Schwedische Arbeitnehmer fordern noch mehr Mitbestimmung:

Gewerkschaft mischt bei neuen Technologien mit

28.01.1983

Schwedens DV-lndustrie wird stark durch die Gewerkschaften beeinflußt. So besteht ein Mitspracherecht der Gewerkschaften bei der Auswahl von Hardware und Systemkomponenten. Das bedeutet, daß in Schweden entwickelte Systeme sowohl unter Unternehmens- als auch unter Mitarbeiteraspekten überprüft werden.

Schwedens erster Rechner, der BESK (Binärer Elektronischer Sequenz-Kalkulator), wurde vor rund 30 Jahren entwickelt. Facit, Datasaab und Stansaab übernahmen das Marketing auf dem einheimischen Markt. Später konzentrierten sie sich auf spezielle Anwendungsbereiche der Computertechnik und auf Peripheriegeräte.

Die Schweden setzen heute besonders in der metallverarbeitenden Industrie fortschrittliche Technologie ein, um verbesserte Produktions- und Konstruktionsprozesse durchzuführen. Die numerisch gesteuerten Werkzeugmaschinen verzeichneten in den siebziger Jahren eine durchschnittliche Wachstumsrate von rund 25 Prozent jährlich.

Roboter auch international erfolgreich

Ende der sechziger Jahre kamen die ersten Industrieroboter auf den Markt. Heute sind die mit elektronischer Steuerung ausgerüsteten Roboter die Produkte, mit denen die schwedische Automatisierungsindustrie ihre größten internationalen Erfolge errungen hat. Schweden ist für diese Erzeugnisse nach Japan und den USA das drittgrößte Herstellerland

der Welt. Über 60 Prozent der Produktion gehen ins Ausland.

Mit ihren computerunterstützten Konstruktionssystemen hatten die Schweden weniger Erfolg. Bis heute sind auf dem einheimischen Markt etwas über 60 Systeme installiert. Mit CAD-Systemen arbeiten LM Ericsson, Asea, Volvo, Sandvik, Saab-Scania und Electrolux. Diese Unternehmen verfügten 1980 über etwa 26 Prozent aller NC-Maschinen, rund 40 Prozent des Industrieroboterparks und beinahe 50 Prozent aller installierten CAD-Systeme.

Gewerkschaften engagieren sich

Seit den siebziger Jahren hat die schwedische Gewerkschaftsbewegung ihr Engagement verstärkt. Innerhalb des Gewerkschaftsbundes, in dessen 24 Einzelgewerkschaften rund 90 Prozent der Arbeitnehmer organisiert sind, herrscht grundsätzlich eine positive Haltung gegenüber technischen Entwicklungen. Die Gewerkschafter halten eine ins Stocken geratene industrielle Entwicklung zwar für eine große Bedrohung der Arbeitswelt, gleichzeitig erkennen sie aber auch die Gefahren, die die Comuptertechnik mit sich bringt und verlangen, daß der Mitbestimmungsprozeß der Arbeitnehmer bei der Einführung neuer Technologie in einem sehr frühen Stadium beginnen

soll.

Arbeitgeber gegen Mitbestimmungsrecht

Einige der dem Schwedischen Gewerkschaftsbund angeschlossenen Einzelgewerkschaften haben sogar ein gewerkschaftliches Vetorecht vor dem Einsatz neuer Computersysteme gefordert. Der Metallarbeiterverband schlug eine Änderung des Mitbestimmungsgesetzes vor. In Fällen, in denen keine Übereinkunft erzielt wird, soll die Auffassung der Gewerkschaften gelten.

Eine gewisse Unruhe herrscht derzeit unter Schwedens Angestellten und Beamten. Sie vermuten, daß sich die meisten Rationalisierungen auf dem Dienstleistungssektor wie Banken, Versicherungen und Behörden abspielen werden. Außerdem sehen sie mit Bangen sozialer Isolierung, zunehmenden Streß und weniger Anforderungen an den Beruf selbst auf sich zukommen. Auch die Angestellten- und Beamtengewerkschaft fordert deshalb ein gewerkschaftliches Vetorecht bei neuen Technologien.

Mehr als andere Länder ist Schweden nach Meinung des Zentralverbandes Schwedischer Arbeitgeber darauf angewiesen, auf dem Weltmarkt mit Exportartikeln konkurrieren zu können. Die Voraussetzung hierfür sei der Einsatz moderner Technologien. Sie lehnen die Forderungen der Arbeitnehmer nach besonderen Mitbestimmungsverträgen im DV-Bereich ab. Der Verband will durchsetzen, daß sie genauso abgefaßt werden wie die Verträge in den übrigen Bereichen der Industrie.