Deutsche GmbH als größter Minusmacher

Gewaltige Verluste: Norsk Data kämpft ums Überleben

20.09.1991

OSLO/FRANKFURT (CW/vwd) - Vor riesigen Problemen steht der norwegische Computerhersteller Norsk Data. Ein drastischer Umsatzrückgang und happige Verluste, am schlimmsten bei der bisher angeblich profitablen deutschen Gesellschaft, zwingen das Management in Oslo zu einschneidenden Maßnahmen: Mindestens 500 der gegenwärtig gut 2200 Arbeitsplätze weltweit sollen abgebaut, die Tochter ND Comtec verkauft werden.

Ein Verlust vor Steuern von 257 Millionen norwegischen Kronen (66 Millionen Mark) gegenüber einer Million Kronen Vorsteuer-Gewinn in der ersten Hälfte 1990 stehen unter dem Strich der Abrechnung für die ersten sechs Monate dieses Jahres. Das teilte Erik Engebretsen, Präsident und Chief Financial Officer der Skandinavier, in Oslo mit. In dieser Zahl enthalten sind nach seinen Angaben 20 Millionen Kronen an außerordentlichen Aufwendungen.

Das Hauptquartier in Oslo wurde verkauft

Der operative Verlust von Norsk Data beläuft sich für das Halbjahr auf 230 Millionen Kronen, nachdem im Vergleichszeitraum des Vorjahres die Aktivitäten noch zehn Millionen Kronen abgeworfen hatten. Der Umsatz in der Gruppe ging um 22 Prozent auf 950 Millionen Kronen zurück.

Die Eigenkapital-Quote des Unternehmens (400 Millionen Kronen Wert gegenüber sechs Milliarden vor fünf Jahren) macht nach jahrelangem beständigen Verfall des Aktienwertes gegenwärtig nur noch ein Drittel des Schuldenbestandes aus; Ende 1990 waren es noch 44 Prozent gewesen. Norsk Data hat daher sein Hauptquartier in Oslo verkauft und nutzt die Gebäude nun auf Leasingbasis. Der kurzfristig einkalkulierte Liquiditätsgewinn beträgt 165 Millionen Kronen.

Engebretsen führte neben den Restrukturierungs- und Sonderausgaben vor allem die Verluste der deutschen ND-Niederlassung und der Tochter ND-Comtec als Faktoren des Gesamtverlustes an Das Geschäft der Norsk Data GmbH, Bad Homburg, schlug sich in der Verlustrechnung der Skandinavier mit 64 Millionen Kronen nieder Zwar wurden keine Vergleichszahlen genannt und waren auch auf Nachfrage bei der Bad Homburger Hauptniederlassung nicht zu erhalten, jedoch galt die deutsche Gesellschaft bislang als eine der profitträchtigen Aktivitäten des Konzerns. Zum Jahresabschluß 1990 war gleichwohl bereits ein Nettoverlust von einer Million Mark angefallen, wie eine Sprecherin mitteilte.

Der Umsatz der Frankfurter ging in den ersten sechs Monaten 1991 um fast ein Drittel auf 36 Millionen Mark zurück. Im Vergleichshalbjahr 1990 war eine überdurchschnittliche Steigerung um 42 Prozent angefallen. Norsk Data Deutschland wird die Zahl der Beschäftigten bis Ende September um 36 auf 353 verringern, heißt es in einer Mitteilung. Zu weiteren Geschäftsführern der deutschen Gesellschaft neben dem Norweger Thor Alfheim wurden Wolfgang Welke (45), bisher Bereichsleiter Vertrieb und Marketing, sowie Udo König (41),zuvor an der Spitze des Kundendienstes, berufen.

Die als Lieferant des Verlags- und Druckgewerbes tätige ND-Comtec (Halbjahres-Verlust: 55 Millionen Kronen) wird an die britische QED Technology, eine Tochter der Maxwell Communications Corp. Plc. (MCC), verkauft. Das sieht ein Vorvertrag vor, den die Norweger mit der Konkurrenz von QED unter zeichnet haben. Die Verhandlungen sollen im Oktober zur endgültigen Überführung der Company führen, die dann als QED-Comtexc firmieren soll,

heißt es in einer Mitteilung der Norsk Data Comtec GmbH, Mülheim. Ein Verkaufspreis wurde nicht genannt.

QED-Direktor Charles Crooker hat laut Comtec GmbH die Verpflichtung seines Unternehmens betont, die komplette Hard und Softwarepalette von Comtec weiterhin zu unterstützen. Die Comtec Basis wird von der GmbH mit 550 Installationen angegeben.

Die Gruppe befaßt sich gegenwärtig mit der Ausarbeitung einer neuen Organisationsstruktur, die größeres Gewicht auf DV-Lösungen und Wartungsdienste legen soll. Zu dem Zweck plant Norsk Data die Bildung fünf eigenständiger Gruppen, die in den jeweiligen Märkten als weitgehend unabhängige Unternehmen mit jeweils eigenem Management operieren sollen. Drei von diesen Unternehmen werden auf Skandinavien beschränkt sein: Die Nordpartner AS konzentriert sich künftig auf IT-Lösungen für öffentliche und private Anwender; ND Service-Team AS soll Produkte und Dienstleistungen für den Markt der DV-Wartungsunternehmen entwickeln. ND Datashop tritt als Distributor von Standard-Hard und Software auf. Nummer vier und fünf sind die Länderniederlassungen in Deutschland und Großbritannien.