Nach den Wearables kommen die Embeddables

Gesundheits-Apps: Vorteile und Gefahren

17.08.2017
Von Andreas Riepen
Viele Deutsche kümmern sich zu wenig um ihre Gesundheit. Das beweisen aktuelle Statistiken. Fitness-Tracker, Health-Portale und die elektronische Patientenakte können helfen, dies zu ändern. Doch diese Neuerungen, mit denen gesundheitsrelevante persönliche Daten erfasst und analysiert werden, bergen auch Gefahren.
Die Entwicklung der Gesundheits-Apps wird durch KI und maschinelles Lernen geprägt.
Die Entwicklung der Gesundheits-Apps wird durch KI und maschinelles Lernen geprägt.
Foto: Halfpoint - shutterstock.com

Stellen Sie sich vor: Sie joggen mit Ihrem Fitness-Tracker am Arm durch die Landschaft. Plötzlich schlägt er Alarm, dass Ihre Herzfrequenz zu hoch ist. Oder Sie gehen in ein Restaurant, scannen den QR-Code auf der Speisekarte zu Ihrer Bestellung und erfahren genau, ob das Essen zu Ihrer Diät passt.

Diese Möglichkeiten dürften in Kürze Realität werden. Die zentrale digitale Datendrehscheibe bilden dabei die Gesundheits-Apps. Sie werden von Unternehmen genutzt, um Prozesse anzupassen und zu optimieren sowie den Datenzugang und die Versorgung der Patienten zu verbessern. Anwender und Patienten können darüber ihre Gesundheit überwachen, Wirkungen besser verstehen oder schnelleren Zugriff auf Ärzte erhalten.

Digitale Technologien nehmen also eine immer größere Rolle im Gesundheitswesen ein – und aufgrund der sensiblen Daten benötigen sie optimale Sicherheitsvorkehrungen.

Die Studie „The Future of Apps“, die wir bei Foresight Factory in Auftrag gegeben haben, ermittelte einige interessante Ergebnisse und zeigt Entwicklungen, die einen großen Einfluss auf die Gesellschaft in den kommenden zehn Jahren haben werden.

Dazu zählen wichtige Trends im Bereich Gesundheitswesen wie Künstliche Intelligenz (KI) und Embeddables, also in die Haut implantierte Mikrochips. Diese verändern die Art und Weise, wie wir mit unserem Körper umgehen.

KI und maschinelles Lernen

Die Entwicklung künftiger Apps wird dabei wesentlich von KI und maschinellem Lernen beeinflusst. Im Bereich Gesundheit sind 29 Prozent der Deutschen sehr oder ziemlich an einem Service interessiert, der den möglichen Einfluss der aktuellen Ernährungsweise auf die künftige Gesundheit ermittelt. Bei den 16- bis 24-Jährigen sind sogar 17 Prozent sehr und 37 Prozent ziemlich daran interessiert. Damit ist es insgesamt mehr als die Hälfte in dieser Altersgruppe. Erst bei Menschen ab Mitte 30 nimmt das Interesse deutlich ab. Gemäß einer Umfrage des Branchenverbands Bitkomnutzt fast jeder zweite deutsche Smartphone-Nutzer Apps zum Thema Gesundheit und Fitness. Weitere 45 Prozent können sich das in Zukunft vorstellen. Nur jeder zehnte Befragte will sie eher nicht oder auf gar keinen Fall verwenden.

Ein Viertel aller Smartphone-Nutzer setzt Apps ein, die ausschließlich Körper- und Fitnessdaten aufzeichnen, etwa Herzfrequenz, Blutdruck oder die Anzahl der Schritte pro Tag. Jeder Fünfte nutzt Apps zur reinen Information.

Lesetipp: Die besten kostenlosen Fitness-Apps

Nur jeder Zehnte möchte auf Basis der aufgezeichneten Körper- und Fitnessdaten Motivations- oder Verhaltensratschläge erhalten. Doch gerade in der aktiven Beratung sehen viele Anbieter die Zukunft der gesundheitsbezogenen Apps. So testet in Großbritannien derzeit Babylon Health gemeinsam mit dem National Health Service (NHS) eine KI-basierte App, in der Nutzer ihre Symptome eingeben. Anschließend erhalten sie empfohlene Aktivitäten – dabei erstellen KI-basierte Analysen erste Diagnosen, die von Ärzten ergänzt werden.

Weitere Innovationen im Bereich kognitiver Apps könnten den Gesundheitszustand der Menschen weiter verbessern. Zum Beispiel sucht dann ein Nutzer mit einer App nicht nur nach einem guten Restaurant, sondern lässt sich auch gleich auf der Karte die Gerichte und Getränke anzeigen, die zu seinen aktuellen Ernährungswünschen passen.

Was geschieht mit den Daten?

Für Konsumenten bedeuten solche Apps jedoch, dass Unternehmen einen kontinuierlichen Zugang zu viel mehr persönlichen Daten erhalten als heute. Dazu gehören nicht nur biometrische Informationen, sondern auch der entsprechende Kontext wie Ort und Zeit. Technische Fortschritte bei Wearables und Embeddables sorgen zwar für eine intuitivere und praktischere Nutzung, führen aber auch zu deutlich engeren Beziehungen des Nutzers mit bestimmten Unternehmen sowie zu höheren Gefahren für den Datenschutz.

