Geschäftemacher entdecken Open Source

11.04.2005
Von Matthew Langham
In den USA gibt es eine neue Euphorie für Open-Source-Startups und damit auch wieder Venture-Kapital.

Anfang April fand zum zweiten Mal die Open Source Business Conference (OSBC) in San Francisco statt. Die Veranstaltung spiegelte das gestiegene Interesse von Risikokapitalgebern an Unternehmen wider, die Geschäftsmodelle auf Basis quelloffener Software verfolgen. Innerhalb des letzten Jahres wurden in den USA mehrere solche Firmen gegründet. Startups wie Spike Source und Optaros nutzten die OSBC, um auf sich aufmerksam zu machen. Kim Polese, Chefin von Spike Source und vielen als Gründerin von Marimba bekannt, verglich in ihrer Rede die Open-Source-Bewegung mit einem Baumarkt. Unternehmen, die ihre IT-Entwicklungen selbst in die Hand nehmen wollten, könnten sich bei frei verfügbaren Komponenten selbst bedienen, wie der Heimwerker das in einem Baumarkt tue.

Einkaufen wie im Baumarkt

Spike Source verfolgt diesen Ansatz mit einem eigenen Open-Source-Baukasten und bietet dazu entsprechende Services an. Diese Komponentensammlung bedient sich unterschiedlicher freier Projekte und umfasst unter anderem Apache Geronimo, MySQL, OpenLDAP und Jboss. Sie werden von Spike Source auf Kompatibilität und Stabilität getestet. Das Unternehmen gewährleistet, dass diese Kombination auf bestimmten Hard- und Softwarekonfigurationen ohne Probleme installiert und betrieben werden kann.

In einer Podiumsdiskussion plauderten auch Vertreter von Risikokapitalfirmen aus dem Nähkästchen. So bekamen angehende Unternehmensgründer den Rat, zuerst eine ordentliche Geschäftsstrategie auszuarbeiten und erst dann über passende Lizenzen nachzudenken. Das Dual-Licence-Modell von Firmen wie MySQL sei nicht unbedingt die beste Form. Die Risikokapitalgeber erwarten, dass sich neue Lizenzformen entwickeln werden, die stärker auf die Bedürfnisse der Anwender eingehen. Allerdings sei die derzeitige Euphorie in den USA über neue Open-Source-Unternehmen trügerisch. Sie hätten es nicht leichter als Anbieter proprietärer Produkte, an Venture Capital heranzukommen. Auch sie müssten beweisen, dass sie effizient mit dem eingesetzten Kapital umgehen könnten.

Open Source beschränkt sich nach übereinstimmender Meinung der Besucher nicht mehr auf die technische Infrastruktur. Vielmehr hat das Konzept nun die Applikationen erreicht. So gilt "Sugar CRM" als erfolgreiches Beispiel für eine quelloffene Anwendung. Auch Compiere zeigte auf der OSBC, dass CRM-Applikationen von der Open-Source-Welle erfasst wurden.

Welle erfasst auch Anwendungen

In einer viel beachteten Keynote vertrat der CEO von Medsphere, Larry Augustin, die These, dass die klassische Form der Entwicklung von Unternehmenssoftware zu Ende gehe. Dieser Prozess würde durch die zunehmende Verbreitung von Open Source in Business-Software beschleunigt. Unternehmen seien nicht mehr bereit, hohe Lizenzgebühren für etwas zu bezahlen, was keinen sichtbaren höheren Nutzen bringe.

Von den Venture-Capital-Unternehmen wurde allerdings auch deutlich auf die Problematik der Open-Source-Anwendungssoftware hingewiesen. Es sei eben ein hohes Maß an Domain- oder Industriewissen notwendig, um entsprechende Produkte erfolgreich zu entwickeln und auch bei Kunden zu platzieren. Lösungen, die zudem eine Zusammenarbeit von Unternehmen erfordern, seien besonders schwer zu realisieren -man müsse diese Unternehmen erst einmal zusammenbringen und zur Kooperation überreden.

Auf der OSBC-Konferenz wurde auch kontrovers über die Auswirkungen von Softwarepatententen diskutiert. Die Vertreter der Open-Source-Startups halten die Problematik für eine der gesamten IT-Industrie. Kommerzielle Softwareunternehmen seien von Patentzahlungen ebenso betroffen wie jene, die Open-Source-Lösungen entwickeln. Robert Lefkowitz von Optaros behauptete in einer Podiumsdiskussion sogar, dass kommerzielle Softwareunternehmen eher in Lizenzstreitigkeiten verwickelt würden als solche, die auf Open Source setzen.

Auf der anderen Seite vertrat der Jurist Lawrence Lessig den Standpunkt, dass die Open-Source-Gemeinde sich auf einen Krieg mit Unternehmen wie Microsoft zubewegt. Anbieter kommerzieller Software mit Monopolstellung müssten ihre Situation aus wirtschaftlichen Gründen ausnutzen, um ihre Marktposition zu behalten. Lessig klagte gleichzeitig die Open-Source-Gemeinde an, sie stelle sich diesem Problem zu wenig und gehe davon aus, dass andere Instanzen es schon lösen würden.

Kommerz statt Ideologie

Die OSBC 2005 markiert einen Meilenstein in der Kommerzialisierung von quelloffener Software. Zum ersten Mal spielten auf einer Open-Source-Konferenz weniger die Communities und Projekte eine Rolle als vielmehr Unternehmen, die diese Themen nun vermarkten wollen. Wichtig ist nicht mehr so sehr, in welchem Projekt man tätig ist, als vielmehr, welche Personen in welchen Vorständen zu finden sind - eine Entwicklung, die innerhalb der Open-Source-Bewegung für Diskussionen sorgen wird. (ws)