Gesamtkonzeption der EDV

21.11.1975

Diplomkaufmann Einar Scholz

Eine der wichtigsten Entscheidungen, welche das Management treffen kann, liegt darin, daß es den Aufbau einer unternehmensweiten Konzeption auf dem Sektor der Ablauforganisation fordert. Eine derartige Konzeption muß dabei folgende Faktoren mindestens umfassen:

Bewertung der Ist-Zustände

Die Bewertung aller Ist-Zustände inkl. aller wichtigen Ablaufverfahren ist eine wichtige Aktivität, die am Anfang der Bemühungen steht. Eine totale Ist-Aufnahme sollte nicht stattfinden, wesentliche Informationen wie generelle Abläufe und Mengengerüste müssen jedoch unbedingt vorhanden sein. Für die Bewertung von Ist-Zuständen empfiehlt sich der Aufbau eines allgemeinen Bewertungskataloges, der dann für alle Abläufe und Verfahren die allgemeine Grundlage bildet. Speziell in dieser Phase muß man vielfach einen sogenannten "Blindflug" unternehmen, weil man mangels eigener Vorstellungen noch keine bindenden Aussagen gegenüber den Fachbereichen machen kann, andererseits aber von diesen Informationen hinsichtlich des bisherigen Zustandes benötigt. Diese Phase der Erstellung der Gesamtkonzeption ähnelt einer allgemeinen Verwirrung.

Systematisierung bisheriger Verfahren

Alle bisherigen EDV-Verfahren und Dateien sollten systematisiert werden. Dies erleichtert den Aufbau einer Gesamtkonzeption erheblich. Je größer die Unordnung in dieser Beziehung in einem EDV-Bereich ist, um so schwieriger ist diese Systematisierungsphase.

Zielsetzungsprozeß

Nur in ständiger Zusammenarbeit mit den einzelnen Fachbereichen kann dann der Zielsetzungsprozeß eingeleitet werden, der die generell durchzuführenden Aufgaben genau festgelegt. Jedoch muß generell vom EDV-Bereich eine starke Führung erwartet werden, indem etwa anhand eines umfassenden Fragenkatalogs aus der Sicht der Anwendungen der Zielsetzungsprozeß systematisch vorangetrieben wird. Hierzu ist es erforderlich, daß die einzelnen Organisatoren über entsprechende Fachkenntnisse verfügen. Je nach Stand der Kenntnisse muß zunächst eine Kenntnisstandserfassung durchgeführt werden, die dann in eine Ausbildungsphase einmündet. Dies verzögert zwar die Abwicklung kurzfristig, dient aber langfristig dazu, daß man erheblich schneller und besser vorankommt. Man kann von den Fachbereichen kaum erwarten, daß sie die einfache Frage "Was wollt ihr für Informationen?" beantworten können. Ebenso wenig kann man dies vom Management erwarten. Vielmehr erwartet das Management vom EDV-Bereich den Anstoß insofern, daß der Zielsetzungsprozeß von unten her im Sinne alternativer Lösungen vorangetrieben wird. Das Management ist gerne bereit, eigene strategische Ideen beizusteuern und Impulse zu setzen, dies kann es jedoch nur dann, wenn der Anstoß zu derartigen Zielsetzungen von unten her aufbereitet wird. Es erweist sich aus diesem Grunde auch als notwendig, daß mehrere Alternativen aufbereitet werden, damit seitens des Managements ein echter Entscheidungsprozeß durchgeführt werden kann, es sei denn, daß vom Management her bestimmte Richtungen bereits vorgegeben werden. Der Zielsetzungsprozeß ist um so schwieriger, je mehr die bisherige Organisation vorher dezentral orientiert war und je größer die Unordnung im Anwendungsbereich ist. Der gesamte Zielsetzungsprozeß enthält auch die einzelnen Ablaufkonzepte, Rationalisierungseffekte, Aufwendungen, Kosten und Einführungsprobleme. Besonders sind in diesem Zusammenhang Probleme zu beachten, die hinsichtlich des Aufbaus einer gemeinsamen Datenbank für das ganze Unternehmen auftreten können.

Effekt der Gesamtkonzeption

Aus einer Gesamtkonzeption lösen sich alle wesentlichen Aufgaben des EDV-Bereichs zumindest aus strategischer Hinsicht von selbst. Wenn eine derartige Konzeption erst einmal aufgebaut ist, läßt sich die Koordination der vielen Wünsche der Fachabteilungen insofern einfacher durchführen, als diese Wünsche an der Verträglichkeit zur Gesamtkonzeption gemessen werden. Da die Gesamtkonzeption allen Stellen des Hauses nach Verabschiedung durch die Geschäftsleitung bekannt sein sollte, regeln sich viele Dinge von selbst, da die verschiedenen Fachbereiche ihre Forderungen schon vorab hinsichtlich der Gesamtkonzeption überprüfen können. Der Zielsetzungsprozeß für die Aufgaben des EDV-Bereichs läßt sich also im wesentlichen auf eine einmalige Aktivitätenfolge dann zurückführen, wenn man eine Gesamtkonzeption erstellen läßt. Sicherlich müssen auch bei Bestehen einer derartigen Konzeption noch Ziele gesetzt werden, diese sind jedoch nicht strategischer Art, sondern beschränken sich im wesentlichen auf taktische Maßnahmen.