Gewerbesteuer belastet IT-Freiberufler zusätzlich

11.08.2003
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

 "Für die IT-Freiberufler in Städten mit hohen Hebesätzen bleibt am Ende des Jahres auf jeden Fall weniger Geld übrig, das sie investieren können. In diesem Zusammenhang sollte man auch die wirtschaftliche Lage der Branche und der Unternehmen nicht vergessen, die es nicht erlaubt, höhere Honorarforderungen zu stellen", sagt Bode.

Eine Gewerbesteuerpflicht ist laut Rechtsanwalt Grunewald aber nicht nur mit höheren Steuern, sondern weiteren Belastungen für Freiberufler verbunden: "Jeder Gewerbesteuerpflichtige muss eine Buchführung sowie eine Bilanz vorweisen können." Insbesondere die Erstellung einer Bilanz überfordere aber viele Selbständige, so dass ihnen nur der Weg zum Steuerberater bleibt, wodurch weitere Kosten entstehen. Gewerbetreibende seien darüber hinaus Zwangsmitglied in der Industrie- und Handelskammer (IHK). Diese automatische Mitgliedschaft weitet sich aber nicht auf die freien Berufe aus, selbst wenn sie künftig Gewerbesteuer zahlen müssen.

IT-Experten, die bereits heute ein Gewerbe betreiben und die entsprechende Steuer zahlen, sehen die aktuelle Diskussion natürlich gelassener. "Man genießt als gewerbetreibender Unternehmer auch gewisse Vorteile", sagt etwa ein Münchner Softwareentwickler. "So kann man auf breiterer Front sorglos akquirieren und beispielsweise auch Aufträge zur Anwendungsentwicklung annehmen, ohne eine Überprüfung der Freiberuflichkeit durch das Finanzamt fürchten zu müssen." Auch größere Projekte mit Angestellten oder Subunterneh-mern könnten Gewerbetreibende bedenkenlos abwickeln.

Freie Berufe 
Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Architekten, Ingenieure, Dolmetscher oder Journalisten - sie alle gehören zur Gruppe der freien Berufe, deren Vertreter bisher keine Gewerbesteuer zahlen müssen, wenn sie selbständig tätig sind. Laut Bundesverband der freien Berufe (BFB) fallen unter diese Kategorie 780 000 Selbständige in Deutschland, wobei die Heil- zusammen mit den rechts-, wirtschafts- und steuerberatenden Berufen über die Hälfte aller Freiberufler ausmachen.

In der IT-Branche arbeiten nach Schätzungen der Gesellschaft für Informatik etwa 30 000 Freiberufler. Deren Status war im Gegensatz zu den traditionellen freien Berufen aber schon in der Vergangenheit umstritten. So gelten etwa selbständige Anwendungsentwickler als Gewerbetreibende, während Entwickler von Systemsoftware als freiberuflich angesehen werden.

Gewerbesteuerreform
Durch die Reform der Gewerbesteuer und die geplante Ausweitung auf die freien Berufe verschiebt sich das Steueraufkommen erheblich. Die Gewerbe- wird in Gemeindewirtschaftssteuer umbenannt und soll knapp 2,8 Milliarden Euro mehr in die Kassen der Kommunen bringen. Für die Freiberufler bedeutet das eine Steuerlast von 580 Millionen Euro, wie das Bundesfinanzministerium berechnet hat. Demnach müssen die 780 000 Ärzte, Apotheker oder Rechtsanwälte 4,85 Milliarden Euro Gewerbesteuer zahlen, können sich aber 4,27 Milliarden Euro über die Verrechnung mit der Einkommenssteuerschuld vom Finanzamt wieder zurückholen.