mit ihrem Ansatz, den Kunden Vollservice-Lösungen wie "Intranet in the box", "Shop in the box" oder "City in the box" anzubieten, stoßen die Schwarzwälder zunehmend auf offene Ohren bei ihrer Klientel, dem gehobenen Mittelstand und Großunternehmen. "Im Gegensatz zu vielen anderen Internet-Playern sind wir in der Lage, die gesamte Wertschöpfungskette im Internet abzubilden", meint Dietz. Konkret heißt das, daß die GFT seiner Ansicht nach nicht nur über ein breites Produktportfolio, sondern auch über entsprechendes Projekt-Know-how verfügt - seien es virtuelle Call-Center oder Intranets. "Solche Aufträge bewegen sich in der Regel in einer Größenordnung von zig Millionen Mark", fügt Dietz hinzu.

Im laufenden Jahr wollen die Schwarzwälder bereits mehr als 50 Prozent ihres Umsatzes mit Internet-Lösungen erzielen - Tendenz steigend. Denn nach Ansicht des GFT-Gründers steht vor allem dem Geschäftsverkehr via Internet der eigentliche Boom erst noch bevor. Um auf der vielzi- tierten E-Commerce-Welle mitschwimmen zu können, braucht es aber nicht nur pfiffige Ideen.

Das Marktumfeld wird aufmerksam beobachtet

Vielmehr muß man auch technologisch immer up to date sein - und das sowohl im Internet-Business als auch im klassischen IT-Projektgeschäft. Denn trotz der Tatsache, daß man derzeit kräf- tig die Werbetrommel in eigener Sache rührt, ist dies mit dem vermeintlichen Wettbewerbsvorsprung als Komplettanbieter so eine Sache. Die Konkurrenz schläft bekanntlich nicht. Grund genug auch für Dietz, permanent "beide Augen und Ohren im Markt zu haben".

So waren die Schwarzwälder eines der ersten autorisierten Java-Competence-Center in Europa. Und man hat sich neuerdings auch Firmenzukäufe auf die Fahnen geschrieben. Bislang in dieser Hinsicht kaum in Erscheinung getreten, holte man zum Jahreswechsel gleich zwei neue Unternehmen an Bord. Zuerst beteiligte man sich mit 51 Prozent an der Offenbacher New-Media-Agentur Pixel-Factory Multimedia Produktionsgesellschaft mbH mit dem Ziel, sich in den Bereichen Digital Media und Screen-Design zu verstärken. Kurz darauf war der 80prozentige Einstieg bei dem Ilmenauer Beratungsunternehmen Meta Tools Gesellschaft für objektorientiertes Informationsmanagement mbH perfekt, mit dem die GFT ihre Kompetenz bei objektoriertierten und multimedialen Softwarelösungen ausbauen will. "Wenn sich ein interessantes Unternehmen zur Übernahme anbietet, schlagen wir zu. Aber wir gehen dabei kein völlig unkalkulierbares Risiko ein", stellt Dietz klar.

Und wie könnte es in Zeiten wie diesen anders sein, ist der Börsengang der nächste große Schritt, den sich die Schwarzwälder vorgenommen haben. Noch ist die GFT zu 75 Prozent in Besitz der Familie Dietz, den Rest der Anteile halten Forschungschef Lucius Banck (15,5 Prozent) und Finanzvorstand Markus Kerber (9,5 Prozent). Für Juni/Juli ist nach jetzigem Planungsstand das Going Public am Neuen Markt vorgesehen. Nach einer demnächst anstehenden Kapitalerhöhung sollen 20 bis 25 Prozent des Stammkapitals in den Freiverkehr gehen. Ursprünglich wollte man den Börsengang im beziehungsweise via Internet realisieren - nicht zuletzt auch deshalb, weil sich ein solches Procedere für einen Entwickler und Anbieter von Internet-Lösungen laut Dietz "von selbst versteht". Doch dieser Plan mußte aufgegeben werden. "Die Gesetzgebung in Deutschland erlaubte es nicht, unsere Vorstellungen in dem Maße umzusetzen, wie wir das angestrebt haben", bedauert Finanzchef Kerber. Zumindest aber bietet die Konsortialführerin Deutsche Bank neuerdings Privatanlegern die Möglichkeit, Aktien und damit künftig auch das Papier der Schwarzwälder übers Internet zu zeichnen.

Das Kapital aus dem Börsengang soll nicht nur für den Ausbau der Produktpalette speziell im Internet-Umfeld genutzt werden. Ins Visier genommen sind auch weitere Firmenübernahmen, vor allem im Ausland, um die noch magere internationale Präsenz auszuweiten. In Deutschland ist die GFT mit Filialen in Böblingen, Dortmund, Frankfurt am Main, Ilmenau, Hamburg, München und seit kurzem auch in Berlin bereits flächendeckend vertreten. Außerhalb der Landesgrenzen aber bestanden bis Jahresfrist 1998 nur Büros in Dublin und Zürich. Kein Wunder, daß die Auslandsgeschäfte im vergangenen Jahr gerademal zehn Prozent zum Umsatz beisteuerten.

Dies soll sich im Laufe dieses Jahres deutlich ändern. Gerade wurde das Tor zum US-Markt aufgestoßen. Vor wenigen Wochen beteiligte sich die GFT AG mit 20 Prozent an dem New Yorker Internet-Startup Plumb Design, einem Spinoff der New-Media-Agentur Razorfish. Geplant sind darüber hinaus noch Dependancen in Wien und in London. Außerdem prüft Dietz derzeit Möglichkeiten, sich in Skandinavien, Italien und Spanien niederzulassen. "Aber alles zu seiner Zeit", betont der GFT-Gründer. "Zunächst müssen wir erst einmal die jüngsten Übernahmen und dann den Börsengang verdauen. Darüber hinaus heißt es für die Schwarzwälder auch, sich vor allem in puncto Vertrieb zu verstärken. Erst 15 Mitarbeiter stehen in diesem Bereich auf der Gehaltsliste. Gesteht Dietz: "Da müssen wir uns noch kräftig erweitern.

*Beate Kneuse ist freie Journalistin in München.