Ist Paul Wahl in Insider-Geschäfte verwickelt?

Gerüchte um Rücktritt von SAP-Manager

11.09.1998

Erstaunt hat der Zeitpunkt des plötzlichen Ausscheidens. Paul Wahl verläßt das Unternehmen unmittelbar vor der Sapphire in Los Angeles, der weltweit wichtigsten SAP-Hausmesse, zu der der CEO noch persönlich eingeladen hatte, nun aber nicht erscheinen wird. Wenn es persönliche Gründe für den Wechsel gab, so Insider, wäre die Sapphire die bessere Plattform gewesen, sich als verdienter Mitarbeiter verabschieden zu lassen. Sein Fernbleiben paßt zu Gerüchten über nicht lösbare Konflikte mit dem SAP-Management.

Der Austausch des deutschen Topmanagers durch den bisherigen Finanz-Manager und Chief Operating Officer (COO) Kevin McKay erfolgt zudem kurz nachdem der Konkursverwalter des Pharmahändlers Fox Meyer gegen SAP USA aufgrund eines gescheiterten Projekts Klage wegen Fahrlässigkeit und Vertragsbruch eingereicht hat. Wie wichtig der US-Markt für SAP ist, zeigt, daß 44 Prozent der Gesamteinnahmen von 3,9 Milliarden Mark im ersten Halbjahr 1998 dort erwirtschaftet wurden. An den empfindlich auf schlechte Nachrichten reagierenden Börsen in Nordamerika mußte SAP bereits Federn lassen.

Am meisten spekuliert die US-Presse, ob Wahls Ausstieg mit den Untersuchungen über mögliche Insider-Geschäfte des SAP-Managements in Verbindung gebracht werden kann. Die Vorwürfe versandeten allerdings in einem umstrittenen Gentlemen's Agreement. Der SAP gelang zumindest die Einstellung der Verfahren gegen die Topmanager.

Dafür mußten drei von ihnen, deren Namen das Gericht geheimhält, Bußgelder in Höhe von 50000, 70000 und 120000 Mark zahlen. Das Ausscheiden von Wahl zu diesem Zeitpunkt schürt den Verdacht, daß er zu den vom Gericht gedeckten Bußgeldzahlern gehört.

Der neue US-Chef McKay nimmt seinen Vorgänger in Schutz. Gegen die Spekulation spreche, daß Wahl bereits eine neue Anstellung habe. Die Entscheidung sei nicht aus heiterem Himmel gefallen. Vielmehr hätte es schon länger Verhandlungen über eine Rückkehr Wahls auf eine europäische SAP-Position gegeben.

Daß Wahl sich letztendlich entschieden hat, als CEO bei der Tri-strata Security Inc., Redwood Shore, Kalifornien, anzuheuern, erklärt die SAP mit dem außergewöhnlichen Technologie-Interesse des ehemaligen Topmanagers der Open Software Foundation (OSF).

Sein neues Unternehmen ist auf die Sicherung von Finanztransaktionen im Internet spezialisiert. Möglicherweise, so wird gemunkelt, will der Manager bei Tristrata aber auch nur die Zeit überbrücken, bis der Ablauf einer Wettbewerbsklausel ihm wieder erlaubt, auf ähnlichen Gebieten wie SAP tätig zu werden.