IT im Maschinenbau/Einfuehrung von EDMS bei Black & Decker erforderte hohe Investitionen

Gesucht: OO-System mit Option zu automatischem Workflow

19.04.1996

Da die einzelnen Schritte bis zum Marktauftritt eines Produkts aus Wettbewerbs- und Kostengruenden haeufig parallel ablaufen muessen, kommt dem fruehzeitigen, bereichs-, abteilungs- und unternehmensuebergreifenden Austausch von Informationen wachsende Bedeutung zu. Herkoemmliche sequentielle Ablaeufe und die manuelle Datenerfassung werden diesen Anspruechen nicht mehr gerecht. Neue, schlanke Informationsstrukturen bauen auf Engineering Data Management-Systeme (EDMS), die das Management saemtlicher Informationen vom Entwurf bis zum Fertigungsprozess, dem Workflow, ermoeglichen. Am Beispiel der deutschen Niederlassung der amerikanischen Black & Decker Corporation (B & D) wird im folgenden der Einsatz von EDMS gezeigt.

Die Einfuehrung von Concurrent Engineering (CE), dem parallelen Ablauf von Arbeitsprozessen, ist in verschiedenen (Unternehmens- )Bereichen der Produktentwicklung bereits verwirklicht. Unterstuetzend nimmt B & D an dem EU-Forschungsvorhaben Practical Approach to Concurrent Engineering(PACE) teil.

Fuer die Implementierung von CE-Methoden spielen die eingesetzten Technologien, insbesondere die CAD/CAM- und EDM-Loesungen, eine wesentliche Rolle. Im Rahmen des Re-Engineering von Entwicklungsprozessen und der Einfuehrung von CE hat die Unternehmensleitung vier Ziele definiert: - Reduzierung der Produktkosten,

- Verkuerzung der Entwicklungszeiten,

- Steigerung der Produktleistungsfaehigkeit sowie

- Eingrenzung der Entwicklungsausgaben. Fuer die Auswahl eines geeigneten EDMS wurden 20 der insgesamt etwa 50 auf dem Markt vorhandenen Systeme nach den Kriterien eines selbstentwickelten Anforderungskatalogs untersucht. Der Katalog umfasste 120 Punkte mit unterschiedlich bewerteten Funktionalitaeten, beispielsweise die Anbindung an das vorhandene CAD-System.

Daraus definierte man wiederum ein Anforderungsprofil, das sich allerdings als nicht vollkommen marktgerecht erwies. Um dennoch zu einer Loesung zu kommen, wurden Minimalanforderungen formuliert, in denen besonderer Wert auf ein objektorientiertes System mit der Moeglichkeit zum automatischen Workflow gelegt wurde. Am Ende der Auswahlphase konnten drei Systeme den Anspruechen der Vorauswahl standhalten: "CADIM/EDB" von Eigner & Partner, "Metaphase Series 2" von SDRC sowie "Product Manager" von IBM. Die Entscheidung fiel auf den letzten Probanden, weil besonders das Stuecklistenhandling und die Prozessmodellierung den Vorstellungen entsprachen. Hinzu kam die weltweite Praesenz des Herstellers, die wichtig fuer ein international agierendes Unternehmen wie Black & Decker ist.

Nach einer intensiven Testphase kamen im Juli 1995 fuenf Lizenzen der Version 2.0 zum Einsatz. Ein Testlauf ist vor allem deshalb notwendig, weil gerade EDMS an die vorhandenen Praxisbedingungen exakt angepasst werden muessen. Den Kern der EDMS bildet eine "elektronische Umlaufmappe", mit der Informationen gesammelt und nach frei bestimmbaren Mustern verteilt werden koennen. Gleichzeitig regelt dieses virtuelle Instrument den Zugriff auf die Daten. Alle Aenderungen an einem Produkt, die waehrend der Entwicklung oder Fertigung vorgenommen werden, finden automatisch Eingang in das System und aktualisieren das Modell in allen relevanten Bereichen. Das System selbst besteht im wesentlichen aus drei generalisierten und erweiterbaren Teilen.

Das Produktmodell bildet den einheitlichen Zugang zu allen Produktinformationen, gleichzeitig werden darueber automatische Pruef- und Freigabeprozesse definiert. Durch verknuepfbare, variantenfaehige Stuecklisten, die nach dem Baukastenprinzip aufgebaut sind, wird die Produktstruktur dargestellt. Die Verwaltung und Bearbeitung der Stuecklisten ist ebenfalls in diesem Modell integriert. Alle beschreibenden Daten und Dokumente lassen sich auf den verschiedenen Teile-, Komponenten- oder Produktebenen zusammenfuehren.