So sagen 38 Prozent der Deutschen laut der Studie „The Future of Apps“, dass sie Sicherheitsbedenken in Bezug auf die persönlichen Gesundheitsdaten haben, die sie mit Anbietern austauschen. Überraschenderweise liegen sie damit im unteren Mittelfeld. In China haben sogar 64 Prozent der Nutzer entsprechende Bedenken und in den USA 52 Prozent. Da demgegenüber auch die Briten (43 Prozent) und Schweden (32 Prozent) deutlich mehr Vertrauen haben, liegt dies wohl an den strengen europäischen Datenschutzgesetzen. Trotzdem sagen 80 Prozent der Deutschen, sie hätten gerne eine größere Kontrolle über die persönlichen Daten, die sie Unternehmen bereitstellen, und wie diese gespeichert werden. Dabei werden die Sicherheitsbedenken meist überlagert vom Wunsch, praktische Funktionen zu nutzen.

Die Anzahl der erforderlichen manuellen Eingaben stellt für Anwender einen wichtigen Faktor dar, um den maximalen Mehrwert aus KI-basierten Apps zu erhalten. Schließlich sagt die Hälfte der Konsumenten in Europa und Südafrika, dass sie jeden Tag häufig unter Zeitdruck stehen. Auch aus diesem Grund glauben 42 Prozent der Deutschen, dass sie nicht ihr volles Potenzial im Leben ausschöpfen können. Dies gilt vor allem für die 25- bis 34-Jährigen mit 62 Prozent. So wird es für künftige Apps entscheidend sein, diesen Stress zu mildern, statt ihn zu erhöhen. Daher müssen sie intuitiv und ohne Lernphase bedienbar sein sowie einen deutlichen Mehrwert für den Nutzer bieten. Dann akzeptiert er auch den Austausch und die Analyse der Daten.

Embeddables: Die nächste Generation

Diese Entwicklung wird mit Embeddables nochmal einen deutlichen Schwung erhalten. Damit können zum Beispiel Nutzer mit einer Handbewegung ihr Smartphone aktivieren oder die Autotür öffnen. In der Medizin untersuchen aktuelle Forschungen, wie Implantate das Erinnerungsvermögen von Patienten verbessern können. So arbeitet die US-Firma Kernel an einer Neuroprothese, die menschliche Wahrnehmung imitieren, wiederherstellen und verbessern kann. Der implantierte Mikrochip soll dann im Hippocampus bestimmte Nervenzellen elektronisch stimulieren, um die Kommunikation der Gehirnzellen von Patienten mit Demenz oder Hirnverletzungen nachzubilden, damit diese wieder ein Langzeitgedächtnis erhalten. Solche Entwicklungen werden in Kombination mit biologischem Gewebe aus dem 3D-Drucker neuartige Möglichkeiten für die Wiederherstellung oder Optimierung des menschlichen Körpers eröffnen. In den kommenden zehn Jahren dürfte dies wohl nur eine Minderheit nutzen, doch Apps werden in Zukunft eine immer größere Rolle bei der Steuerung des menschlichen Körpers spielen.

Antwort auf Marktveränderungen

Obwohl KI und Embeddables erst in der weiteren Zukunft breiter eingesetzt werden, ist schon heute der zunehmende Druck auf die Gesundheitsbranche zur Anpassung der Services und Angebote spürbar. Anforderungen verändern sich in enormer Geschwindigkeit und Sicherheitsbedenken steigen. Die Studie „The Future of Apps“ zeigt dabei, wie Technologie den menschlichen Körper beeinflusst.

In den kommenden Jahren werden Unternehmen und Konsumenten Krankheiten besser verstehen sowie den Einfluss von Behandlungen oder des Lebensstils. Dies eröffnet enorme Chancen für Anbieter von Apps mit hoher Geschwindigkeit, intuitiver Nutzung, anpassungsfähigen Funktionen und hoher Sicherheit. Viele Unternehmen im Gesundheitswesen beginnen erst damit, die Vorteile von Apps zu nutzen. Sie sind immer noch besorgt über die sich daraus ergebenden Folgen für die Sicherheit, vor allem wenn sie ihre Systeme zu schnell für Drittanbieter öffnen und damit mögliche Sicherheitslücken erzeugen. Der Zugang zu immer mehr persönlichen Daten in Kombination mit der Möglichkeit zur lokalen Bearbeitung und Verwaltung dieser Informationen, erzeugt aber auch neue Chancen für Kunden, ihre Daten nur für bestimmte Verwendungszwecke freizugeben.

Diese Technologien und Services werden Menschen helfen, mehr auf ihre Fitness, ihren Körper und Geist zu achten sowie die Gesundheit positiv zu beeinflussen. Die Notwendigkeit für größere Transparenz sowie die entstehenden Geschäftsmodelle und Prozesse werden aber auch immer mehr Menschen dazu bewegen, von den Anbietern im Gesundheitswesen die Absicherung ihrer Daten und die Verbesserung der Sicherheitsstandards für Anwendungen zu fordern. Dabei müssen die Unternehmen mit der Innovation Schritt halten und sich auf künftige Apps vorbereiten. Dies funktioniert nur mit umfassenden, bewährten und zukunftsfähigen Lösungen von Sicherheitsanbietern.