Die Basis fuer das Prozessmodell und die individuelle Informationsorganisation ist die elektronische Umlaufmappe. In ihr koennen alle im System bekannten Dokumente, Stuecklisten, Vorgaenge oder weitere Umlaufmappen zusammengefasst werden. Da die Prozesse innerhalb eines EDMS definierte Statuspositionen durchlaufen, erfolgt der Uebergang von einem Status in den naechsten durch manuelle oder automatische Freigabe.

Personen, Funktionen und Systeme mit ihren Aufgaben und Berechtigungen werden im Ressourcenmodell nach Prozessen gegliedert dargestellt. Ein erweitertes Sicherheitssystem regelt Zugriffe und Aktionen in Abhaengigkeit vom Daten-, Dokument- oder Prozessstatus.

EDMS unterstuetzen den Anwender bei der Planung, Dokumentation, Kommmunikation und der Verfolgung von Produktentwicklungen und technischen Aenderungen. Strukturen und Geschaeftsprozesse eines Unternehmens lassen sich zunaechst unveraendert abbilden. Spaetere Aenderungen, beispielsweise durch Prozess-Re-Engineering, koennen nachtraeglich einbezogen werden. Da Ablaeufe komplett gesteuert und dokumentiert werden, ist nur ein geringer Zusatzaufwand fuer die Qualifizierung nach DIN EN ISO 9000ff. notwendig.

Aenderungsvorgaenge sollen automatisiert werdenH4>/H4>

Seit Januar 1996 arbeiten die Entwickler und Konstrukteure bei Black & Decker mit der Version 3.0 des Product Managers, die zusaetzliche Verbesserungen im Datenhandling und in den Funktionalitaeten enthaelt. Der Echtbetrieb der Kernapplikation soll etwa im dritten oder vierten Quartal 1996 starten. Mit dem EDMS sollen in Zukunft das gesamte Produktdaten-Management innerhalb des Entwicklungsbereichs realisiert, die Arbeitsprozesse und Ablaeufe gesteuert sowie Aenderungsvorgaenge automatisiert werden. In den Werken in den USA sind weitere Product-Manager-Arbeitsplaetze eingerichtet, die jedoch in anderen Funktionsbereichen als in Deutschland eingesetzt werden.

Die Gruende, weshalb der Einsatz von EDMS in Unternehmen oft nicht realisiert wird, koennen vielfaeltig sein. Oft scheitern solche Vorhaben am fehlenden Verstaendnis der Geschaeftsleitung fuer die Notwendigkeit umfassender und automatisierter Daten-Ma- nagement- Systeme. In anderen Faellen sind in den Fachabteilungen Ansaetze vorhanden, aber die praktische Anwendung stoesst auf unerwartete Schwierigkeiten.

Nach den Erfahrungen, die man bei B&D gemacht hat, bringt die Einfuehrung von EDMS umfangreiche Veraenderungen fuer ein Unternehmen mit sich. Vor allem habe man die Umstrukturierung der alten Prozessablaeufe, das Re-Engineering, etwas unterschaetzt, da viele verschiedene Bereiche betroffen und nicht unerhebliche Investitionen notwendig waren. Es ist daher eine der grundlegenden Bedingungen fuer die erfolgreiche Implementierung von EDMS, dass sie wie im Fall von B & D von der Geschaeftsleitung in ihrem gesamten Ausmass mitgetragen werden.

Das Unternehmen

Die deutsche Black & Decker GmbH mit Sitz in Idstein bei Frankfurt wurde 1958 gegruendet. Die Niederlassung der amerikanischen Corporation entwickelt und vertreibt Elektrowerkzeuge inklusive Zubehoer. Der vorlaeufige Hoehepunkt in der Entwicklung des Unternehmens war 1995 die Einfuehrung von Produkten unter dem Slogan "The New Generation", mit der eine Neupositionierung der Marke erfolgte. Das Unternehmen entwickelt seine Produkte in einem stark teamorientierten, unternehmensuebergreifenden und international gepraegten Verbund.

Kurz & buendig

Der parallele Ablauf von Arbeitsprozessen, das sogenannte Concurrent Engineering (CE), ist bei Black & Decker bereits in einigen Bereichen der Produktentwicklung verwirklicht. Zusaetzlich sollte automatisches Workflow fuer schlanke Informationsstrukturen eingefuehrt werden. Wichtig dafuer ist ein Engi- neering Data Management System (EDMS). EDMS machen das Management saemtlicher Informationen vom Entwurf bis zum Fertigungsprozess moeglich. Ein 120 Punkte umfassender Anforderungskatalog war Grundlage der Produktauswahl, die schliesslich auf den "Product Manager" von IBM fiel. Seit Januar dieses Jahres arbeitet B & D mit Version 3.0.

*Hubert Rasig ist freier Jounalist in Alsbach an der noerdlichen Bergstrasse.